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ОглавлениеDer Krieg zwischen Venedig und dem Kaiser lockte viele berühmte Feldherren und junge Herren von Adel nach Gradisca, der die große grüne friaulische Ebene beherrschenden Festung, um die der Kampf hauptsächlich sich drehte. Während Venedig sich des berühmten Giustiniani rühmte, glänzte auf österreichischer Seite namentlich Trauttmansdorff, der seine Laufbahn in den Kriegszügen des Matthias gegen Rudolf begonnen hatte (den von Ramée hatte Erzherzog Leopold schon vor einigen Jahren geschwind und lautlos prozessieren und köpfen lassen). Neben Trauttmansdorff machten sich der Lothringer Dampierre, Marradas, Melander, besonders aber Albrecht von Waldstein oder Wallenstein bemerkbar, ein etwa dreißig Jahre alter böhmischer Edelmann, der als Vasall des nunmehrigen Königs von Böhmen Ferdinand ins Feld gezogen war. Zog Wallenstein die Scharen der Söldner an, so war er doch bei den Kameraden nicht beliebt, wenn man ihm auch zugestand, dass sein Regiment in auffallend guter Ordnung, tüchtig und leistungsfähig sei; aber er schreckte durch zurückhaltendes und hochfahrendes Wesen ab, nahm an den gemeinsamen Banketten selten teil, betrank sich niemals und schien sich überhaupt mit anderen nicht gemein machen zu wollen. Sein Reichtum ermöglichte ihm, prunkvoll gekleidet zu erscheinen und sich mit einem Tross reich ausstaffierter Diener zu umgeben. Man wusste, dass er dies Vermögen seiner Frau, einer verwitweten böhmischen Edelfrau, verdankte, die kürzlich gestorben war, ohne Kinder geboren zu haben. Sie war mehrere Jahre älter als er und nicht schön, aber leidenschaftlicher Natur und in ihren ernsthaften und tiefsinnigen Mann sehr verliebt gewesen. Das Gerücht war von ihr im Umlauf, um sich sein Herz zuzuwenden, habe sie ihre Zuflucht zu einer alten Frau genommen, die sich auf Arzneien und allerlei verborgene Künste verstanden habe, und ihm einen von derselben zusammengekochten Liebestrank eingeflößt, der aber keine Liebe, sondern eine gefährliche Krankheit in ihm erzeugt habe. Nach seiner Genesung sei er noch kälter als zuvor gegen sie gewesen, worüber jene alte Frau sehr erschrocken gewesen sei und gesagt habe, er könne kein fleischliches Herz haben, wenn es diesem Zauber unzugänglich sei. Selbst Tiere würden durch dies Mittel zur Liebesbrunst angefacht, er müsse außerhalb der Natur und mit feindlichen Geistern im Bunde stehen. Die arme Frau versuchte in frommen Übungen Trost zu finden, vermochte es aber nicht, sich der hoffnungslosen Liebe zu entreißen, und ergab sich traurig in den Tod. Zur zweiten Gemahlin wählte der junge Witwer die österreichische Gräfin Harrach, die nicht reich war, ihn aber durch ihre angesehene Familie in nahe Verbindung mit dem Erzhause brachte.
Trauttmansdorff, der den Oberbefehl hatte, war ein Mann, der sich weniger durch Feldherrngabe als durch Kühnheit und Selbstbewusstsein auszeichnete, auch durch seine heldenhafte Gestalt und seinen stolz getragenen blonden Kopf Eindruck machte. Um einen gelungenen Ausfall zu feiern, lud er eines Tages die Offiziere zu einem Gastmahl ein, das im geräumigen Schlosshof aufgerüstet wurde. Der von Mauern eingeschlossene Platz war schattig kühl; jenseit derselben sah man das blaue Meer und die rötlichen Berge in der schwirrenden Luft kochen.
Gleich beim Beginn des Essens entspann sich ein Streit, indem Trauttmansdorff die Gesundheit des Kaisers ausbrachte und sein Glas darauf leerte, welchem Beispiel alle mit Ausnahme Wallensteins folgten. Von Trauttmansdorff darüber zur Rede gestellt, antwortete Wallenstein kurz, dass er das Weintrinken bei der Hitze nicht vertragen könne, wogegen Trauttmansdorff mit Schärfe einwandte, er habe Wallenstein kürzlich trinken sehen, als das Wohl des Erzherzogs von Steiermark ausgebracht worden sei. Der Erzherzog von Steiermark sei König von Böhmen und sein Herr, entgegnete Wallenstein. Das sei nicht wahr, rief Trauttmansdorff, annoch habe Matthias die Oberherrschaft in Böhmen, wenn er auch Ferdinand schon habe krönen lassen. Und ob Wallenstein Matthias nicht als seinem Kaiser Gehorsam vor allem schulde? Indem er sich drohend von seinem Sitz erhob, fragte Wallenstein, ob Trauttmansdorff ihn der Lüge zeihen wolle und ob er behaupten wolle, er, Wallenstein, sei kein treuer Untertan des Kaisers?
