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Simón Bolívar: Anwerbung in London und Hamburg, Rekrutierung für den Freiheitskampf

In der Hansestadt Hamburg diskutierten die Verantwortlichen dieser Tage, ob und inwieweit sie die Anwerbung anderer Nationen von Freiwilligen für den Unabhängigkeitskampf in Südamerika verbieten, unterstützen oder sich diplomatisch heraushalten sollten. England war aus dem Krieg gegen Napoleon als eines der siegreichen Länder hervorgegangen. Viele Soldaten waren nun in der Zeit des Friedens in Europa ohne geregeltes Einkommen oder vegetierten gar dahin ohne Betätigung und Auskommen. Die südamerikanischen Staaten befanden sich seit einiger Zeit ziemlich im Aufruhr gegen die Kolonialmächte Spanien und Portugal. Simón Bolívar hatte einige Leute aus seinen Reihen in europäische Großstädte entsandt, um alle möglichen Helfer, insbesondere kampferprobte Soldaten, für seinen Unabhängigkeitskampf zu rekrutieren. So waren Abgesandte Bolívars wie Luis López Méndez in London oder Baron Friedrich Christian von Eben in Hamburg dabei, eine entsprechend schlagkräftige Streitmacht zusammenzustellen. López Méndez galt als „Promotor de Voluntarios“, also als derjenige, der die Freiwilligen anheuern sollte. Er war ein alter Freund Simón Bolívars und war von diesem 1810 beauftragt worden, in London Waffen und Geld zu besorgen sowie Soldaten für ihre Sache zu begeistern. Die englische Presse war mit veröffentlichten Petitionen dabei behilflich, Freiwillige anzuwerben. Die Botschaft in der Grafton Street sah sich bald einer Vielzahl von Bewerbern aller Couleur gegenüber: Offizieren, die auf halben Sold gesetzt waren, Abenteurern, Goldsuchern, Ränkeschmieden, Romantikern und Revolutionären. Die Werbebüros waren mit verdienten Obersten besetzt. In England mit Hippisley, Campbell, Wilson, English, Skenne und Elson. In Deutschland mit den Hannoveranern Streowitz und von Uslar. Sie hatten Regimente und Brigaden zu bilden, wobei auf die Uniformierung großer Wert gelegt wurde. Sie wurden wie die Husaren uniformiert, rot mit blauen und grün mit scharlachfarbenen Klappen. Einige glänzten mit Uniformen der königlichen Artillerie. Die Obersten stellten sich mit ihrem Outfit gegenseitig in den Schatten. Ihr Aussehen und ihre Ausrüstung glichen mehr der Wache des Buckingham Palasts als einem Trupp, der in den Wäldern des Orinoco19 kämpfen sollte.

Zur Aushebung wurden in stark frequentierten Orten die erwähnten Werbebüros eingerichtet. Die Hansestadt mit Welthafen gehörte zu jenen Kommunen, in denen sich viele potentielle Emigranten versammelten und wo sich am ehesten Menschen fanden, die Anwerbungserfolge versprachen. Die Binnenalster war schon von jeher ein bekannter Treffpunkt von Weltbürgern, Abenteurern, Seeleuten und mutigen Zeitgenossen aller Couleur.


Oberst Johann von Uslar, deutscher General im Corps Bolívars

Deshalb wurde in den Kreisen der verantwortlichen Mandatsträger jene delikate Angelegenheit diskutiert, wie man sich als prinzipiell unabhängige und offene Handelsstadt clever positionieren sollte; schließlich wollte man als internationaler Zentralort des Kommerziums keine potentiellen Geschäftspartner vergraulen.

Regelrechte Hotspots waren, modern ausgedrückt, in einigen europäischen Großstädten eingerichtet worden. Darüber konnte man in den Zeitungen lesen, im Norden in der Börsenhalle und im Hamburger Tageblatt oder im Süden im Schwäbischen Merkur und in der Augsburger Allgemeinen, um nur einige der qualitätvollen und vielgelesenen Blätter anzuführen. In den Jahren nach dem Wiener Kongress kamen viele neue Strukturen und Gesetzgebungsmaßnahmen zum Durchbruch. Das Jahr 1816/17 war jedoch ein ausgesprochenes Hungerjahr, das viele Menschen und Haushalte an die Grenzen der Existenz brachte.20 Infolgedessen nahm das Auswanderungsbegehren immens zu, und die diesbezüglichen Büros hatten beträchtlichen Zulauf.

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