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4. Revision bei erklärtem Rechtsmittelverzicht
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Grundsätzlich steht es dem Angeklagten frei, nach der Urteilsverkündung Rechtsmittelverzicht zu erklären, § 302 S. 1 StPO. Seinen Verteidiger kann er hierzu auch mündlich ermächtigen.[35] Ist dem Urteil allerdings eine Verständigung vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen, § 302 S. 2 StPO.
Ein nach § 302 S. 1 StPO erklärter Rechtsmittelverzicht ist grundsätzlich wirksam und kann nicht angefochten oder widerrufen werden.[36] Das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt dabei grundsätzlich der Angeklagte; dies gilt jedoch nicht, wenn ein Verstoß des Gerichts gegen eine gesetzlich angeordnete Dokumentationspflicht vorliegt.[37] Unter besonderen Voraussetzungen kann jedoch ein erklärter Rechtsmittelverzicht unwirksam sein. Die Rechtsprechung dazu ist umfänglich und unübersichtlich.[38] Die Unwirksamkeit wird z.B. dann angenommen, wenn der Beschwerdeführer durch unrichtige oder fehlende amtliche Auskunft in die Irre geführt wurde,[39] bei einem Sprachunkundigen, der die belastenden Teile einer gerichtlichen Entscheidung nicht verstanden hat,[40] weiter wenn der Vorsitzende unzuständigerweise eine Zusicherung abgegeben hat, die nicht eingehalten wurde,[41] die Staatsanwaltschaft für den Weigerungsfall mit der Ankündigung eines unsachgemäßen Haftantrages gedroht hat[42] oder das Gericht mit der Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls droht.[43] Die Unwirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts ist auch dann gegeben, wenn dem Angeklagten trotz Vorliegens der Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung etwa nach § 140 Abs. 1 oder 2 StPO kein Verteidiger beigeordnet war und die Erklärung daher ohne Beratung mit einem Verteidiger abgegeben wurde.[44] Auch wenn vor Abgabe der Erklärung keine Beratung mit dem Wahlverteidiger stattfinden konnte, weil dieser sich verspätet hatte, kann der Verzicht unwirksam sein.[45]
Soll in Fällen eines für unwirksam erachteten Rechtsmittelverzichts das Urteil angefochten werden, ist, sofern die Einlegungsfrist verstrichen ist, ein form- und fristgerechtes Wiedereinsetzungsgesuch anzubringen, in dem auch die Gründe für die geltend gemachte Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts ausführlich darzulegen sind.[46]
Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag beginnt mit der Kenntnis des Angeklagten von der Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts.[47]