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1. Allgemeine Anforderungen an Freiheitsbeschränkungen

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Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG nimmt den in Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt.[456] Gesetz in diesem Sinne können sowohl Bundes- als auch Landesgesetze sein.[457] Erforderlich ist aber ein formelles Gesetz, das Freiheitsbeschränkungen in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise regelt.[458] Ebenso wie bei Art. 103 Abs. 2 GG lässt das Bundesverfassungsgericht freilich auch im Rahmen des Art. 104 Abs. 1 GG eine Spezifizierung des Gesetzes, das die Freiheitsbeschränkung regelt, durch Blankettgesetze zu, sofern das ermächtigende Gesetz hinreichend deutlich bestimmt, welches Handeln zu einer Freiheitsbeschränkung führen kann.[459]

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Bei den Formvorschriften, deren Einhaltung Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG fordert, handelt es sich um die grundlegenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des betreffenden Gesetzes.[460] Dazu zählen etwa Antragserfordernisse, Fristen und vor allem die vorherige Anhörung des Betroffenen.[461] So gehört das in § 115 Abs. 2 StPO enthaltene Gebot, den Beschuldigten nach Ergreifung aufgrund eines Haftbefehls vernehmen zu lassen, zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien i.S.d. Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG.[462] Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls durch den Richter nur zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zur Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört ebenfalls zu den unabdingbaren Verfahrensgarantien, die Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG im Blick hat.[463] Ein Verstoß gegen die im ermächtigenden Gesetz vorgeschriebenen Formen führt zur Verfassungswidrigkeit des Eingriffs;[464] eine rückwirkende Heilung des Verfahrensmangels ist ausgeschlossen.[465]

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Ferner enthält das Misshandlungsverbot des Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG eine explizite materielle Regelung für den Vollzug jedweder Freiheitsbeschränkung, gleichgültig, ob sie von der Exekutive oder der Judikative angeordnet ist.[466] Dieses vorbehaltlose Verbot, das auf einfachgesetzlicher Ebene in § 136a StPO konkretisiert ist, wird durch das absolute und sogar im Falle des Notstands nicht derogierbare Folterverbot nach Art. 3 EMRK noch einmal verstärkt.[467] Freilich richtet sich die Schutzrichtung des Misshandlungsverbots nicht gegen das Festhalten selbst; derartige Eingriffe sind unter dem Aspekt des Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG grundrechtsneutral.[468] Der Schutz der körperlichen und psychischen Integrität ist im Polizeigewahrsam oder in Gefängnissen aber nicht geringer als außerhalb.[469] Selbst in Extremsituationen wie bei Kindesentführungen oder drohenden terroristischen Anschlägen ist Folter des Festgenommenen ausnahmslos untersagt.[470] Auch die Androhung von Folter zur Gewinnung von Informationen zum Schutz elementarer Verfassungsgüter stellt eine im Blick auf Art. 104 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbotene Vernehmungsmethode dar.[471] Nicht alles, was ethisch möglicherweise legitimiert werden kann, ist verfassungsrechtlich hinnehmbar.[472] Demgegenüber liegt in einer Kontaktsperre (§§ 31–38a EGGVG) keine Misshandlung, solange sie drei Monate nicht überschreitet.[473] Die Zwangsernährung (§ 101 StVollzG) dürfte ebenfalls keinen Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG darstellen;[474] sie ist aber am allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu messen.[475] Das zwangsweise Verabreichen von Brechmitteln zur Beweissicherung wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte indes zu Recht als Verstoß gegen Art. 3 EMRK gewertet.[476]

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