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ОглавлениеTeil I Allgemeine Grundsätze des Revisionsverfahrens › IV. Revisionseinlegung
IV. Revisionseinlegung
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Die Revision kann durch den Verteidiger und/oder den Angeklagten schriftlich, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument gem. § 41a StPO eingelegt werden. Sie ist bei dem judex a quo anzubringen. Zuständig ist also nur die Geschäftsstelle desjenigen Gerichts, dessen Urteil angefochten wird; die Möglichkeit, fristgebundene Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts des Verwahrungsortes abzugeben (§ 299 StPO), steht nur dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten zu, nicht dagegen dem inhaftierten Nebenkläger.[1]
Das Rechtsmittel muss in deutscher Sprache eingelegt werden. Die Bezeichnung als „Revision“ ist nicht erforderlich, sofern aus der Einlegungsschrift eindeutig hervorgeht, dass das Urteil angefochten werden soll, § 300 StPO[2].
Ein Rechtsmittel kann auch mittels eines über einen Internet-Dienst an das Gericht gesandtes Faxschreiben eingelegt werden. Dieses ist wie ein vom Absender selbst versandtes Computerfax zu behandeln, also grundsätzlich auch ohne übermittelten Namenszug. Eine Rechtsmitteleinlegung per E-Mail ist nicht möglich.[3]
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Bereits bei der Revisionseinlegung unterlaufen immer wieder Kapitalfehler.
Ein nicht korrigierbarer Fehler liegt dann vor, wenn mit der Einlegung der Revision diese gleichzeitig begründet wird, etwa mit dem Satz, es werde die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
Die Revisionseinlegung sollte sich auf den Satz beschränken, dass gegen das Urteil Revision eingelegt wird. Gleichzeitig sollte nochmals Akteneinsicht einschließlich des Hauptverhandlungsprotokolls beantragt werden (vgl. Beispiel bei Rn. 22).
Alle weiteren Ausführungen sind bei der Revisionseinlegung zu unterlassen.
Eine „Revisionsbegründung“ gleichzeitig mit der Revisionseinlegung verdeutlicht dem Revisionsgericht, dass der Revisionsführer im Revisionsrecht unbewandert ist. Denn ohne Kenntnis der schriftlichen Urteilsgründe kann auch der Revisionsführer nicht beurteilen, ob eine (allgemeine) Sachrüge erhoben werden soll und kann. Dies gilt erst Recht für eine Verfahrensrüge, da diese jeweils einen konkreten Verfahrensfehler benennen muss und die den Fehler begründenden Tatsachen im Einzelnen vorzutragen sind. Dies ist ohne Einsicht in das Hauptverhandlungsprotokoll und die schriftlichen Urteilsgründe schlechterdings nicht möglich. Von daher ist der mit der Revisionseinlegung verbundene Satz, es werde die Rüge der Verletzung formellen Rechts erhoben, schlicht Unsinn.
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Die Gefahr einer derart unsinnigen Revisionsbegründung gemeinsam mit der Revisionseinlegung besteht jedoch darin, dass für den Fall der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Erhebung von Verfahrensrügen weitestgehend ausgeschlossen ist. Werden Verfahrensrügen, aus welchen Gründen auch immer, nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben, sind sie verfristet, da die Revision bereits mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge bei der Revisionseinlegung ordnungsgemäß und ausreichend begründet war. Eine noch so begründete Verfahrensrüge wäre im Falle der Fristversäumung unzulässig.[4]
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Es ist empfehlenswert, gleichzeitig mit der Einlegung der Revision nochmals Akteneinsicht zu beantragen. Auch wenn der Verteidiger bereits Kopien der Akten gefertigt hat, ist die nochmalige Akteneinsicht erforderlich, um u.a. zu prüfen, ob der Eröffnungsbeschluss und die Originalfassung des Urteils ordnungsgemäß unterschrieben sind und wann das Urteil auf der Geschäftsstelle eingegangen ist (Eingangstempel), um die Einhaltung der Absetzungsfristen zu überprüfen. Darüber hinaus können sich in den Akten während der Hauptverhandlung gefertigte Vermerke etc. befinden, die für die Begründung von Verfahrensrügen erforderlich sind. Es kann auch auf Ladungen bzw. Ladungsnachweise ankommen.
