Читать книгу Untersuchungshaft - Reinhold Schlothauer - Страница 42

Оглавление

Teil 2 Der Kontakt zwischen Verteidiger und inhaftiertem MandantII. Beschränkungen des Verkehrs zwischen Verteidiger und Untersuchungsgefangenen › 2. Eingangskontrollen

2. Eingangskontrollen

88

Der Verteidiger muss sich bei dem Eintritt in die JVA an der Außenpforte regelmäßig ausweisen. Da sich aus dem Personalausweis oder dem Reisepass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ergibt, empfiehlt es sich gerade in solchen Vollzugsanstalten, in denen der Verteidiger nicht persönlich bekannt ist, einen Anwaltsausweis vorzulegen. Dies erspart oftmals lästige Rückfragen nach der Anwaltszulassung. Bei den meisten Vollzugsanstalten ist der Ausweis an der Außenpforte bis zum Verlassen der JVA zu hinterlegen. Ein maschinelles Auslesen und die Speicherung der Ausweisdaten (etwa im elektronischen Pfortenbuch) ist allerdings wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig.[1]

89

Auch wenn sich die Situation inzwischen nach der Neuregelung des Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechtes und Einführung der Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder deutlich verbessert hat, muss der Verteidiger nach wie vor in vielen Vollzugsanstalten mit einer Durchsuchung rechnen.

Eine generelle Durchsuchungsanordnung über § 119 Abs. 1 ist allerdings unzulässig.[2] Die Durchsuchung berührt durch den ihrer Anordnung zugrunde liegenden Konspirationsverdacht gegen den Verteidiger nicht nur dessen Integrität, sondern sie beeinträchtigt auch den ungehinderten Verkehr des Verteidigers mit dem Mandanten.[3] Seit der Neufassung des § 119 sind deshalb standardisierte Beschränkungen in Form allgemeinverbindlicher Anordnungen nicht mehr zulässig, sondern dürfen nur für den Einzelfall angeordnet werden zur Abwehr einer (realen) Gefahr, die über die im HB angenommene Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr hinaus zur Gefährdung des Haftzwecks führen kann.[4] Es ist selbstverständlich, dass – selbst wenn eine Durchsuchung unter den vorgenannten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig sein sollte, – bei der Inspektion der mitgeführten Behältnisse vom Inhalt der Schriftstücke und sonstigen Verteidigungsunterlagen trotzdem keine Kenntnis genommen werden darf.

90

Weitere Rechtsvorschriften für die Durchsuchung finden sich nunmehr in den U-Haft-Vollzugsgesetzen der Länder. Diese enthalten die im Wesentlichen gleichlautende Regelung, dass der Besuch von Verteidigern davon abhängig gemacht werden kann, dass sie sich mit technischen Mittel ab- oder durchsuchen lassen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt erforderlich sei.[5] Die inhaltliche Überprüfung der von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke oder sonstigen Unterlagen ist aber auch danach stets untersagt. Eine stete Durchsuchung aller Verteidiger – wie sie aber immer noch von vielen Anstalten praktiziert wird – gestatten freilich auch diese Regelungen nicht. Vielmehr müssen auch danach im Einzelfall konkrete Tatsachen dargelegt werden, die eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung begründen sollen. Darüber hinaus stoßen die Regelungen der U-Haft-Vollzugsgesetze der Länder aber auch auf grundsätzliche Bedenken. Denn die Verteidigerdurchsuchung betrifft nicht den „Vollzug“ der Untersuchungshaft, für dessen Regelung die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben. Die ungehinderte Verteidigung und der dafür vorausgesetzte Kontakt zwischen Verteidiger und inhaftiertem Mandanten ist vielmehr Teil des Strafverfahrens, so dass Eingriffe in den freien Verkehr zwischen Verteidiger und Mandant nach der StPO zu beurteilen sind. Daher wäre es erforderlich, dass die Verteidigerdurchsuchung durch einen Beschluss des Haftgerichts angeordnet wird. Rechtgrundlage ist § 119 Abs. 1, sofern ohne die Verteidigerdurchsuchung der Haftzweck gefährdet wäre. Fehlt es daran, ist eine Durchsuchung (zunächst) nicht zulässig.

