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bb) Anbahnungsgespräch

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Verteidiger und Inhaftierter haben nach zutreffender, aber immer noch teilweise bestrittener Ansicht einen Anspruch darauf, das Anbahnungsgespräch unüberwacht zu führen.[33] § 148 erfasst zwar nach seinem Wortlaut nur das bestehende Verteidigungsverhältnis, Sinn und Zweck der Regelung ist aber eine Verteidigung frei von jedweder Behinderung oder Erschwerung. Verteidiger und Beschuldigter können sich über das Zustandekommen des Mandats nur dann verständigen, wenn über die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat offen gesprochen wird und der Beschuldigte zu den Vorwürfen dem Verteidiger gegenüber Erklärungen abgibt, die Sache also insgesamt zwischen Verteidiger und Beschuldigtem eingehend und offen erörtert wird.[34] Nur durch ein solches Gespräch können Verteidiger wie Beschuldigter eine tragfähige Grundlage für die Entscheidung über das Zustandekommen des Mandats schaffen. Die Gegenmeinung, die auch hier wieder auf einen vermeintlich möglichen Missbrauch abstellt, schränkt eine solch unbehinderte Verteidigung rechtswidrig ein und ist überholt.

Der 3. Senat des Bundesgerichtshofs hat in einer aktuellen Entscheidung vom 18.2.2014 zur Abhörfreiheit der Telekommunikation ausdrücklich ausgeführt, dass das berufsbezogene Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigten nicht erst mit Abschluss des zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages beginne, sondern auch das entsprechende Anbahnungsverhältnis umfasse. Ein Beschuldigter, der auf der Suche nach einem Verteidiger ist, bringt jedem Rechtsanwalt, mit dem er zu diesem Zweck kommuniziert, typischerweise das Vertrauen entgegen, dass der Inhalt dieser Gespräche vertraulich behandelt wird, unabhängig davon, ob anschließend ein Verteidigungsverhältnis zustande kommt. Dies gelte selbst dann, wenn die Initiative zu den Anbahnungsgesprächen von dem Verteidiger ausgehe. Wenn dies aber schon im Bereich der Telekommunikation gilt, kann nichts anderes für das mündliche Anbahnungsgespräch in der Justizvollzugsanstalt gelten.

Gleichwohl ist die Praxis nach wie vor uneinheitlich. Der Verteidiger muss deshalb beantragen und darauf drängen, dass ein unüberwachtes Gespräch genehmigt wird und bereits die Besuchserlaubnis ausdrücklich darauf hinweist. Ist gleichwohl lediglich eine allgemeine Besuchserlaubnis erteilt worden oder – was ebenfalls vorkommt – verweigert die JVA trotz ausdrücklicher Genehmigung eines unüberwachten Gesprächs ein solches vor Vollmachtsunterzeichnung, sollte der Verteidiger zunächst versuchen, auf eine Korrektur der Besuchserlaubnis hinzuwirken oder im Falle der Verweigerung des unüberwachten Gesprächs in der JVA durch ein Telefonat mit dem Haftrichter bzw. Staatsanwalt eine Klärung herbeizuführen. Aber auch hier kann der Verteidiger sich in der Regel nicht auf zeitaufwändige prinzipielle Auseinandersetzungen einlassen. Ist Eile geboten, kann es sich daher empfehlen, mit dem Inhaftierten zunächst in der überwachten Situation lediglich zu erörtern, dass ein geschütztes Verteidigergespräch erst nach Vollmachtsunterzeichnung möglich ist, die Vollmacht bei Nichtzustandekommen des Mandates aber jederzeit widerrufen oder das Mandat gekündigt werden könne.[35] Nach Unterzeichnung der Vollmacht kann das Gespräch dann unüberwacht fortgesetzt werden.

Hat das Anbahnungsgespräch zur Mandatsübernahme geführt, empfiehlt es sich dringend, sofort nach Vollmachtserteilung der JVA die Verteidigerbestellung durch Vorlage der Vollmacht nachzuweisen, so dass alle weiteren Besuche problemlos und unüberwacht durchgeführt werden können. Es ist unzulässig, den Zugang des Verteidigers zu dem in Untersuchungshaft befindlichen Mandanten generell von der Vorlage eines Dauersprechscheins abhängig zu machen.[36] Der Nachweis der Verteidigerbestellung geschieht am besten dadurch, dass der Verteidiger unter Vorlage der ihm erteilten Vollmacht oder unter Überreichung einer zum Verbleib bei der JVA bestimmten (Zweit-)Vollmacht den Beamten der Innenpforte bittet, die Verteidigerbestellung in den Unterlagen der JVA zu vermerken. Dadurch wird die Übernahme der Verteidigung „amtlich“, so dass die nach Mandatserteilung geführte Korrespondenz als Verteidigerpost gekennzeichnet und damit unkontrolliert ausgehändigt werden kann (vgl. zur Verteidigerpost unten Rn. 98 ff.). Der möglichst frühe Nachweis der Verteidigerbestellung in der JVA erspart auch bei der Verteidigerkorrespondenz lästige Rückfragen über die Verteidigerstellung oder gar die Zurücksendung des Schreibens.

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