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Es be­fand sich da­mals ein Ab­ge­sand­ter der hol­län­di­schen Staa­ten in Prag, ein ru­hi­ger, be­däch­ti­ger Mann, der, so be­hag­lich man auch mit ihm plau­dern konn­te, über die po­li­ti­schen Fra­gen sich nie recht aus­ließ, und selbst bei Ban­ket­ten, wo ein je­der sich auf­knöpf­te, ei­ner Schne­cke gleich, die die Füh­ler ein­zieht, vor­sich­tig in sich zu­rück­kroch, wenn man ihn aus­ho­len woll­te.

»Wenn Ihr, mei­ne Her­ren, be­trach­tet und nach­ahmt, was wir ge­tan ha­ben«, sag­te er ein­mal, »so kann es Euch ge­wiss nicht feh­len. Wir ha­ben vier­zig Jah­re lang wie ein Wall vor un­serm Hau­se ge­stan­den, und wenn ei­ner ge­fal­len ist, ist ein an­de­rer in die Lücke ge­tre­ten. Freun­de ha­ben wir nicht ge­habt als das Meer, das wir wie einen Lö­wen mit Blut sät­tig­ten und das uns un­se­re Fein­de ver­schlin­gen half. Wir führ­ten in ei­ner Hand das Ru­der, in der an­de­ren das Schwert, wa­ren Kriegs­leu­te und Han­dels­leu­te zu­gleich, lie­ßen uns Bett­ler und Krä­mer schel­ten und sind frei und reich da­bei ge­wor­den.«

Ja, sag­ten die böh­mi­schen Her­ren, ihre Lage sei nicht so güns­tig, sie wä­ren kein Meer­volk, könn­ten auch zu kei­ner Ein­tracht kom­men, weil bei der lan­gen habs­bur­gi­schen Herr­schaft deut­sche und böh­mi­sche Na­ti­on, ka­tho­li­scher und hus­si­ti­scher Glau­be ne­ben­ein­an­der auf­ge­gan­gen sei. Die Städ­te wä­ren selbst­süch­tig und ei­fer­süch­tig, woll­ten für die ge­mei­ne Frei­heit nichts tun und nichts ge­ben, die Söld­ner wä­ren ein hab­gie­ri­ges, ehr­lo­ses Volk, das sich ohne Geld nicht rühr­te. Man soll­te zah­len und zah­len und könn­te sich doch nicht selbst zu­grun­de rich­ten.

Ob sie denn ihre Un­ter­ta­nen nicht be­waff­ne­ten? frag­te der Ge­sand­te. Ja, wer denn in­zwi­schen ihre Gü­ter be­stel­len soll­te? war die Ant­wort. Frei­lich lie­ße hie und da ei­ner sei­ne Bau­ern zu Feld zie­hen, aber im gan­zen sei es nicht ge­ra­ten, ih­nen Waf­fen in die Hand zu ge­ben, die sie leicht ge­gen den ei­ge­nen Herrn ge­brau­chen könn­ten. Den Bau­ern gehe es zu gut, dar­um woll­ten sie hö­her hin­aus und zö­gen sich gern hin­ter den Kai­ser, um un­ter sei­nem Schut­ze sich ih­ren Fron­den zu ent­zie­hen. Der Kai­ser drang­sa­lie­re zwar sei­ne ei­ge­nen Bau­ern wie ei­ner, bei den frem­den aber spie­le er den Schutz­herrn; dar­um sei es eine be­währ­te Er­fah­rung, dass man mit den Bau­ern nicht ge­gen den Kai­ser zie­hen kön­ne.

Nun, sag­te der Ge­sand­te, der den Auf­trag hat­te, die Böh­men auf alle Fäl­le bei der Kriegs­lust zu er­hal­ten, die hoch­mö­gen­den Her­ren be­fän­den sich zwar au­gen­blick­lich im Frie­den mit Spa­ni­en und könn­ten sich nicht ge­ra­de­zu ge­gen den Kai­ser ein­las­sen, aber das Evan­ge­li­um lie­ßen sie doch nicht im Stich, wenn es an­gin­ge, und wä­ren gott­lob im­stan­de, die gute Sa­che mit Geld zu un­ter­stüt­zen, wenn sie gu­ten Wil­len und Aus­dau­er sä­hen.

