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Teil 2 Der Kontakt zwischen Verteidiger und inhaftiertem MandantII. Beschränkungen des Verkehrs zwischen Verteidiger und Untersuchungsgefangenen › 1. Besuchszeiten

1. Besuchszeiten

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Die Besuche des Verteidigers sind im Rahmen des organisatorisch Zumutbaren ohne Einschränkung in Bezug auf Zeit und Häufigkeit zuzulassen.[1] Die Anstalt darf zwar allgemeine Besuchszeiten festlegen, muss dabei jedoch auf die Belange der Verteidiger Rücksicht nehmen und in begründeten Ausnahmefällen Verteidigerbesuche auch außerhalb dieser Zeiten zulassen.[2]

Die Besuchszeiten sind in den einzelnen Justizvollzugsanstalten sehr unterschiedlich. In einigen Anstalten ist an einigen Tagen bis 20.00 Uhr Besuchszeit, dagegen an anderen Wochentagen ganz geschlossen, in einigen Anstalten gibt es keine Mittagspause. In einigen Vollzugsanstalten muss sich der Verteidiger einen Tag vor seinem Besuch bei seinen Mandanten anmelden. Hintergrund ist der Umstand, dass in manchen Vollzugsanstalten nicht genügend Räume für Gespräche zwischen Verteidiger und Untersuchungsgefangenen zur Verfügung stehen. Durch die vorherige Anmeldung des Verteidigers soll verhindert werden, dass lange Wartezeiten entstehen. Dies kann zu der Situation führen, dass dem Verteidiger mitgeteilt wird, er könne an dem von ihm beabsichtigten Besuchstag wegen der Belegung der Zellen durch andere Verteidiger seinen Mandanten nicht besuchen. Dies wiederum kann zur Folge haben, dass dringend erforderliche Verteidigerbesprechungen, etwa zur Vorbereitung von Haftprüfungsterminen oder der Hauptverhandlung, nicht durchgeführt werden können.

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In Vollzugsanstalten mit beschränkten Räumlichkeiten kommt es auch dazu, dass durch die Anstaltsleitung die Dauer der Besprechung zwischen einem Verteidiger und seinen Mandanten (generell) zeitlich begrenzt wird. Auch kommt es manchmal, wenn lange Gespräche geführt werden, zum (zwangsweisen) Abbruch der Verteidigerbesprechungen.[3] Eine solche generelle Festlegung der Besuchsdauer verstößt gegen § 148, wenn dadurch der Verkehr zwischen Verteidiger und Mandant wesentlich erschwert wird.[4]

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Es steht außer Frage, dass eine derartige Reglementierung der Besprechungen nicht nur den ungehinderten Kontakt zwischen Verteidiger und Mandant tangiert, sondern auch unmittelbar in die Verteidigung eingreift, wenn dringend erforderliche Verteidigerbesprechungen nicht oder nur zeitlich begrenzt durchgeführt werden können. Es entsteht der Konflikt zwischen dem Erfordernis ausführlicher Besprechungen mit dem Mandanten und dem Interesse anderer Verteidiger, möglicherweise am selben Tag ebenfalls dringend erforderliche Gespräche mit ihren Mandanten zu führen.

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Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass organisatorische Probleme einer JVA weder den ungehinderten Verkehr zwischen Inhaftiertem und Verteidiger beeinträchtigen noch die Verteidigung selbst durch Unterbinden der Verteidigergespräche behindern dürfen. Die Länder haben grundsätzlich dafür zu sorgen, dass in den Vollzugsanstalten ausreichend Sprechzellen zur Verfügung stehen, so dass der Verkehr zwischen Verteidigern und Untersuchungsgefangenen weitgehend ungestört ablaufen kann. Der Staat ist verpflichtet, dem Beschuldigten nicht nur die Möglichkeit effektiver Verteidigung zu eröffnen, sondern er hat auch die Rahmenbedingungen zu schaffen, die zur Durchführung der Verteidigung erforderlich sind.

