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Alexander von Humboldt – der Beginn seiner Forschungsreisen

Humboldt war noch nicht ganz 20 Jahre alt gewesen, als die Französische Revolution die Gemüter der Zeitgenossen ins Wallen gebracht und junge Intellektuelle wie Alexander in ihren Bann gezogen hatte. Dies gilt umso mehr, als Humboldts Mutter María Elisabeth Colomb hugenottischer Abstammung und es in seinem Elternhaus selbstverständlich war, französisch zu sprechen. Es lag nahe, die Ideen der Revolution in sich aufzunehmen. Die aufgeklärte Welt bediente sich damals des Französischen.

Die Humboldts und ihre Zeitgenossen wurden nachhaltig von dem Freiheitsgedanken und den Idealen der Gleichheit und Brüderlichkeit inspiriert. Zehn Jahre nach der Französischen Revolution – Humboldt war 30 Jahre jung – hatte er sich entschlossen, ausländische Gefilde systematisch zu erforschen, und es war mehr oder weniger Zufall, dass ihn sein Weg in die amerikanische Sphäre führte. Am 5. Juni 1799 begaben er und der französische Botanikerer Aimé Bonpland sich in La Coruña an Bord der spanischen Fregatte „Pizarro“ mit dem Ziel Karibik. Nach einem Zwischenstopp auf den atlantischen Inseln (u. a. Teneriffa) strandeten beide in dem venezolanischen Hafenstädtchen Cumaná.13 Von dort aus starteten die zwei Wissenschaftler eine mehrmonatige Forschungsreise ins Landesinnere. Zunächst erkundeten sie die Region um Caracas. Sie bestiegen die Ausläufer der Anden, etwa den Berg Ávila, der auf ca. 2000 Meter Höhe die venezolanische Metropole nördlich umrandet und vom karibischen Meer trennt.


Avila (Andenausläufer)und der Ort Naiguatá

Humboldt wäre nicht Humboldt, wenn er nicht im Rahmen seiner Streifzüge ins Landesinnere außer Fauna und Flora auch die Menschen, also Ureinwohner, Kreolen, Immigranten, Indios, Mulatten, Mestizen u. a. ethnische Gruppen und deren Sprache, Habitus, Gewohnheiten und Charakteristika präzise beobachtet und identifiziert hätte.

Sein großes Ziel war nicht weniger als das Zusammenwirken der schöpferischen Kräfte der damaligen Welt, deren reale Ausprägung, genauestens zu beobachten, zu messen und durch die ausreichende Kenntnis der jeweiligen Sprachen die Denkweise der Menschen persönlich zu erkunden. Dass Humboldt außerdem ein begnadeter Zeichner war, leistete der Visualisierung des Geschehenen eindrucksvollen Vorschub.

Ein paar Dutzend Instrumente, die er und seine Begleiter permanent mit sich führten, sollten seine Beobachtungen empirisch belegen und die amerikanische Welt mit einer bis dahin nicht gekannten Präzision dokumentieren. Am Ende dauerte die Reise zwischen Orinoco und Rio Negro, von Cartagena via Lima nach Mexiko und über Nordamerika zurück in die Alte Welt über fünf Jahre. Die Weltreisenden betraten am 3. August 1804 in Bordeaux wieder europäischen Boden.

In der Folgezeit kümmerte sich Alexander um die Dokumentierung und Verschriftlichung seiner Erlebnisse und Ergebnisse, was seinerzeit wiederum in Frankreich, speziell in Paris, am besten zu realisieren war. Paris stellte nicht nur den Vorort des Geistes der Revolution dar, sondern ein Mekka der Wissenschaft und des Kunsthandwerks. Die französische Metropole bildete um die Wende zum 19. Jh. den Dreh- und Angelpunkt internationaler Netzwerke berühmter Organisationen und Personen.

In der ersten Hälfte des 19. Jh. unterstrichen mehrere hundert Gutachten und Förderbegehren, die den Schreibtisch Alexanders passierten, dessen persönliches, unermüdliches Förderungswerk. Es verlieh ihm Kontinuität, Vertiefung und Differenzierung auf allen Ebenen der Wissenschaft. Sein Kontakt zu Malern, Historikern, Geographen, Geologen, Botanikern, Zoologen, Ethnologen, Sprachwissenschaftlern, Schriftstellern, Ökonomen, Politikern und vielen anderen Kulturschaffenden und Geistesrichtungen vermochte es, die „Amerikanische Reise“14, also die „Reise in die Äquinoktialgegenden des Neuen Kontinents“15 in das Licht der internationalen transdisziplinären Forschung zu rücken. Nicht ohne Grund wurde Humboldt als „zweiter Entdecker Amerikas“16 gelobt und damit in eine Reihe mit dem Genuesen Christopher Kolumbus gestellt. Die Sinnhaftigkeit dessen ergibt sich nicht nur aus der expliziten Erwähnung und der Berufung auf die Forschungsleistungen des Italieners, dessen schriftliche Hinterlassenschaft Humboldt eingehend studiert hatte. Der Fokus richtete sich vielmehr auf die systematische Erforschung vieler Chiffren und Merkmale, die dem vermeintlichen Entdecker der Neuen Welt noch fremd geblieben waren. Das Besteigen des heute ecuadorianischen Vulkans Chimborazo und das Zusammenfließen der Flusssysteme des Orinoco und des Amazonas durch den Nachweis der Verbindung via Rio Casiquiare mögen hier als besondere Erwähnung zunächst genügen.


Blick aus Geldners Fenster auf La Guaira und seinen Hafen

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