Der oft zu hörende allgemeine Hinweis, dass auch ein Verteidiger durch Einschmuggeln von Waffen die Anstaltsordnung gefährden könne, ist in dieser Einseitigkeit irreführend und stellt ebenfalls keine konkrete Tatsache dar. Der Verteidiger genießt als Organ der Rechtspflege einen staatlichen Vertrauensvorschuss, ein genereller Verdacht gegenüber Verteidigern ist deshalb unbegründet und mit Blick auf Art. 12 GG auch unzulässig.[6] Niemand käme auch nur auf die Idee, etwa die Bediensteten der JVA, Polizeibeamte, Richter oder Staatsanwälte bei jedem Betreten der Anstalt zu durchsuchen, obwohl sich gerade in Bezug auf JVA-Bedienstete die Missbrauchsfälle durch Einschmuggeln von Rauschgift, Alkohol etc. häufen. Regelungen zu diesen Personenkreisen enthalten die Landesgesetze nicht, so dass die Vorschriften auch mit Blick auf Art. 3 GG zweifelhaft sind.[7] Ggf. muss gegen eine individuelle oder generelle Durchsuchungsanordnung ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 gestellt werden.

91

Findet eine Durchsuchung statt, geschieht sie in der Regel dadurch, dass der Verteidiger selbst, sowie mitgeführte Taschen mittels elektronischer Schleusen, Röntgengepäckprüfanlagen oder Metalldetektoren kontrolliert werden. Gelegentlich wird auch das Öffnen der Tasche verlangt, etwa wenn ein Durchleuchtungsgerät nicht vorhanden ist.

92

Im Hinblick auf die unterschiedliche Art und Intensität der Durchsuchung empfiehlt es sich, vor dem Besuch in einer JVA einen Kollegen nach den üblichen und allgemein akzeptierten Durchsuchungen zu fragen. Dies nimmt dem Verteidiger nicht nur die Unsicherheit vor der Durchsuchung, sondern versetzt ihn als Erstbesucher auch in die Lage, zumindest unübliche und über das normale Maß hinausgehende Durchsuchungen zurückzuweisen. In Eilfällen hilft manchmal vor der Einlegung förmlicher Rechtsbehelfe schon die Kontaktaufnahme zum Anstaltsleiter oder Haftrichter.

93

Hin und wieder begegnet der Verteidiger auch dem Ansinnen, alle Gegenstände, die nicht für den Besuch benötigt werden, also Aktentasche, mitgeführte Tageszeitung, Akten anderer Fälle, Armbanduhr, Geldbörse etc. bis zum Ende des Besuchs zu hinterlegen. Derartige Ansinnen sind ebenfalls ohne Rechtsgrundlage. Selbstverständlich darf der Verteidiger alle Gegenstände, die er bei sich trägt oder sonst mitführt, zum Besuch mitnehmen. Wird die Mitnahme von Gegenständen verweigert, bleibt auch hier nur die Kontaktaufnahme zu dem Anstaltsleiter oder dem Haftrichter.

94

Grundsätzlich sollte der Verteidiger von den entwürdigenden und schikanösen Durchsuchungsmaßnahmen allenfalls solche über sich ergehen lassen, die allgemein von den ortsansässigen Verteidigern akzeptiert werden. In Zweifelsfällen sollte der Verteidiger lieber den Konflikt mit dem Anstaltsleiter und dem Haftrichter suchen, um gegen als unzumutbar empfundene Durchsuchungsmaßnahmen vorzugehen. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass man zwar die beanstandete Durchsuchungsmaßnahme über sich ergehen lässt, um den Besuch durchführen zu können, jedoch rechtzeitig vor dem nächsten Besuch beim Haftrichter und der Anstaltsleitung wegen der Durchsuchungsmaßnahmen interveniert. Erforderlichenfalls ist gegen die Entscheidung des Haftgerichts Beschwerde einzulegen und gegen die Anordnung der Anstalt der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a zu stellen.

Untersuchungshaft

Подняться наверх