Читать книгу Die Entleerung des Möglichen - Reinhold Zobel - Страница 12
Kapitel 9
Оглавление“Ich möchte nicht wieder herkommen.”
“Nanu, Stänzchen, wieso das jetzt nicht?”
“Ich weiß nicht, vieles hier erscheint mir stickig, stickig und abgestanden.”
“Meinst du das Haus, die Gegend, die Leute... das Wetter?”
“Nein, nicht das Haus oder das Wetter... wir sind zu oft hier gewesen. Es geschieht allemal das Gleiche. Ich möchte etwas Neues... ich will neuen, frischen Wind um mich haben.”
“Ich begreife dich nicht. Es hat dir doch bisher jedes Mal gef...”
“Nein, hat es nicht, du hast es nur nicht bemerkt.”
“Du hast es nie ausgesprochen.”
“Muss man denn immer alles aussprechen? Eigentlich sollte man einander doch auch ohne Worte ganz gut verstehen, nach so vielen Jahren, oder?”
“Hm, mir ist mitunter, als sei es eher umgekehrt, nämlich dass wir uns immer schlechter verstehen.”
“Das ist der erste vernünftige Satz, den ich seit langen von dir zu hören bekomme.”
“Danke vielmals.”
Beide verstummen sie für eine Weile. Constanze raucht in hastigen Zügen. Oskar trinkt Cognac und bedauert, das Thema angeschnitten zu haben, das Thema nämlich, wann sie im nächsten Jahr an diesem Ort wieder Ferien machen wollen. Der Tag ist an seinem Ende. Es war ein wundervoller sommertiefer Tag. Und der Nachthimmel leuchtet sternenklar. Man kann den Orionnebel ahnen, als milde Fackel. Nein, denkt Oskar, es ist gar keine milde Fackel. Der Sternenhaufen gleicht vielmehr einem Bluterguss.
“Könnten wir denn nicht manches besser machen als bisher?”
“Mag sein, aber nicht hier, nicht an diesem Schauplatz.”
“Es heißt, wenn man den Schauplatz wechselt, reisen die Probleme mit.”
“Du liest zu viel... zu viel düstere Prognosen.”
“Leider treffen sie gelegentlich zu.”
“Würdest du in deiner Firma ebenso denken, könntet ihr, vermute ich, euren Laden bald dicht machen.”
“Darin müsste ich dir vielleicht sogar Recht geben.”
“Warum versuchst du es dann nicht einmal anders, im privaten Bereich? Ich finde, du ähnelst häufig einem Luftballon, aus dem zu viel Luft entwichen ist.”
“Du verstehst einem ja richtig Mut zu machen, Stänzchen. Wer sagt denn aber überhaupt, dass die Schuld bei mir liegt?”
“Ich rede nicht von Schuld.”
“Dann eben Verantwortung.”
“Ich behaupte das ja gar nicht. Nur, ich sehe bei dir nicht den Hauch einer Absicht, an den Dingen, wie sie sind, etwas ändern zu wollen. Du bist so... schrecklich unbeweglich.”
“Man kann sich auch falsch bewegen.”
“Das genau ist deine Methode: immer haarfein alles auf die Waage legen, prüfen, wägen und sezieren.”
“Schön. Ich will mir, was du sagst, zu Herzen nehmen. Das möchtest du doch, nicht wahr, dass man mehr mit dem Herzen denkt und handelt?”
“Werde bitte nicht ironisch.”
“Bin ich gar nicht... Nur einen Wunsch hätte ich meinerseits dann auch?”
“Welchen?”
“Das du aus deinem eigenen Programm jene Nummern streichst, die mit der Regieanweisung versehen sind: Laß es wie einen bitteren Vorwurf klingen!”
Die Dramaturgie ist sturmerprobt. Dialoge aus einer Serie. Es gibt Wiederholungen, leicht abgewandelt. Diese war erst kürzlich hier auf Sendung, eine Variante immerhin, die dem Ausgang und den Vorsätzen nach, zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Wo ist sie hin? Still jetzt, sagt Oskar zu sich selber, sei jetzt still, schwimm weiter..!
