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Bekehrungskampfsportler

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Sein Eifer ehrte ihn. Nicht jedoch die Art und Weise, wie er versuchte, andere und mich zu bekehren. Es war bei einer Großveranstaltung, bei der sich Missionswerke präsentierten. Ich nahm als Mitarbeiter des Bibellesebundes daran teil. Bei einem Gang durch die Ausstellungshallen entsprach mein Blick wohl nicht der Norm wahrer christlicher Demut. Ein Mann schien mich für einen verlorenen Sünder zu halten und nahm sich ohne Zögern meines Heils an. Seine Worte peitschten wie Maschinengewehrsalven an meine Ohren. Lediglich die Notwendigkeit, dass auch jener Eiferer Luft zum Atmen holen musste, gab mir Gelegenheit einzuwerfen: „Aber ich bin doch schon ...“ Ich hätte „ein bekehrter und wiedergeborener Christ“, gesagt, wenn jener Kämpfer mich wenigstens hätte ausreden lassen. „Viele denken, sie seien Christen ...“, schmetterte er mich ab. „Ich stimmte ihm (durch Kopfnicken!) zwar grundsätzlich zu, wollte aber dennoch klarstellen, dass ich ... Keine Chance. Erneut holte er zu verbalen Attacken aus. Dabei verschärfte er den Ton. Da half nur eines: Ich knallte das Neue Testament auf den Tisch, das er mir gerade gönnerhaft als Geschenk in die Hand gedrückt hatte, und ließ ihn stehen. Mein Verhalten musste ihn schmerzlich davon überzeugt haben, dass die Endzeit hereingebrochen war, in der keine Buße mehr geschieht.

Für mich hatte dieses Erlebnis eine heilende Wirkung. Ich wurde an meine eigene Unvernunft der frühen Jahre erinnert ...

Es war in der Schweiz, als ich einen Anhalter in meinen Wagen mitnahm. Damals hatte ich noch einen Fahrstil, der meine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod eindrucksvoll unterstrich (1. Petrus 3,15). Ich erkannte sofort, dass der Herr mir den jungen Mann in die Hände gegeben hatte. Nun galt es, Salz der Erde zu sein (Matthäus 5,13) und das fade Namenschristentum mit der Kraft des Evangeliums zu würzen (Kolosser 4,6). Ohne Umschweife kaufte ich die Zeit aus (Epheser 5,16). Schließlich wollte ich nicht dafür verantwortlich sein, wenn er verloren ging (Hesekiel 3,18). Als einer, der selbst vor harschen Wahrheiten nicht zurückschreckt, ließ ich das meinen Beifahrer auch deutlich wissen. Als er schließlich wie betäubt ausstieg, hatte ich mich vermutlich gerichtsreif evangelisiert. Damals glaubte ich jedoch, den guten Kampf gekämpft zu haben, der mir aufgetragen war (2. Timotheus 4,7). Wie gut, dass Gott sich auch über geistliche K.-o.-Schläger erbarmt, denn auch sie wissen nicht immer, was sie tun.

Wie das Leben so schräg spielt

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