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4. Juli 1998

WM-Aus im Viertelfinale gegen Kroatien, und Berti Vogts’ Ende naht

Der Europameisterschaftserfolg von 1996 kaschierte es nur unzureichend. Die neunziger Jahre waren mal wieder dürftige Jahre für den deutschen Fußball. In der Nationalelf liefen die TarnatsTarnat, Michael, HeinrichsHeinrich, Jörg, FreundsFreund, Steffen und MarschallsMarschall, Olaf auf, was dem Spiel selten Glanzlichter aufsetzte. Und an der Seitenlinie dirigierte der redliche Berti VogtsVogts, Hans-Hubert »Berti«, der sich, wie es in Arbeitszeugnissen stünde, wacker bemühte, aus seinem überschaubar brillanten Kader das Beste herauszuholen.

Dass seine letzten Stunden als Nationaltrainer eingeläutet waren, zeigte sich bei der aus deutscher Sicht recht trostlosen WM ’98 in Frankreich, als man im Viertelfinale in Lyon gegen Kroatien mit einem satten 0:3 ausschied. Ab der 40. Minute spielten Bertis Buben nur noch zu zehnt, nachdem Christian WörnsWörns, Christian, ohne den Ball zu beachten, den davoneilenden Davor SukerSuker, Davor mit einem üblen Tritt zu Boden gestreckt hatte. Die rote Karte, die der Norweger Rune PedersenPedersen, Rune zückte, war völlig berechtigt, wenngleich sie WörnsWörns, Christian noch Jahre später als »übertrieben« einstufte. Im Nachhinein pflichteten die meisten dem Schiedsrichter bei, abgesehen von Trainer VogtsVogts, Hans-Hubert »Berti«, der im TV-Interview kein Einsehen zeigte und alberne Verschwörungstheorien in den Raum warf, die ihm nicht einmal Interviewer Waldemar HartmannHartmann, Waldemar abnehmen wollte. Ein unrühmliches Ende mit einem schlechten Verlierer.

Bundeskanzler Helmut KohlKohl, Helmut versuchte die Unterlegenen mit gewohnt überschaubarer Rhetorik und der sich auf Dragoslav StepanovićStepanović, Dragoslav (»Lebbe geht weider«) beziehenden Sentenz »Das Leben geht weiter« zu trösten. VogtsVogts, Hans-Hubert »Berti« hielt sich noch ein paar Wochen im Amt. Nach einem dürftigen Resultat auf Malta verabschiedete er sich. Dass rätselhafterweise Erich RibbeckRibbeck, Erich sein Nachfolger wurde, machte alles aber noch schlimmer. VogtsVogts, Hans-Hubert »Berti« versuchte sich in der Folge als Trainer, in Schottland, Nigeria und Aserbeidschan, ohne sich dort ruhmreich in die Annalen einzuschreiben.

WörnsWörns, Christian’ Platzverweis in Lyon war fraglos ein Knackpunkt des Spiels, doch dass die spielstarken Kroaten wohl auch ohne diesen weitergekommen wären, darf als wahrscheinlich gelten. Über den Platzverweis als solchen, diese drastische, oft folgenreiche Entscheidung, ist oft nachgedacht worden, am eigentümlichsten sicher vom Bremer Schriftsteller Manfred HausmannHausmann, Manfred, der sich bereits 1960 in philosophisches Dickicht schlug, um der Sache auf den Grund zu gehen: »Der Feldverweis ist nicht nur seine sehr harte, sondern überhaupt die härteste Strafe, die sich denken lässt. Sieht man sich nach einer Entsprechung in der sonstigen Welt um, dann muss man schon, es hilft nichts, die Todesstrafe heranziehen. Für die Lebensdauer des Spiels ist der vom Platz Gewiesene doch sozusagen tot. (…) Alle Beweismittel, die für und gegen die Todesstrafe ins Treffen geführt werden, lassen sich dann auch mutatis mutandis für oder gegen den Feldverweis verwenden. Aber die Regel kennt keine Sentimentalität. Sie lehnt jede Diskussion ab. Ihre Haltung ist eindeutig und unbeirrbar. Ein Feldverweis kann nicht widerrufen werden. Es gibt keine Begnadigung, tot ist tot, verwiesen ist verwiesen.«

Todesstrafe für den foulenden WörnsWörns, Christian – kein Wunder, dass die Deutschen gegen Kroatien kein Bein mehr auf den Boden brachten. »Die Regel kennt keine Sentimentalität«, das hätte sich Berti VogtsVogts, Hans-Hubert »Berti« ins Stammbuch schreiben sollen.

Als der Ball noch rund war

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