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II. Parteifähigkeit des Beschwerdeführers

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Der von jedem Vertragsstaat zu gewährleistende persönliche Schutzbereich der durch die EMRK verbürgten Menschenrechte erstreckt sich auf alle natürlichen oder juristischen Personen, nichtstaatlichen Organisationen (NGO)[49] oder Personenvereinigungen/-gruppen, die – wenigstens zum Zeitpunkt der behaupteten Verletzung – seiner Herrschaftsgewalt unterstehen, also nicht nur auf eigene Staatsangehörige sondern auch auf Ausländer und Staatenlose (Art. 1 EMRK). Der Gerichtshof kann daher von jeder Person (unabhängig vom Alter[50] oder ihrer Geschäftsfähigkeit[51]), die der Hoheitsgewalt des Staates unterliegt, gegen den sich die Beschwerde richtet, im Wege der Individualbeschwerde angerufen werden (Art. 34 EMRK).

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Einschränkungen des persönlichen Schutzgehaltes der EMRK ergeben sich allerdings mittelbar aus den einzelnen durch die Konvention garantierten Freiheitsrechten – soweit diese nur einen begrenzten Personenkreis schützen – sowie aus den Grundsätzen zur Beschwerdebefugnis (Rn. 116 ff). Ob auch der Nasciturus parteifähig ist, hängt davon ab, ob man ihn als Träger des Rechts auf Leben (Art. 2 EMRK) ansieht.[52] Die Parteifähigkeit endet mit dem Tod des Bf., wobei die Beschwerde aber von den Erben oder nahen Verwandten fortgesetzt werden kann, wenn insoweit ein berechtigtes Interesse besteht oder die Beschwerde allgemeine Bedeutung hat (s. noch Rn. 142 ff).[53]

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Auch Personengruppen sind parteifähig. Sie sind in der Regel nicht organisierte, meist gemeinsame Interessen verfolgende Gruppierungen ohne eigene Rechtsfähigkeit. Bei ihrer Parteifähigkeit geht es letztlich vielmehr um die Tatsache, dass eine Gruppe von Personen, die vom selben konventionswidrigen Sachverhalt betroffen sind, eine Sammelklage einreichen bzw. die Beschwerden bündeln kann.[54]

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Nichtstaatliche Organisationen und Personengruppen[55] können die Verletzung eines in der Konvention niedergelegten Rechtes geltend machen, wenn und solange[56] dieses Recht seinem Wesen nach auf sie anwendbar ist.[57] Nach dieser Maßgabe parteifähig sind juristische Personen des Privatrechts (Verein, AG, GmbH) und Personengesellschaften (OHG, KG), unabhängig von ihrer inneren Organisation oder ihrem Sitz.[58] Auch privatrechtlich organisierte Kirchen sind „nichtstaatliche Organisationen“.[59]

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Auf die Rechtsfähigkeit nach nationalem Recht kommt es nicht an;[60] selbst nach der Auflösung bleiben diese nichtstaatlichen Organisationen parteifähig,[61] da sonst die Vertragsstaaten die Beschwerdeberechtigung beeinflussen könnten.

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Nicht parteifähig sind dagegen alle staatlichen Stellen, Organisationen, (Gebiets-)Körperschaften, Anstalten, sonstige hoheitlich Tätige (Beliehene) sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, auch wenn sie in privatrechtlichen Organisations- und Handlungsformen agieren.[62] Entscheidendes Kriterium ist dabei, ob die in Frage stehende Organisation öffentliche Gewalt ausübt. Das sei insb. dann der Fall, wenn sie den Bedürfnissen der örtlichen Bevölkerung Rechnung tragen soll, die Mitglieder durch allgemeine Wahlen bestellt werden und sie sich aus dem allgemeinen Haushalt durch Zuweisungen finanziert. Bestimmte Befugnisse einer Organisation sprechen für ihren öffentlich-rechtlichen Charakter, etwa das Recht, Enteignungen vorzunehmen, Verordnungen zu erlassen oder Verstöße gegen Normen zu sanktionieren.[63]

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Ausnahmen bestehen für solche Einrichtungen, die dem Staat zwar organisatorisch zugeordnet sind, aber diesem in einem bestimmten grundrechtlich geschützten Bereich, dessen Verwirklichung sie dienen, wie Private gegenüber stehen, wie etwa Rundfunkanstalten, Kirchen oder Universitäten,[64] nicht aber dagegen Gemeinden.[65] Strafprozessual relevant kann diese Frage insbesondere bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten (Redaktionen, Rundfunkanstalten) und der Beschlagnahme von Gegenständen werden.

Teil 1 Europäischer Gerichtshof für MenschenrechteB. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde › III. Prozess-/Verfahrensfähigkeit des Beschwerdeführers

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