Auf die­se Ver­trös­tung des geld­mäch­ti­gen Hol­lands ta­ten sich die Böh­men viel zu­gu­te, doch un­ter­lie­ßen sie nicht, sich auch nach an­de­rer, tat­kräf­ti­ge­rer Un­ter­stüt­zung um­zu­se­hen, die sie haupt­säch­lich in ei­nem ge­eig­ne­ten Kö­nig zu fin­den hoff­ten. Ein Kö­nig, der Geld und Kre­dit hät­te, mein­ten sie, wür­de ih­nen mehr nüt­zen als scha­den, vor­aus­ge­setzt, dass sie sei­ne Rech­te in ei­nem der Krö­nung vor­auf­ge­hen­den Ver­tra­ge tun­lichst ein­schränk­ten. Die meis­ten von ih­nen hiel­ten eine ari­sto­kra­ti­sche Re­pu­blik mit mon­ar­chi­scher Spit­ze für die bes­te Staats­form, da na­ment­lich in Kriegs­zei­ten eine ein­heit­li­che Lei­tung vor­teil­haft sei. Wel­cher Fürst für das Amt in Be­tracht kom­me, dar­über gin­gen na­tür­li­cher­wei­se die An­sich­ten aus­ein­an­der. Graf Thurn und Graf Schlick, wel­che Luthe­ra­ner und deut­scher Ab­kunft wa­ren, stimm­ten für den Kur­fürs­ten von Sach­sen, weil er ei­ner der mäch­tigs­ten evan­ge­li­schen Fürs­ten und ihr Nach­bar sei, vor al­lem aber, weil er mit dem Kai­ser gut ste­he und der­sel­be sich nicht leicht mit ihm ver­fein­den wür­de. Die Kal­vi­ner da­ge­gen, die bei Wei­tem in der Mehr­zahl wa­ren, woll­ten lie­ber einen Kö­nig ih­res Glau­bens und brach­ten den Kur­fürs­ten von der Pfalz in Vor­schlag, der eine weit mu­ti­ge­re und ent­schlos­se­ne­re Po­li­tik ver­fol­ge als der Sach­se und durch sei­ne Ver­wandt­schaft mit Eng­land und Schwe­den so­wie durch an­de­re gute Ver­bin­dun­gen, mit den Staa­ten, der Uni­on und der Schweiz, Nut­zen brin­gen kön­ne. Wäh­rend die­se bei­den Fürs­ten zu­nächst noch kein Zei­chen von Be­reit­wil­lig­keit ver­rie­ten, gab ein an­de­rer große Ge­neigt­heit zu ver­ste­hen: das war der Her­zog von Sa­voy­en, ein un­ru­hi­ger, nach Ver­grö­ße­rung trach­ten­der Mann, der durch die Nach­bar­schaft mit Mai­land oft in Streit mit Spa­ni­en ge­riet und als ein na­tür­li­cher Feind die­ser Macht und Ös­ter­reichs zu be­trach­ten war. Er emp­fahl sich haupt­säch­lich durch fa­bel­haf­ten Reich­tum, der ihm zu­ge­schrie­ben wur­de, und wenn er auch ka­tho­lisch war, so be­kann­te er sich doch als Feind des Paps­tes und be­haup­te­te, von Vor­ur­tei­len ge­gen An­ders­gläu­bi­ge frei zu sein.