Und schließlich müssen die Akten ggf. im Hinblick auf eine zu erhebende Aufklärungsrüge durchgearbeitet werden.
Das Vorliegen der vollständigen Akten oder Kopien davon ist daher für die Prüfung und Begründung von Verfahrensrügen unumgänglich. Im Hinblick auf die knapp bemessene Revisionsbegründungsfrist sollte daher der Akteneinsichtsantrag mit Revisionseinlegung gestellt werden, um Verzögerungen bei der Bearbeitung der Revision durch spätere Akteneinsichtsgesuche und verspätete Aktenübersendung zu vermeiden.
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In einigen Gerichtsbezirken besteht die Besonderheit, dass dem Pflichtverteidiger die Kosten für die Herstellung von Fotokopien nicht erstattet werden, da der Angeklagte gem. Nr. 9000 Abs. 2 Nr. 3 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG einen Anspruch auf die Erteilung kostenloser Abschriften des Hauptverhandlungsprotokolls hat. Ggf. ist mit der Einlegung der Revision ein entspr. Antrag zu stellen.
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Beispiel für Revisionseinlegung:
In der Strafsache
gegen
…
Az.: …
lege ich gegen das Urteil der AG/LG/OLG vom
R e v i s i o n
ein.
Gleichzeitig wird beantragt,
1. | gemäß Nr. 9000 Abs. 2 Nr. 3 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG kostenlos Abschriften des Hauptverhandlungsprotokolls zu übersenden, |
2. | die Akten nochmals zur Einsichtnahme zu übersenden. |
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Gegen amtsgerichtliche Urteile ist neben der Berufung auch die (Sprung-)Revision zulässig, § 335 StPO. Da derjenige, der ein amtsgerichtliches Urteil anfechten will, oftmals erst nach Kenntnis der schriftlichen Urteilsgründe und der Lektüre des Hauptverhandlungsprotokolls beurteilen und entscheiden kann, welches Rechtsmittel er für das angemessene hält, hat er die Möglichkeit, zunächst ein unbestimmtes Rechtsmittel einzulegen („lege ich gegen das Urteil Rechtsmittel ein“).[5] Auch kann er zunächst Berufung einlegen, wobei durch die Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung, sofern keine eindeutige Festlegung auf dieses Rechtsmittel erfolgt ist, keine Bindung eintritt.[6]
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Bei Einlegung eines unbestimmten Rechtmittels ist der Beschwerdeführer gehalten, innerhalb der mit Urteilszustellung beginnenden Revisionsbegründungsfrist zu erklären, ob das Rechtsmittel als Berufung oder als Revision durchgeführt werden soll. Hat der Beschwerdeführer das unbestimmt eingelegte Rechtsmittel innerhalb der Frist nicht bezeichnet, wird es als Berufung behandelt.[7] Entsprechendes gilt auch dann, wenn aufgrund unterschiedlicher Rechtsmittelerklärungen mehrerer Wahlverteidiger keine eindeutige Rechtsmittelwahl vorliegt.[8]
Hat der Beschwerdeführer das Rechtsmittel als Revision bezeichnet, ist innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO der Revisionsantrag zu stellen und die Revisionsbegründung anzubringen[9]. Bei Versäumung der Antrags- und/oder der Begründungsfrist wird die Revision als unzulässig verworfen.[10]
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Auch wenn gegen das Urteil ausdrücklich Berufung eingelegt ist, kann der Beschwerdeführer innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO von der Berufung zur Revision übergehen, indem er ausdrücklich erklärt, die Berufung solle als Revision durchgeführt werden.[11] Auch im Falle eines solchen Rechtsmittelwechsels ist selbstverständlich innerhalb der Frist der Revisionsantrag zu stellen und die Begründung vorzunehmen.
Nach Verwerfung einer Annahme bedürftigen Berufung kann das ausdrücklich als Berufung bezeichnete Rechtsmittel auch dann nicht mehr als Revision fortgeführt werden, wenn der Übergang innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erklärt wurde.[12]
Zur Frage, ob das amtsgerichtliche Urteil mit der Berufung oder der Sprungrevision angefochten werden soll, vgl. unten Rn. 81.