Das Haus ist fertig. Er hat es selbst errichtet. Es ist sein Haus. Im Grunde ist es nur eine H ü tte. Sie steht im Garten. Sie ä hnelt einem Schuppen. Das beschreibt ganz gut ihren Zweck. Man kann dort Dinge abstellen, die anderswo im Wege w ä ren, hier finden sie ihren Platz. Brennholz etwa, Spaten, Harke, S ä ge, eine Schrotflinte, eine Gießkanne, Fotoalben, ein Damenfahrrad.
Man kö nnte diese Aufz ä hlung endlos fortsetzen. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn. Er ist m ü de und stolz auf seine herkulische Arbeit. So erscheint sie ihm, in Anbetracht seiner physischen Umst ä nde. Er ist n ä mlich gehbehindert. Andere sind es im Kopf. Was ist wohl schlimmer? W ä re er imstande, in 4 Dimensionen zu sehen statt in 3, es k ö nnte ihn zum größten Baumeister aller Zeiten machen. Ein fibr ö ser Einfall. Er verl ä sst diesen Kontext .
Die Zeit wandert. Sie wandert natürlich immerzu. Wer sagt aber, dass Augenblicke, die, wie ein jeder glaubt, aufeinander folgen, wirklich Augenblicke sind, die aufeinander folgen? Niemand sagt das. Regel A: Man sieht, was man zu sehen glaubt. Regel B: Man sieht nie alles, nimmt aber gern Teile f ü r das Ganze. Regel C: wird komplett gestrichen. Regel D: In der Nase popeln, entspannt. Er h ä lt inne. Bis dann zur Abwechslung eine zusammenhangferne Erinnerung vor sein drittes Auge tritt. Ein Kollege, von fr ü her. Goliath. Das war sein Spitzname. Er war ein ebenso starkknochiger wie sonderbarer Kauz. Er h ü llte seine Seele, die sehr empfindsam war, stets in einen flauschigen Bademantel, ehe er das Haus verließ . Er verlie ß es selten und schon gar nicht bei Regen, bei Sturm oder bei Dauerfrost. Mit Ende Dreißig verschwand er spurlos. Manche glaubten an Freitod. Er selbst h ä tte bei gegebenen Anlass wohl behauptet, er sei zu den Sternen gegangen. Er war jedenfalls ein F rüh -Vollendeter. Seufz!
Die Bilder doppeln sich. Er sch ü ttelt sich , als h ü lfe das. Es hilft nicht. Außerdem, alles, was sich doppeln soll, doppelt sich auch. Es spielt also weiter keine Rolle. Da ist sie schon wieder fort, die Erinnerung, verblasst. Na denn. Er dreht sich. Es ist nicht weit bis zum Meer. Es bewegt sich, hierhin und dorthin, in Kr ä mpfen, Dunst liegt ü ber dem sich dem Horizont zuneigenden Hinterleib des Ozeans. Er dreht den Kopf. Und seinem Blick folgen, ehe dieser einnebelt, a posteriori ein por ö ser Knacklaut und ein Lauschversuch nach allen Seiten - in alle vier Winde, k ö nnte man gleichermaß en sagen.