Die pfäl­zi­schen Räte ver­nah­men von der etwa mög­li­chen Wahl ih­res Herrn auf den böh­mi­schen Thron nicht ger­ne, der doch ein we­nig all­zu un­si­cher und gleich­sam am Ran­de ei­nes Vul­ka­nes stand. Es war ein­mal nicht zu leug­nen, dass Fer­di­nand be­reits er­wähl­ter böh­mi­scher Kö­nig war, und vor­aus­zu­se­hen, dass er nicht gut­wil­lig ei­nem an­de­ren Platz ma­chen wür­de. Wur­de er Kai­ser, so war es vollends eine hei­ke­le Sa­che für einen Reichs­fürs­ten, sei­nem Ober­haupt im of­fe­nen Krieg ent­ge­gen­zu­tre­ten, und ver­lor er leicht sei­ne Bun­des­ge­nos­sen im Rei­che. Nun hat­ten frei­lich nicht nur Pfalz, son­dern auch an­de­re an­sehn­li­che Reichs­fürs­ten längst be­schlos­sen, dies­mal die Kai­ser­kro­ne vom Hau­se Habs­burg ab­zu­wen­den; al­lein noch hat­te man sich nicht auf einen an­de­ren Kan­di­da­ten ge­ei­nigt, ge­schwei­ge denn, dass ein sol­cher ge­won­nen wäre. Da von ei­nem evan­ge­li­schen Kai­ser doch ab­ge­se­hen wer­den muss­te, die Kal­vi­ner sich einen lu­the­ri­schen auch nicht ein­mal ge­wünscht hät­ten, ziel­te die pfäl­zi­sche Po­li­tik noch im­mer auf den wit­tels­ba­chi­schen Vet­ter, den Her­zog von Bay­ern, ab, und der Rat Ca­me­ra­ri­us reis­te ei­gens nach Mün­chen, um die Stim­mung des ver­schlos­se­nen und vor­sich­ti­gen Herrn zu er­for­schen. Jo­cher, des Her­zogs er­fah­rens­ter Rat, mit dem Ca­me­ra­ri­us ver­han­deln muss­te, wuss­te ge­nau, dass sein Herr auf den An­trag der Evan­ge­li­schen nicht ein­ge­hen wür­de; sei­ne Auf­ga­be be­stand nur dar­in, ihre et­wai­gen ge­hei­men An­schlä­ge in Er­fah­rung zu brin­gen und, wenn mög­lich, einen Vor­teil für den Her­zog her­aus­zu­pres­sen, also zwar nicht an­zu­neh­men, sich aber den Ab­schlag auch nicht gleich her­aus­wi­schen zu las­sen.

Ver­trau­lich er­zähl­te Jo­cher, wie schon im ver­gan­ge­nen Jah­re Fer­di­nand ihn um Hil­fe an­ge­gan­gen und ihm Ober­ös­ter­reich habe ver­pfän­den wol­len, das ih­nen sei­ner Lage we­gen na­tür­lich an­ste­hen wür­de. Sie hät­ten sich aber dar­über noch nicht ver­neh­men las­sen, denn es kau­fe nie­mand ein Pferd, das ihm von selbst in den Stall lie­fe. Auch ohne das wür­de der Her­zog sich je­den­falls gründ­lich be­den­ken, ob es rät­lich für ihn sei, die Macht Ös­ter­reichs zu stär­ken; denn er sei doch auch ein Reichs­fürst, und die fürst­li­che Li­ber­tät, die durch Ös­ter­reich und Spa­ni­en ge­fähr­det wür­de, lie­ge ihm wie je­dem gu­ten Deut­schen am Her­zen.

Hieran knüpf­te Ca­me­ra­ri­us, zähl­te die Schä­den auf, die der habs­bur­gi­sche Do­mi­nat dem Rei­che ge­bracht habe, und mahn­te, was für eine hohe Auf­ga­be es sei, und nur von ei­nem klu­gen und mäch­ti­gen Fürs­ten wie Ma­xi­mi­li­an zu er­fül­len, die alte Kaiser­herr­lich­keit wie­der her­zu­stel­len.

