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II. Gebot der Waffengleichheit

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Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist ferner durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher Waffengleichheit von Ankläger und Beschuldigtem gekennzeichnet.[528] Hergeleitet wird das Gebot der Waffengleichheit aus dem Rechtsstaatsprinzip, dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und aus Art. 6 Abs. 3 EMRK.[529] Einigkeit besteht allerdings darin, dass der Begriff missverständlich ist, da völlige Waffengleichheit im Strafverfahren nicht bestehen kann.[530] Verfahrensspezifische Unterschiede in der Rollenverteilung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung können nicht in jeder Beziehung ausgeglichen sein.[531] Gesetzliche Aufgabe und Funktion der Staatsanwaltschaft als selbstständiges Organ der Strafrechtspflege verbieten es vielmehr, die im Zivilprozess zum Gebot der Waffengleichheit entwickelten Grundsätze auf den Strafprozess zu übertragen.[532] Anders als im Zivilprozess, in dem sich zwei Parteien gegenüberstehen, ist die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren weder materiell noch formell „Partei“, sondern bei ihrer Tätigkeit auf Legalität und Objektivität verpflichtet.[533] Sie hat zu beachten, dass für den Beschuldigten die Vermutung seiner Unschuld streitet und muss ihre Ermittlungen fair führen, damit eine „zuverlässige Wahrheitserforschung“ gewährleistet ist.[534] Insbesondere hat die Staatsanwaltschaft auch die zur Entlastung des Verdächtigen dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der entsprechenden Beweise Sorge zu tragen (§ 160 Abs. 2 StPO).[535]

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Das Gebot der Waffengleichheit im Strafprozess bedeutet nach dem Vorstehenden also im Wesentlichen zweierlei: Es verpflichtet zum einen den Gesetzgeber, die Rechte des Beschuldigten entsprechend seiner verfahrensrechtlichen Stellung als ein Subjekt mit aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen auszugestalten. Zum anderen enthält es das Gebot an die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, diese Rechte zu wahren.[536] Damit stellt das Gebot der Waffengleichheit lediglich einen Unterfall des Rechts auf ein faires Verfahren dar.[537] Das geltende Recht entspricht dem Verlangen nach Waffengleichheit in der Hauptverhandlung (§ 244 StPO); im Vorverfahren kommt hingegen der Staatsanwaltschaft ein Übergewicht zu, was zunehmend kritisiert wird.[538]

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