Das Universum rauscht gedehnt. Es kann noch nicht sehr alt sein, sonst, so sollte man meinen, w ü rde es schrumpfen. Er schnieft durch die Nase. Er will mit der Sache zum Ende kommen. Mit welcher Sache? Mit den unbezahlten Rechnungen? Mit dem Schlagen von Brennholz? Mit dem Anstrich der H ü tte? Mit der Schnittmenge? Er wird sich eine aussuchen. Welche? Egal. Er muss es jedenfalls jetzt tun. Er hat schließlich nicht die ganze Nacht Zeit. Er denkt das, obwohl es noch Tag ist. Er nimmt sein Schweizer Taschenmesser. Der Nachteil an diesen Mehrzweck-Werkzeugen ist, dass man immer in Gefahr ist, sich die Fingern ä gel abzubrechen, zumindest einen. Es wird nun doch sehr rasch dunkel. Neumond. Nichts f ü r ihn Sichtbares bewegt sich mehr. Was folgt, ist Erw ä rmung, Bewegung in anderer Gestalt, schnelle Bewegung, nachweislich nicht weniger. Etwas t ö nt. Das eingestrichene E. Er hat Appetit auf ein St ü ck Schweinefleisch. Er wird es niemandem erz ä hlen. Das geht nur ihn etwas an. Und den lieben Gott . Grü n wogt das Schilf, im Gegenlicht. Amen…
Timos Geburtstagsgabe: Gedichte, Textpigmente. Dies trägt den Titel: Der Baumeister. Oskar lässt das Büchlein sinken. Nonsens oder Hintersinn? Soll er sich angesprochen fühlen? Immerhin hilft es, die Gedanken von dem abzulenken, was vorhin und zu manch anderen Unzeiten in seinem Kopf den Ton angegeben hat: Ehezwist. Er wollte, es wäre machbar, in der Tonart des Gelesenen, den einen oder anderen Streit auszutragen. Es könnte seine Frau, das wäre seine Hoffnung, verblüffen, ihr, wo nötig, die Dauerklage aus den Segeln nehmen und dazu beitragen, die Standardformeln in ihren Wortwechseln durch ein paar geistige Radikale zu ersetzen.
Er ist als einziger noch wach. Vor ihm steht die fast leere Flasche Cognac.Timo schläft. Er schläft oben in dem Zimmer, in dem Oskar für gewöhnlich schläft. Constanze ist früh zu Bett gegangen. Das Haus liegt ruhig. Er hat die Terrassentür offen. Die Nacht ist sehr warm. Wärme ist, ach ja, Bewegung. Die Nacht ist also warm. Und sie riecht zeitlos und nach Fliederbeersaft. Man hört im Finstern draußen ein paar Grashüpfer zirpen. Vielleicht sind es ja gar keine Grashüpfer. Vielleicht ist es ja der Weltgeist.
*
Er kam mit der Eisenbahn.
Er hatte die Stadt nie zuvor besucht. Er fand sie schaurig. Selbst die Züge, die dorthin fuhren, waren hässlicher als andernorts. Liège hatte einmal Lüttich geheißen. Die Stadt war hinreichend bekannt, bekannter jedenfalls als er, der Besucher. Außerdem war er anonym unterwegs.
Es verschlug ihn nicht freiwillig ins Belgische. Der Auslöser war Mohun. Er sei doch Musiker, hatte er protestiert, und weder Späher noch Bote. Aber es hatte alles nichts geholfen.
Mohun hatte einen pflegebedürftigen, alten Vater, der allein lebte. Die Mutter war tot. Der Sohn besuchte ihn selten. Er schickte ihm in Abständen Bares. Jetzt sollte Oscar, da der Vater krank zu Bette lag, ihm Geld und Medikamente bringen und einen Vetter Mohuns aufspüren, der ebenfalls in Liège lebte. Mohun hatte angeblich keine Zeit, es selbst zu tun. Er bat Oscar deshalb, es für ihn zu erledigen. Mohuns Bitten hatten eine Eigentümlichkeit: sie duldeten keinen Widerspruch. Hätte Saloua die Sache nicht in die Hand nehmen können? Nein, denn Mohuns Vater mochte “Die Negerin” nicht. Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Also blieb es an ihm, Oscar, hängen. Also machte er sich auf den Weg. Nach Liège. Der Sommer faulte schon. Die Tage wurden kürzer. Die Reise begann im Regen und endete auch so. Während der Fahrt suchte er, es ging nicht anders, zweimal die Zugtoilette auf. Er hatte weichen Stuhl. Wolken aus Kohlenstaub zogen über das Land. Als er sein Ziel erreichte, war es dunkel. Im übrigen war es ja gar nicht sein Ziel.
Das erste, was er tat, als er aus dem Zug stieg: er ging in die Bahnhofskneipe. Ohne Bruder Martin würde es hier nicht auszuhalten sein. Das stand außer Frage. Natürlich hätte er unter gediegeneren Umständen einen nicht minder passenden Grund gefunden, dort einzukehren. Und wenn es darum zu tun war, aus wenig noch weniger zu machen, so hätte man den Auftakt durchaus als gelungen ansehen können. Es ging aber um etwas anderes, um was, das hatte er nach drei Stunden komplett vergessen. Er war so eingenebelt, dass er es gerade noch schaffte, sich in einer Pension neben dem Bahnhof ein Nachtlager zu sichern.