Ja, sag­te Jo­cher la­chend, Kai­ser und Reich stän­den nicht gut in ei­nem Ofen, wo eins auf­ge­he, schrump­fe das an­de­re zu­sam­men. Bei je­der neu­en Wahl wer­de ein Stein aus der Kai­ser­kro­ne ge­nom­men und da­für ein Dorn ein­ge­setzt, und so sei schon eine Dor­nen­kro­ne dar­aus ge­wor­den, die einen doch nicht zum Hei­li­gen ma­che, ob­schon sein Herr eine ge­wis­se An­la­ge dazu habe. Auch Ca­me­ra­ri­us lach­te und frag­te, was für ein Herr der Her­zog im täg­li­chen Um­gan­ge sei? Ob er wirk­lich ein hä­re­nes Hemd trü­ge und sich gei­ßel­te, wie vie­le er­zähl­ten? Ob es in ganz Mün­chen so streng und ehr­bar zu­ge­he wie am Hofe? Ob der Her­zog wirk­lich nie mit Wei­bern zu tun hät­te?

Jo­cher zog die Au­gen­brau­en hoch und war au­gen­schein­lich von Ehr­furcht durch­drun­gen. »Nichts der­glei­chen«, sag­te er; »der Mann wür­de ganz Bay­ern zu ei­nem Klos­ter ma­chen, wenn er Au­gen und Hän­de al­ler­or­ten hät­te. Aber Gott hat den Men­schen aus Fleisch ge­macht, das den Keim des Ver­der­bens und der Fäul­nis in sich trägt, und darf es nicht ans Licht, so wu­chert es im ver­bor­gnen.« Las­ter und Ver­gnü­gen sei­en schwer zu tren­nen, und es sei­en un­ter den Be­am­ten vie­le, die sag­ten, wenn des Her­zogs Ver­gnü­gen die Ar­beit sei, so kön­ne er das doch nicht von je­dem vor­aus­set­zen und ver­lan­gen, be­son­ders da es ih­nen nicht zu­gu­te kom­me. Zu­wei­len füh­re er der Ge­sund­heit we­gen aufs Land, und bei Fest­lich­kei­ten wol­le er, dass es hoch her­gin­ge, aber das Lus­tig­s­ein zäh­le er her­un­ter wie einen Ro­sen­kranz oder säge es weg wie einen Klaf­ter Holz.

Ca­me­ra­ri­us sag­te, ihm ge­fie­len die Men­schen nicht, de­nen das Herz nicht ein­mal über­lau­fe. Für das Re­gi­ment möch­te es frei­lich nütz­lich sein und bes­ser tau­gen als die Na­tur sei­nes jun­gen Herrn, der we­der zur Ar­beit noch zum Ver­gnü­gen die rech­te Lust habe. Es sei im­mer, als ob er nur spie­le oder noch nicht recht auf­ge­wacht sei, und doch schlie­fe er bis in den hel­len Tag. Üb­ri­gens sei er lieb und gut, trü­be kein Was­ser und neh­me gu­ten Rat an.

Jo­cher mein­te, er sei ja auch noch jung, oft müss­ten die Jah­re den Or­ga­nis­mus erst ein we­nig schüt­teln, da­mit al­les an sei­nen Platz käme.

Das wäre zu wün­schen, rief Ca­me­ra­ri­us; den fei­nen Ver­stand der Mut­ter hät­te er, aber die Säf­te wä­ren trä­ge, so wäre ge­wis­ser­ma­ßen ein gu­tes Mühl­rad da, dem der Um­schwung feh­le, so­dass das Korn un­ge­mah­len blie­be. Zu­wei­len lit­te er auch an Me­lan­cho­lie, lie­ße sich aber leicht, na­ment­lich durch das Söhn­lein, zer­streu­en.

Auch sein Her­zog sei me­lan­cho­lisch, sag­te Jo­cher, es habe aber nichts auf sich, son­dern sei ihm an­ge­bo­ren, wie ei­ner etwa dun­kel­far­bi­ger als an­de­re auf die Welt kom­me. Ei­gent­lich la­chen kön­ne er nicht, das gebe ihm aber ge­ra­de et­was He­ro­i­sches. Al­les in al­lem sei er ein großer Fürst, und kei­ner im Reich sei ihm zu ver­glei­chen.

