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Teil 1 EinleitungIV. Überlegungen zur Mandatsübernahme › 4. Vergütungsfragen/Pflichtverteidigung

4. Vergütungsfragen/Pflichtverteidigung

a) Vergütungsvereinbarung, gesetzliche Gebühren und Auslagen

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Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Mandate in Haftsachen besonders arbeitsintensiv sind. Deshalb spielt natürlich auch die Honorarfrage bei den Überlegungen zur Mandatsübernahme eine Rolle.

Für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, die Abrechnung der Wahlverteidigergebühren nach RVG sowie die Pflichtverteidigergebühren (mit Haftzuschlag) bestehen keine Besonderheiten. Insoweit kann auf die einschlägigen Kommentierungen verwiesen werden.[1]

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Neben seinen eigenen berechtigten Interessen bei den Honorarvorstellungen ungeachtet der Abrechnung nach RVG oder nach einer zu schließenden Vergütungsvereinbarung muss der Verteidiger auch die Situation des inhaftierten Mandanten bedenken, nämlich, was dieser realistischerweise unter Berücksichtigung der Tatsache seiner Inhaftierung (ggf. Verlust des Arbeitsplatzes und damit der Einkommensquelle) zu zahlen in der Lage ist. Neben dem Einkommensausfall durch Verlust des Arbeitsplatzes ist ferner zu bedenken, dass durch die Inhaftierung der Familie der „Ernährer“ genommen sein kann, so dass die gesamte Familie in finanzielle Not gerät. Auch monatliche Zahlungsverpflichtungen (Miete, Ratenzahlungen etc.) müssen trotz Verlustes des Einkommens erfüllt werden. Diese und ähnliche finanzielle Folgen der Inhaftierung sollte der Verteidiger mit dem Mandanten im Zusammenhang mit der Honorarfrage erörtern und den Mandanten ggf. darauf aufmerksam machen, da der Mandant die finanziellen Folgen der Inhaftierung oftmals noch gar nicht selbst überschauen kann[2].

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Und schließlich sollte der Verteidiger auch wissen und mit seinem Mandanten besprechen, dass dieser selbst Geld für das Leben in der JVA benötigt. Der insoweit entstehende finanzielle Bedarf muss auch berücksichtigt werden. Es ist nicht nur eine Geschmacksfrage, ob der Verteidiger mit seinen Honorarforderungen den Mandanten letztlich so belastet, dass ihm die Mittel zur Finanzierung seines Lebens in der JVA nicht mehr verbleiben und sogar die Familie unter der finanziellen Last leidet. Sollte bei dem Mandanten anlässlich der Festnahme Geld sichergestellt worden sein, das nicht aus einer Straftat stammt, so besteht die Möglichkeit, sich dieses Geld bzw. den Herausgabeanspruch gegen die Staatskasse zur Sicherung der Honorarforderung abtreten zu lassen. Auch hier muss der Verteidiger die Situation des Mandanten bedenken. Gerade bei Beschuldigten, die keine Angehörigen oder sonstigen Personen haben, von denen eine finanzielle Unterstützung zu erwarten ist, sollte es nicht angehen, den gesamten abgetretenen Betrag auf das Honorar zu verbuchen und dem Mandanten keinen Cent für das Leben in der JVA zu belassen. Die traurigen Berichte von Gefangenen über solche Verhaltensweisen geben leider Anlass zu einem solchen Hinweis. Inhaftierte Beschuldigte sind nur all zu leicht bereit, derartige Abtretungserklärungen zu unterschreiben, da die Konsequenzen nicht bedacht werden.

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Selbstverständlich ist die Regelung der Honorarfrage auch mit Familienangehörigen oder Bekannten des Mandanten möglich. Auch hier muss der Verteidiger die erwähnte besondere finanzielle Belastung durch die Inhaftierung berücksichtigen, insbes. darf es nicht Folge der Honoraransprüche des Verteidigers sein, den Mandanten und/oder dessen Familie in eine wirtschaftliche Katastrophe zu stürzen. Es ist keine von bösen Zungen berichtete Geschichte, dass Verteidigerhonorare auch durch (weitere) Straftaten beschafft werden mussten.

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Bei der Vereinbarung und/oder der Annahme von Honorar muss der Verteidiger die Vorschrift des Geldwäschetatbestandes des § 261 StGB im Auge haben.

Die früher äußerst umstrittene Frage der Strafbarkeit des Verteidigers nach § 261 StGB[3] scheint durch die Entscheidungen des BVerfG vom 30. März 2004[4] und 28. Juli 2015[5] weitgehend geklärt. Danach macht sich ein Verteidiger nur dann strafbar, wenn er sichere Kenntnis von der Herkunft des Geldes aus einer Katalogtat hat.[6]

b) Pflichtverteidigung

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Nach §§ 140 Abs. 1 Nr. 4, 141 Abs. 3 S. 4, die am 1.1.2010 in Kraft getreten sind, muss dem Beschuldigten unverzüglich ab Vollstreckung von Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung ein Pflichtverteidiger bestellt werden, sofern der Beschuldigte keinen Verteidiger gewählt hat (vgl. dazu insgesamt unten Rn. 288 ff.). Sofern der Beschuldigte nicht in der Lage ist, einen gewählten Verteidiger zu bezahlen, sichert die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtverteidigerbeiordnung dem Beschuldigten sofortigen anwaltlichen Beistand und dem Verteidiger die Vergütung nach Pflichtverteidigergrundsätzen. Ob diese allerdings trotz des Inhaftierungszuschlags jedenfalls bei umfangreicheren Verfahren kostendeckend ist, muss im Hinblick auf den mit der Inhaftierung verbundenen erheblichen Mehraufwand bezweifelt werden. Die obligatorische Verteidigung bei Untersuchungshaft beseitigt jedoch das Problem mittelloser Beschuldigter, aus Angst vor Zahlungsansprüchen des Verteidigers erst gar keinen Rechtsanwalt zu beauftragen.

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Bei einer Verteidigung zu reinen Pflichtverteidigergebühren wird der Verteidiger oftmals „zuzahlen“, wenn er das Mandat und den Mandanten nicht sträflich vernachlässigen will. Diese Unterbezahlung darf jedoch unter keinen Umständen dazu führen, dass nicht mit „aller Kraft“ verteidigt wird. Meint der Verteidiger, im Hinblick auf die schlechte Bezahlung den Arbeitsaufwand für eine engagierte Verteidigung nicht erbringen zu können, muss er das Mandat ablehnen. Allerdings ist der Hinweis angebracht, Pflichtverteidigungen auch als „Werbeveranstaltungen“ anzusehen. Eine sorgfältig geführte Pflichtverteidigung mit einem guten Ergebnis und einem zufriedenen Mandanten stärkt den Ruf als „guter Verteidiger“ und wird Empfehlungen des Mandanten gerade unter Mitgefangenen in der JVA und neue Mandate nach sich ziehen.

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Zu den Einzelheiten der Pflichtverteidigerbestellung, insbes. zum Zeitpunkt der Beiordnung ( „unverzügliche“ Beiordnung, § 141 Abs. 3 S. 4), zum rechtlichen Gehör des Beschuldigten zur Person des beizuordnenden Verteidigers (§ 142), zur Auswahl des beizuordnenden Verteidigers, zu möglichen Verwertungsverboten bei unterbliebener „unverzüglicher“ und rechtzeitiger Beiordnung sowie zur Rücknahme der Bestellung des „unverzüglich“ beigeordneten Verteidigers (§ 143) wird auf die Ausführungen unten Rn. 288 ff. verwiesen.

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