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Johann Gottlieb Benjamin Siegert: Das Zerwürfnis zwischen Ben und seinem ältesten Bruder Johann

Das Medizinstudium Ben Siegerts wurde, wie angedeutet, wesentlich durch seinen ältesten Bruder Johann beeinflusst und finanziell unterstützt. Als Ben dann im Jahr 1819 für den Bruder Johann 500 Dukaten bei der Königlichen Bank abheben sollte und 100 Dukaten davon irgendwie zurückhielt, forderte dieser zu Recht von ihm Aufklärung und eine stichhaltige Begründung für diese ungeheuerliche Veruntreuung. Ben schrieb zwar, er habe die 100 Taler Gold „notwendigkeitshalber… gebraucht“. Zwölf Jahre später bekundete er, er habe sich entschlossen, „mit dem Reste des Geldes in den Michaelisferien (Michaelis: 19. September, R.W.) 1819 nach Halberstadt zu reisen, um dem Bruder Rechnung abzulegen und mich mit ihm zu verständigen. Allein die Unmöglichkeit der Erreichung des letzten Umstandes, nach den mir gemachten Drohungen fürchtend, bewog mich gegen alle Gefühle und Gesetze der Moralität“17, die Venezuelareise anzutreten. Er entgegnete dem Bruder also wohl nichts, und dieser war stinksauer. Der übergoss – nachvollziehbar – seinen jüngsten Bruder mit schweren Vorwürfen.18 Diesen plagten hernach das schlechte Gewissen und die Angst vor dem über 17 Jahre Älteren. In diesem unrühmlichen Zustand entschied sich Ben zunächst, die Postkutsche nach der weltläufigen Großstadt Hamburg zu besteigen und von dort aus womöglich im Ausland sein Glück zu suchen. Damit war das Band zwischen dem Bruder und ihm nicht nur mental, sondern auch räumlich zerschnitten. Johann empfand den Vorgang – zumal nach dem zeitgenössischen Ehrenkodex – als unzumutbar und verbat sich von nun an jegliche Kommunikation mit dem Jüngsten, der gar sein Sohn hätte sein können. Er war mit Ben aus der damaligen Sicht ein für alle Mal fertig. Der familiäre Bruch schien endgültig. Die Neigung, dieser unerträglichen Situation des permanenten Sich-schuldig-Fühlens und unverzeihlichen Schuldig-Seins zu entrinnen, verstärkte sich zusehends. Ein möglicher Ausweg bestand in spontaner Emigration. Der junge Medikus war gerade mal 23 Jahre alt und mag mit dem Gedanken gespielt haben, eines schönen Tages wieder nach Europa zurückkehren zu können. Dazu sollte es jedoch niemals kommen.

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