Da­rum eben, sag­te Ca­me­ra­ri­us, schei­ne er zum Kai­ser be­stimmt zu sein. Wa­rum er denn die große Auf­ga­be nicht er­grei­fen wol­le, für die Gott ihn ge­schaf­fen habe? Er sei der ein­zi­ge ka­tho­li­sche Fürst, für den die Stim­men der Evan­ge­li­schen zu ge­win­nen sein wür­den. Und wie denn Jo­cher glau­be dass er sei­ner­seits sich zu den Evan­ge­li­schen stel­len wür­de?

Jo­cher zuck­te die Ach­seln. Die Ge­set­ze wür­de der Her­zog re­spek­tie­ren, sag­te er. Aber da er Ge­setz und Ord­nung lie­be, wür­de er kaum das Re­gi­ment in ei­nem Reich zwie­späl­ti­gen Glau­bens über­neh­men. Viel­fäl­ti­ge Er­fah­rung leh­re, dass da­bei kei­ne Ord­nung mög­lich sei, schon we­gen der geist­li­chen Fürs­ten­tü­mer. Ob die Kir­che sich je­mals gut­wil­lig ihre Ein­künf­te wür­de ent­zie­hen las­sen?

Der Kno­ten wäre leicht zu lö­sen, mein­te Ca­me­ra­ri­us, wenn alle pro­tes­tan­tisch wä­ren. Dann gäbe es kei­ne geist­li­chen Fürs­ten­tü­mer mehr, je­der Fürst sei un­ab­hän­gig vom Paps­te, Herr im ei­ge­nen Lan­de, und zwi­schen Fürst und Kai­ser herr­sche kein Miss­trau­en mehr.

Jo­cher wand sich vor La­chen in sei­nem Stuh­le. In den ka­tho­li­schen Län­dern, sag­te er, herr­sche nun ein­mal mehr Ge­hor­sam, das sei er­wie­sen. Wo das hin­aus wol­le, wenn zu­letzt ein je­der sei­ne ei­ge­ne Mei­nung hät­te? Es sei viel bes­ser und ein­fa­cher, wenn alle Evan­ge­li­schen zur al­ten Kir­che zu­rück­kehr­ten, der Weg zum Stal­le zu­rück sei im­mer leich­ter als hin­aus. Ob Pfalz nicht den An­fang ma­chen wol­le?

Ent­rüs­tet sprang Ca­me­ra­ri­us auf und rief aus, da kön­ne eher der Rhein zu­rück- und in den Main flie­ßen. Wer ein­mal die Frei­heit ge­schmeckt habe, be­ge­be sich nicht frei­wil­lig wie­der in die Dienst­bar­keit.

Ach, sag­te Jo­cher, das sei eine ge­schwol­le­ne Rede. Es sei doch im Grun­de ei­ner­lei, ob man die­sen oder je­nen Ka­te­chis­mus1 aus­wen­dig ler­ne. Ein ge­schei­ter Mann den­ke sich da­bei, was er wol­le, und in­zwi­schen wer­de der Pö­bel im Zaum ge­hal­ten.

»So ge­müt­lich neh­men wir es nicht«, sag­te Ca­me­ra­ri­us ru­hi­ger. »Wenn es sich tun lie­ße, wäre ich für mei­ne Per­son es zu­frie­den; aber es lässt sich nicht tun. Ich fürch­te nur, dass wir über die­sem Strei­ten alle in die Ser­vi­tut Spa­ni­ens ge­ra­ten.«

»Wir nicht«, sag­te Jo­cher breit­spu­rig; sein Her­zog hiel­te die Au­gen of­fen. Und wenn er Kai­ser wür­de, täte er es ge­wiss, um Spa­ni­en einen Pos­sen zu spie­len.

