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ОглавлениеIm Spätherbste des Jahres 1581 fand in dem niederländischen Orte Vaux das Begräbnis des Maximilian von Longueval, Grafen von Buquoy statt, der bei der Belagerung von Tournay an der Seite des Gouverneurs der Niederlande, Alexander Farnese, Herzogs von Parma, gefallen war. Von dem Fenster eines vornehmen Hauses sah sein zehnjähriger Sohn Karl Bonaventura den festlich trauernden Zug durch die enge Straße marschieren: voran schritt das Regiment des Grafen mit der florverhüllten Fahne, dann folgte der von Rittern getragene, von einem schwarzen Tuch verhängte Sarg, auf welchem sein Wappen, seine Orden und Ehrenzeichen lagen, dann sein mit schwarzem, nickendem Federbusch gekröntes Leibroß und die von ihm im Kriege erbeuteten, entfalteten Fahnen, worauf wieder Abteilungen von Soldaten und geistliche Körperschaften folgten, denen je eine Gruppe Trompeter voranging und sie mit langsamem, starkem Blasen ankündigten. Nachdem die Zeremonien vorüber waren, begrüßte Alexander Farnese die Witwe seines verstorbenen Freundes und erkundigte sich nach den Plänen für die Zukunft ihres einzigen Sohnes. Der herbeigerufene Knabe, der stumm mit heißen Backen und großen Augen auf die Straße gestaunt hatte, nahm tief aufatmend das Wort und sagte, dies sei ein herrlicher Tag gewesen; er wolle werden, was sein Vater gewesen sei, damit er einst mit ebensolcher Pracht zur Erde bestattet werde. Bei sich dachte der Kleine, er werde es vielleicht dahin bringen, dass auf seinem Sarge der Orden des Goldenen Vlieses, des höchsten in der Christenheit, liegen werde, der seinem Vater noch fehlte. Dem Herzog von Parma gefiel der freimütige Ehrgeiz des jungen Buquoy, und er begünstigte ihn, solange er noch lebte; sobald es anging, rückte der Jüngling in die Würden seines verstorbenen Vaters ein und erwarb sich im spanischen Kriege gegen Holland neue. Diesen berühmten Offizier wünschte Matthias, sobald er Kaiser geworden war, in seinen Dienst zu bringen, und gewann auch dazu die Einwilligung des Königs von Spanien sowie seines Bruders, des Erzherzogs Albert, der inzwischen als Gemahl der Tochter Philipps II., Isabella, Gouverneur der spanischen Niederlande geworden war. Buquoy selbst jedoch hatte keine Lust dazu; denn nachdem er im Jahre 1612 das Goldene Vlies erhalten hatte, war sein Ehrgeiz im wesentlichen befriedigt, abgesehen davon, dass die als kaiserlicher Feldmarschall bei den Kämpfen im Reiche etwa zu erringenden Lorbeeren ihm mit den seinigen verglichen etwas windig vorkamen. Wien samt der Hofburg und dem Kaiser machte ihm, wenn er an Brüssel dachte, einen zurückgebliebenen Eindruck: da war keine Aristokratie, denn die evangelischen Adligen zählte er nicht, sondern alles in allem ein knauseriges, bürgerliches Wesen. Indessen da die böhmische Revolution ausbrach, konnte er sich dem vereinten Drängen des Kaisers, des Königs von Spanien und des Erzherzogs Albert nicht mehr widersetzen und tröstete sich mit der Versicherung des letzteren, er werde die böhmischen Ratten bald abgefangen und ausgeschwefelt haben und könne dann reich belohnt zu Heimat und Familie zurückkehren, ließ sich auch den Titel eines kaiserlichen Rattenjägers, den ihm die Kameraden scherzweise anhängten, mit guter Miene gefallen.
Auch am Wiener Hofe hörte er mit Geringschätzung von dem böhmischen Krawall sprechen, freilich auch mit Erbitterung im Kreise der Anhänger Ferdinands, während der Kaiser sich dahin äußerte, es handle sich nur darum, den Böhmen einen Ernst zu zeigen oder etwa eine kleine Niederlage beizubringen, damit sie sich zu einem anständigen Frieden bequemten. Da er nun nicht mehr ausweichen konnte, verkaufte Buquoy wenigstens seine Dienste teuer, nämlich er verlangte 2000 Gulden Gehalt für den Monat, außerdem eine Entschädigung von 13.000 Gulden im Jahre und endlich, beim Abschlusse des Vertrages, ein Geschenk von 6000 Brabanter Kronen. Freigebig wurden ihm dazu noch Aussichten auf liegende Güter in Böhmen gemacht, welche man den besiegten Rebellen abnehmen würde; denn man hoffte ihn durch großen Gutsbesitz an den Dienst des Kaisers zu fesseln.
Zuversichtlich, aber weniger fröhlich als in seinen Jugendtagen zog Buquoy dem Kriegsschauplatze zu, von wo bald lauter böse Nachrichten einliefen. Er befinde in Böhmen alles anders, als man ihm ausgemalt habe, schrieb er unmutig und niedergeschlagen an den Kaiser; die Böhmen seien keineswegs so untüchtig in der Kriegführung und zusammengelaufene Haufen, als welche man sie in Wien habe darstellen wollen, sondern kämpften grimmig, sodass er ihnen nicht habe beikommen können. Für ein Gut in diesem Lande bedanke er sich, denn es liege ihm nichts daran, sich zwischen einer Herde von Wölfen seines Lebens zu wehren.
Durch ein geschicktes Zusammenwirken mit dem Obersten Dampierre hätte Buquoy sich wohl eher helfen können; allein diese beiden konnten sich durchaus nicht vertragen, da Dampierre sich dem Buquoy nicht unterordnen wollte und dieser jenen als einen rohen Menschen ohne adlige Sitte verachtete, und außerdem, da Dampierre, als eine Kreatur Ferdinands, den Krieg keineswegs so gelinde führen wollte wie der Feldmarschall des Kaisers, dem es auf eine schleunige Versöhnung mit dem Gegner ankam.
Zu diesen bedenklichen Nachrichten aus Böhmen kam nun im November noch das Erscheinen des Kometen, um den Kaiser zu ängstigen, der sich ohnehin, seit ihm Khlesl so unverhofft von der Seite gerissen war, trübseligen Befürchtungen hingab. Die Ärzte verordneten ihm, um seine Lebenskraft anzuspornen, bald eine Luftveränderung, bald ließen sie ihn purgieren, aber es blieb beim alten, nicht einmal das dünne Süpplein, das er durch ein Rohr einsog, schmeckte ihm mehr. Zuerst verschaffte es ihm eine gewisse Erleichterung, als im Dezember die fettleibige Kaiserin plötzlich starb; denn nun schien sich die Drohung des Kometen auf sie bezogen zu haben; aber andererseits vermisste er ihr freundliches, unterhaltliches Wesen und verging vor Kummer und Langerweile in den Stunden, wo er sonst mit ihr beim Brettspiel gesessen hatte. Auch verschwand der unheilvolle prophetische Finger nicht vom Himmel, sondern wies unverwandt auf ihn, das weltliche Haupt der Christenheit, als welcher mitsamt seinen verübten Freveln vom Erdboden hinweg müsse, vielleicht durch eine Sündflut sondergleichen weggeschwemmt.