Er schlief bis Mittag. Den Tag über konnte er sich zu nichts aufraffen. Er ging nicht zu Mohuns Vater. Er schob es hinaus. Abends betrank er sich wieder. Im Grunde hatte er bereits nachmittags damit begonnen. Arznei des Tages, dachte er sich, ist die Dunkelheit. Sonst dachte er nicht viel. Nach Ablauf der folgenden Nacht, die er abermals in dem kleinen, schäbigen Hotel neben dem Bahnhof abschlief, stand er wie gehabt gegen Mittag auf. Mohun erwartete sicherlich von ihm, dass er sich bald nach seiner Ankunft bei ihm meldete, ihm eine Nachricht zukommen ließ. Er hatte aber nichts mitzuteilen. Er überlegte, ob er zunächst zu diesem Vetter aus Dingsda gehen sollte. Der Mensch stand im Telefonbuch. Er war Zahnarzt. Oscar ließ es. Er vertrank einen weiteren Tag, entfernte sich kaum aus der Gegend um den Bahnhof herum. Die Zeit verstrich. Sein Geld wurde knapp. Er nahm etwas von dem, was für Mohuns kranken Vater bestimmt war.
Am vierten Tag humpelte er. Schuld war ein Ekzem am linken großen Zeh. Um den Schmerz zu betäuben, musste er wieder Bruder Martin hinzuziehen. Am fünften Tag verließ er erstmals die Gegend um den Bahnhof und begab sich zu der Adresse, wo Mohuns Vetter, Dr. Labille wohnte. Er stand bereits vor dem Klingelschild, kehrte dann aber doch wieder um.
Am sechsten Tag endlich kam er seinem Auftrag nach. Zunächst meldete er sich telefonisch bei Dr. Labille. Dann suchte er den Kranken auf. Der war nicht allein. Eine Pflegerin war bei ihm. Der Vetter hatte sie bestellt, damit sich jemand regelmäßig um den Patienten kümmerte. Die Pflegerin war eine resolute, praktisch veranlagte Person. Das verlangte ihr Beruf. Sie trug Oscar, kaum dass er sich vorgestellt hatte, einen kleinen Dienst auf.
Wenn er gerade nichts Besseres vorhabe, könne er ja im Laden gegenüber eine Packung Windeln besorgen. Für den Hausherrn. Nun, Oscar hatte gerade nichts Besseres vor. Er kam der Aufforderung widerspruchslos nach. Offenbar, dachte er, ist der Alte so hinfällig, dass er ins Bett pinkelt. Die Pflegerin, ihr Name war Betty (nennen Sie mich "Betty", hatte sie ihm bei der Begrüßung gesagt) gab ihm Geld von dem Geld, das er ihr gerade zuvor ausgehändigt hatte. Es war das Geld, das Mohun ihm für seinen Vater mit auf den Weg gegeben hatte. Betty reichte ihm eine Banknote, nein, sie teilte sie ihm zu, mit einem Blick, der eine Betonwand hätte durchschlagen können. Sie hatte bleigraue Augen, die unter schweren Wimpern lagen. Sie war ohne Alter, das heißt, ihr Alter war schwer zu bestimmen; irgendwo jenseits der vierzig, schätzte Oscar. Doch verschätzte er sich gern in solchen Fällen. Außerdem war er heute nicht zum Schätzen aufgelegt.
Während er ging, die ihm aufgetragene Besorgung zu erledigen, verfolgte ihn dieser metallene Blick. Etwas an Betty erinnerte ihn an seine Mutter. Dabei gab es nicht die geringste Ähnlichkeit, von außen betrachtet. Die Pflegerin war kreuzhässlich, grobknochig und hatte die sexuelle Ausstrahlung eines Brühwürfels. Sie schien in allem eher das Gegenteil seiner Mutter. Es war auch nicht dieser unerbittliche Blick. Es war noch etwas dahinter. Es musste mit der Art zu tun haben, wie sie ihm gegenüber auftrat. Er war kurz davor, sich ein paar tiefer gehende, ausformulierte Fragen zu stellen. Er ließ es. Sie würden vielleicht nur einen Geist streifen, der bereits erloschen war, den Geist seiner Mutter. Es würden Gespensterfragen sein. Bringe deine Gedanken, hatte ihn seine Mutter früher oft ermahnt, erst einmal in die richtige Reihenfolge, ehe du sie aussprichst. Das gehört sich so.
