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b) Horizontale Erschöpfung

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Zur Erschöpfung des nationalen Rechtsschutzes gehört ferner, dass der Bf. – ebenfalls unter Beachtung der nationalen Form-, Frist- und Präklusionsvorschriften – den Rechtsgrund des behaupteten Konventionsverstoßes gegenüber den nationalen Kontrollinstanzen sinngemäß, d.h. der Sache nach geltend macht und das nationale Verfahren sachdienlich betreibt (horizontale Erschöpfung). Die Rügen, mit denen später der Gerichtshof befasst werden soll, müssen zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Anrufung der zuständigen innerstaatlichen Gerichte gewesen sein.[160] Nicht erforderlich ist eine unmittelbare Bezugnahme auf die EMRK oder gar die Subsumtion des Sachverhaltes unter die einschlägige Vorschrift der EMRK, sie ist jedoch zweckmäßig, weil es den Nachweis erleichtert, dass der Rechtsbehelf der Sache nach auch die Verletzung eines in der Konvention geschützten Rechtes betraf.[161] Die Berufung auf ein in seinem Schutzumfang mit dem Konventionsrecht übereinstimmendes innerstaatliches Recht genügt aber grundsätzlich.[162]

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Beschwerden, mit denen der Gerichtshof später befasst werden soll, müssen auf nationaler Ebene stets in gehöriger Weise, d.h. unter Einhaltung der im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Form- und Fristerfordernisse bei den zuständigen staatlichen Stellen vorgebracht werden.[163] Dabei hat der Bf. sämtliche im nationalen Recht für die Einlegung des Rechtsbehelfs erforderlichen (zumutbaren) Bedingungen zu erfüllen (z.B. Leistung eines Vorschusses für die Verfahrenskosten[164]). Auf eine reine Wiederholung seiner Rügen darf sich der Betroffene nicht beschränken, sondern muss diese dem Prüfungsmaßstab von Rechtsbehelfen anpassen; vor dem BVerfG sind spezifisch verfassungsrechtliche Ausführungen erforderlich („specific constitutional law arguments“).[165]

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Der Rechtsbehelf muss ernsthaft unter Angabe aller ihn tragenden Gründe[166] verfolgt werden. Eine Haftbeschwerde, die nur formell erhoben, materiell aber nicht begründet wird, hat der EGMR als zur Erschöpfung des Rechtswegs nicht ausreichend angesehen.[167]

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Wird ein nationaler Rechtsbehelf wegen eines Verstoßes gegen eine Form-, Frist- oder sonstige Verfahrensvorschrift als unzulässig verworfen, so bewertet der EGMR dies als eine Nichterschöpfung des nationalen Rechtswegs, es sei denn, dass die Zurückweisung des nationalen Rechtsbehelfs willkürlich bzw. ihrerseits konventionswidrig erscheint[168] oder die nationale Stelle trotz des Zulässigkeitsmangels – zumindest teilweise – eine Prüfung in der Sache vorgenommen hat (examined the substance of the appeal)[169].

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Aus deutscher Sicht bemerkenswert ist, dass der EGMR im Urteil Uhl die Anforderungen an die inhaltliche Substantiierung einer Verfassungsbeschwerde als zu hoch eingestuft hat (§ 93a BVerfGG).[170] Zur Anhörungsrüge Rn. 152.

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Hinweis

Der EGMR kann bei der Entscheidung über die Begründetheit einer Beschwerde zusätzliche Informationen und (auch) ein neues Vorbringen berücksichtigen (additional information and fresh arguments), wenn er dieses für entscheidungserheblich erachtet. Dazu zählen sowohl tatsächliche Angaben als auch rechtliche Ausführungen zu dem Sachverhalt, der den für zulässig erklärten Rügen zugrunde liegt.[171] Einen Anspruch auf Berücksichtigung eines nachträglichen Vorbringens hat der Bf. freilich nicht, kann dies jedoch gegenüber der Kammer anregen, indem er dessen Entscheidungserheblichkeit näher darlegt.

Das nachträgliche Vorbringen völlig neuer Sachverhaltsmerkmale (new factual elements), die in der Zulässigkeitsentscheidung keinerlei Grundlage haben, ist ausgeschlossen.[172]

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Bei einer fortdauernden oder wiederholten Verletzung ist eine wiederholte Einlegung des gleichen Rechtsbehelfs nicht notwendig, wenn dies wegen der unveränderten Umstände nur zu einer Wiederholung der bereits früher ergangenen Entscheidung führen würde. Hat sich die zugrunde liegende Situation aber verändert, ist die erneute Einlegung des Rechtsmittels zu empfehlen.[173] Der Antrag auf Haftprüfung (§ 117 StPO) bzw. die Haftbeschwerde sind bei Fortdauer der Untersuchungshaft wiederholt einzulegen; allerdings muss der Beschuldigte nicht jede die Haft verlängernde Entscheidung auf diese Weise überprüfen lassen.[174]

Internationales Strafrecht

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