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„Fragen, vom Leben selbst gestellt“

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Offene Fragen gehören zum leidvollen Jetzt unseres Jammertals. Doch Antworten nicht weniger. Die Frage stellt sich, was von beidem schlimmer ist ...

Es scheint sie – trotz gegenteiliger Behauptung – doch zu geben: die ausgesprochen dummen Fragen. Nur allzu gut erinnere ich mich, wie ich im zarten Alter von 10 Jahren unseren Kaplan aus der Fassung brachte. Dabei wollte ich lediglich wissen, ob der Papst nun evangelischen oder katholischen Glaubens sei. Eine klare Antwort bekam ich auch damals nicht. Ich vermutete deshalb, dass meine Frage allzu persönlich gewesen sein musste.

Es gibt aber auch Fragen, die benötigen gar keine Antwort. Als zum Beispiel mein Kollege H. die Telefonnummer eines Kunden in die Rechenmaschine tippte, wunderte er sich, dass die Verbindung nicht zustande kam. Der gleiche Herr trug auch schon mal einen Aktenordner in die Speisekammer. Die Frage, was er dort damit wollte, ließ er einfach offen.

Ob man mit offenen Augen beten oder sie schließen sollte, hat mir völlig undogmatisch das Leben selbst beantwortet. Beim gemeinsamen Essen in der Mensa verschwanden einst immer wieder mal auf wundersame Weise meine Fleischportionen, während ich betete. Es war die Hand des Herrn, die ich schließlich mit offenen Augen erspähte – die des Herrn W. zu meiner Rechten. Andererseits wäre ich nie Zeuge geworden, wie sich einmal ein recht prachtvolles Exemplar von Spinne über einem Beter abseilte, wenn ich wie er die Augen geschlossen gehalten hätte.

Manche Fragen haben eher experimentellen Charakter. Etwa die, was passiert, wenn man gegen einen Elektrozaun uriniert. Niemand musste dafür je Worte verschwenden: der Tanz des Mannes war höchst eindrucksvoll und Antwort genug. Auch auf die Frage, wie sich ein Hamster im Käfig anfühlt, fand ich mit einem perforierten Finger früh eine Antwort.

Die Frage, ob die Schwerkraft noch funktioniert, hatte ich nicht gestellt, und doch wusste ich die Antwort, als ich bei einem Sturz unsanft den Asphalt küsste.

Diese wenigen Beispiele sollten genügen, um uns davon abzuhalten, Sklaven unserer menschlichen Neugierde zu werden. Wie oft meinen wir, mit unbeantworteten Fragen nicht leben zu können. „Gott wird geehrt für das, was er verborgen hält“ (Sprüche 25,2).

Wie das Leben so schräg spielt

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