§ 148 stellt den Grundsatz auf, dass in der Untersuchungshaft Verteidigerbesuche „ohne Einschränkung der Zeit (Dauer) und Häufigkeit zu gestatten sind“.[5] Der von der JVA aufgestellte allgemeine zeitliche Besuchsplan darf die Verteidigung nicht behindern.[6]

Daraus folgt, dass Rechtsanwälten zwar nicht jederzeit ungehinderter Zugang zur JVA zu gewähren ist, es muss aber gewährleistet sein, dass zumindest einmal wöchentlich eine (verlängerte) Besuchszeit vorgesehen ist, die der Verteidiger auch nach evtl. Gerichts- oder Kanzleiterminen wahrnehmen kann.[7]

Und daraus folgt ebenfalls, dass – jedenfalls solange ausreichende Räumlichkeiten nicht zur Verfügung stehen – Besuche von Verteidigern notfalls über die üblichen Besuchszeiten hinaus (ohne besondere richterliche Genehmigung) zu ermöglichen sind. Gegebenenfalls muss der Verteidiger (telefonisch) bei dem zuständigen Haftrichter die Genehmigung für ein Verteidigergespräch außerhalb der offiziellen Besuchszeiten einholen.[8]

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Gegen eine generelle Beschränkung der Gesprächsdauer für Verteidiger ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 ebenso gegeben wie für die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Gesprächsabbruchs. Zuständig ist das durch § 126 Abs. 1 bestimmte Gericht.

Anstaltsleitung bzw. Haftrichter muss in allen Fällen unmissverständlich klargemacht werden, dass eine Verhinderung des Verteidigergesprächs ggf. weitreichende Auswirkungen etwa auf den Gang der Hauptverhandlung haben kann, nämlich dann, wenn dort ein Unterbrechungsantrag wegen mangelnder Verteidigungsvorbereitung gestellt werden muss.

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Ungeachtet der Forderung nach genügend Sprechzellen und ggf. Erweiterung der Besuchszeit erscheint es sinnvoll, wenn die Verteidiger, die jeweils Mandanten in einer JVA besuchen wollen, sich untereinander verständigen etwa in dem Sinne, dass bei großem Andrang wirklich nur die Besprechungen durchgeführt werden, die unbedingt erforderlich sind. Denn die Austragung des Konflikts mit der Anstalt vor den Schranken der Justiz dauert bekanntlich lange und hilft in der konkreten Situation, in der dringende Erörterungen mit dem Mandanten erforderlich sind, nicht weiter.

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Um nicht vor verschlossenen Türen zu stehen oder abgewiesen zu werden, muss der Verteidiger die Gepflogenheiten der jeweiligen JVA kennen und diese ggf. bei der JVA oder Kollegen erfragen.[9] In Ausnahmefällen ist ein Besuch außerhalb der Sprechzeiten oder am Wochenende zu genehmigen.Das OLG Zweibrücken[10] weist zutreffend darauf hin, dass ein solcher Ausnahmefall z.B. unmittelbar nach der Inhaftierung vorliegen kann. Es sei zu gewährleisten, dass kein „Verteidigungsvakuum“ entstehe und der Beschuldigte sofort anwaltlichen Beistand in Anspruch nehmen könne. Die von der JVA getroffene allgemeine Besuchsregelung muss daher Raum für solche Ausnahmen lassen. Wird ein außerordentlicher Besuch versagt, kann dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gestellt werden. Darin sollte darauf hingewiesen werden, dass aufgrund der ablehnenden Entscheidung die Befürchtung besteht, dass die JVA auch künftig dringende und unumgängliche außerordentliche Besuche ablehnen könnte.

In vielen Vollzugsanstalten besteht die Möglichkeit, telefonisch den Besuch des Verteidigers anzukündigen und die Mandanten, die besucht werden sollen, vorab anzufordern. Dies erspart dem Verteidiger lange Wartezeiten, denn in aller Regel stehen die Mandanten dann bereits bereit, wenn der Verteidiger in der JVA eintrifft. Der Verteidiger sollte sich bei den verschiedenen Anstalten nach der Möglichkeit der telefonischen „Bestellung“ der Mandanten erkundigen und sich eine Liste mit den Telefonnummern der einzelnen Anstalten anlegen, unter denen die Gefangenen vorab angefordert werden können.

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