Dieser gefährliche Zwist wurde durch die übrigen glücklich beigelegt, und Trauttmansdorff wie Wallenstein versicherten, dass sie weder dem Kaiser noch dem Könige von Böhmen, noch sich gegenseitig dies zum Schimpf gemeint hätten. Bald jedoch entstand ein neuer Wortwechsel, indem Trauttmansdorff die Hoffnung aussprach, der nächste Krieg werde gegen die ketzerischen Rebellen im Reich gehen; der Umstand nämlich, dass die holländischen Staaten der Republik Venedig ein Hilfsheer unter dem General Grafen Johann Ernst von Nassau gesendet hatten, in dem zahlreiche Protestanten aus dem Reiche dienten, wurde als eine ungebührliche Herausforderung aufgefasst und hatte eine gereizte Stimmung im österreichischen Heer erzeugt. Dagegen sagte Wallenstein in einer Art, als ob seine Meinung besser begründet sei als die der anderen, es werde zunächst gegen die Türken gehen, erst wenn diese gänzlich niedergeworfen wären, könne die Ordnung im Reich hergestellt werden. Trauttmansdorff war Mitglied einer kürzlich gegründeten hochadeligen Gesellschaft, deren Ziel ausdrücklich die Bekämpfung der Heiden war, von der man aber wusste oder mutmaßte, dass sie gegen die Evangelischen gerichtet und zunächst zur Unterstützung des Königs von Polen gegen Schweden bestimmt sei. Wallenstein scheine gründlich unterrichtet zu sein, sagte Trauttmansdorff spöttisch; er hätte selbst den Türken gegenübergestanden und wisse, dass sie nicht sonderlich mehr zu fürchten wären; einstweilen hätte man mit ihnen aufgeräumt. »Die Türken sind so mächtig wie je«, sagte Wallenstein mit kühler Bestimmtheit, »und solange die Türken in Europa sind, wird niemals ein sicheres Gleichgewicht bei den christlichen Staaten herrschen.« Ob er eine Weltmonarchie gründen wolle? fragte Trauttmansdorff höhnisch. Das komme wohl aus seinem Blute, denn so viel er wisse, sei Attila ein Böhme gewesen.
Noch einmal legten sich die Offiziere zwischen die Streitenden mit dem Vorschlag, die Würfel sollten entscheiden, wer recht habe. Unter lautem Jubel tat Trauttmansdorff den höchsten Wurf, womit es für bewiesen galt, dass der nächste Krieg gegen die Ketzer gehen werde. Als dann der Würfelbecher unter allen umging, und zwar unter der Abmachung, dass der Sieger im Spiel den nächsten großen Sieg davontragen solle, gewann es Trauttmansdorff wieder mit der größten Zahl. Ein paar von den bedienenden Mädchen brachen Zweige von den Lorbeerbäumen, die an der Mauer wuchsen, banden sie zusammen und setzten den Kranz auf seinen blonden Kopf; sein schon erhitztes Gesicht wurde noch dunkler rot, er umfasste die Mädchen, küsste sie, zog sie auf seine Knie und erwiderte das Zutrinken der übrigen. Wallenstein setzte sein Glas an die Lippen, dann stand er auf und entfernte sich, indem er sich mit der Hitze entschuldigte. Es sei gut, dass er gegangen sei, sagte Dampierre aufatmend; seine Gegenwart lasse keine rechte Fröhlichkeit aufkommen. »Er hat etwas an sich, das mir nicht gefällt«, sagte Trauttmansdorff; »wenn er ein Kavalier ist, so hat er gewiss den Bocksfuß im Wappen.«
Drei Tage später wurde Trauttmansdorff, als er die Wälle besuchte und sich dabei zu sehr aussetzte, von einer Granate getroffen und starb einige Stunden später. Auch der venezianische Feldherr Giustiniani fiel in diesem Kriege, der auf beiden Seiten mit großer Tapferkeit, aber ohne entscheidende Ergebnisse, fast wie ein glänzendes Turnier geführt wurde. Nach wechselndem Kriegsglück kam im Herbst 1617 der Friede dadurch zustande, dass auf Khlesls Betreiben der Kaiser der Republik Venedig günstige Bedingungen zugestand, anstatt Ferdinands Interessen, wie dieser gewünscht hätte, bis zum äußersten zu vertreten.