Oscar schüttelte die Stimme der Vergangenheit ab, beschleunigte seinen Schritt. Seine Gedanken kehrten zu der Pflegerin zurück. Obwohl sie bislang kaum mehr als ein halbes Dutzend Sätze miteinander gewechselt hatten, nistete Betty bereits in seinem Kopf, hatte sich dort wie eine Zecke festgesetzt. Er spürte, er hatte Respekt vor ihr, ja, sie schüchterte ihn ein.
Die Straße, in der sich das Haus fand, in dem Mohuns Vater lebte, war krumm und dürftig. Die Häuserzeilen mit ihren windschiefen, teils kohleschwarzen Fassaden schienen geschichtslos, oder ihre Geschichte lag begraben in den Salzstollen des Vergessens. Der Putz, der sich auf ihren Mauern schichtete, hatte etwas von Wundpflastern, die sich vergeblich mühten, schwärenden Aussatz zu verdecken. Ringsum wabberte ein Gebräu aus Unrat und Resignation. Die Zeit vertickte hier ihre Stunden hinter Gummiwänden. Wolken aus Staub, Buttersäure, Filz und erschöpfter Panik lagerten dauerhaft über allem. Die Gegend hatte ein Lehmgesicht. Die Dinge warfen keine Schatten. Es war verarmtes Kleinbürger-Milieu. Wer hier geboren wurde, lernte gleich nach" Papa" und "Mama" als drittes Wort "Mundfäule" sagen. War Mohun in dieser Umgebung groß geworden? Oscar wusste nichts darüber. Es waren wenige Leute auf den Gehsteigen zu sehen. Und die, die man traf, zeigten finstergraue Mienen, so als wollten sie jedem Fremden zu verstehen geben: Gib Acht, was immer du hier auch anfängst, du steht damit auf verlorenem Posten.
Als er mit den Windeln zurück war, nahm Betty sie ihm ohne ein Wort des Dankes ab. Sie wies ihn an, in der Küche zu warten, dann verschwand sie in einem Raum, von dem Oscar annahm, dass dort das Krankenlager sei.
Die Wohnung war klein und dunkel, genauer gesagt, die Zimmer waren es, bis auf den Flur, der war sehr groß und lang gestreckt. Er wirkte wie ausgelagert, eine Art Exonarthex. Oscar konnte ihn durch die offene Tür von der Küche aus sehen. Er war leer bis auf einen hohen Lehnstuhl und ein großes Ölgemälde, das dem Eingang gegenüber an der Wand hing und jetzt in seinem Blickfeld lag. Es zeigte eine einsame, gespenstische Berglandschaft. Nur der Himmel darüber hatte etwas Helles, war in ein mildes, barmherziges Licht getaucht, das viel Raum ließ für ausgebrannte Träume.
Oscar fragte sich, ob seine Mission jetzt erfüllt war und er wieder gehen durfte? Sollte er Mohuns Vater noch rasch die Hand schütteln, kurz mit ihm reden? Er hatte das Gefühl, alles, was zukünftig geschehen würde, hinge von dieser Betty ab. Er lauschte auf Geräusche, auf Stimmen, die durch die geschlossene Tür aus dem Krankenzimmer drangen. Er hörte nichts. Es blieb still, totenstill.
Am Ende ergab es sich, dass er noch einmal mit diesem Dr. Labille Kontakt aufnahm. Betty wollte, dass er das tat. Es wurde wieder ein sehr förmliches Gespräch. Den Kranken hingegen bekam er gar nicht erst zu Gesicht, worüber er weissgott nicht unglücklich war. Oscar ging bald darauf; sein Maßnahmenkatalog war erschöpft; er reiste noch am selben Tag, der nun also sein sechster war und damit einen Tag vor dem siebten, erleichtert wieder ab.