Im Grun­de war es den pfäl­zi­schen Rä­ten recht, dass das Pro­jekt an Ma­xi­mi­lians Ab­nei­gung schei­ter­te, wenn auch frei­lich kein an­de­rer Kan­di­dat vor­han­den war, zu dem man mehr Ver­trau­en ha­ben konn­te; denn die Be­wer­bung des Her­zogs von Sa­voy­en war vollends eine ver­fäng­li­che Sa­che. Als de­ren Ver­fech­ter er­schi­en Graf Mans­feld, vom Tu­ri­ner Hofe kom­mend, mit ei­nem gründ­li­chen Me­mo­ri­al, in wel­chem aus­ge­führt war, dass das Haus von Sa­voy­en von dem alt­deut­schen Hel­den und Fürs­ten Wit­te­kind ab­stam­me, pu­res, lau­te­res deut­sches Blut füh­re und we­gen die­ser Stamm­ver­wandt­schaft wohl zur Kai­ser­wür­de im Deut­schen Rei­che be­ru­fen sei; wie er den Ka­tho­li­schen von Haus aus ge­fäl­lig, auch den Pro­tes­tan­ten we­gen sei­ner Feind­schaft mit den Je­sui­ten wert sein müs­se, dass er glück­lich im Krie­ge sei und viel Geld habe.

»Ich mei­ne«, sag­te Chris­ti­an von An­halt, nach­dem das Me­mo­ri­al vor­ge­tra­gen wor­den war, »wir könn­ten schließ­lich auch den Mo­gul von Per­si­en zum deut­schen Kai­ser ma­chen. Mir soll­te es recht sein, wenn es der Re­li­gi­on und der Frei­heit zu­nut­ze wäre.« Graf Solms sag­te, ein Kai­ser deut­scher Na­ti­on müs­se von deut­schem Blu­te sein, und der Her­zog von Sa­voy­en sei trotz Wit­te­kind ein Wel­scher, so gut wie die Habs­bur­ger Spa­nier wä­ren. Ca­me­ra­ri­us sag­te auf Be­fra­gen, er hal­te nicht da­für, dass der Her­zog von Sa­voy­en bei der Wahl durch­zu­brin­gen sei. Er wer­de den Kur­fürs­ten im All­ge­mei­nen fremd und ab­son­der­lich vor­kom­men. Mans­feld ent­geg­ne­te är­ger­lich, der Her­zog sei reich ge­nug, um sich den Kur­fürs­ten ver­traut zu ma­chen. Mit Geld, ei­nem Schwert und fes­tem Wil­len lie­ße sich leicht ein deut­scher Kai­ser ma­chen. Frei­lich müs­se man wol­len und die Be­denk­lich­keit fal­len las­sen. Die Sa­che blieb aber gleich dar­an hän­gen, dass der Her­zog ein Land im Rei­che zu be­sit­zen wünsch­te, um et­was Si­che­res un­ter den Fü­ßen zu ha­ben, und dies mit äu­ßers­ter Vor­sicht er­wo­gen wer­den muss­te. Man fand, es sei bes­ser, dem Her­zog zwar nicht alle Aus­sicht ab­zu­schnei­den, aber auch nichts Bin­den­des von sich zu ge­ben, son­dern ihn mit Ver­hand­lun­gen hin­zu­hal­ten. Wenn man ihn da­hin brin­gen könn­te, die gute Sa­che nur mit Geld zu un­ter­stüt­zen, so wäre das vor­zu­zie­hen. Dem­ge­mäß wur­de wie­der eine Ge­sandt­schaft an den Hof von Tu­rin ab­ge­ord­net mit dem Auf­tra­ge, den Her­zog bei gu­ter Ge­sin­nung zu er­hal­ten, ohne aber sei­nem Ehr­geiz eine Brücke ins Reich zu schla­gen.

1 Der Ka­te­chis­mus, Hand­buch der Un­ter­wei­sung in den Grund­fra­gen des christ­li­chen Glau­bens. <<<

Der Dreißigjährige Krieg

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