Читать книгу Seewölfe Paket 5 - Roy Palmer - Страница 13
9.
ОглавлениеDie Seewölfe verdösten den Tag an der Küste. Sie litten unter der Hitze, dem Durst und dem nagenden Hunger.
Hasard schickte Trupps los, um im Dschungel nach Nahrung suchen zu lassen. Aber er achtete auch sorgsam darauf, daß niemand den Strand betrat. Die Spanier durften nicht gewarnt werden.
Wenn sie entdeckten, was sich zusammenbraute, schickten sie ein paar Boote herüber und trieben die Seewölfe mit Musketensalven in den Dschungel zurück. Oder sie hetzten die Erschöpften, bis sie aufgeben mußten und wieder in Eisen gelegt werden konnten. Der Rest lag auf der Hand: Deportation zur Teufelsinsel, Fronarbeit.
Nach all den Strapazen schauderte es den Männern bei dem bloßen Gedanken, noch einmal unter die Fuchtel der Dons zu geraten. Lieber wollten sie sterben.
Wenn nicht bald etwas geschah, würde sich ihr Herzenswunsch sogar auf die denkbar einfachste Weise erfüllen: Bald würden sie nicht einmal mehr die Kraft haben, sich zu erheben. Schon jetzt kostete jede Bewegung ungeheure Anstrengung. Das Fasten ging an die Substanz.
Die große Wende erfolgte, als Blakky aufgeregt ins Camp stürzte und Kokosnüsse brachte. Er hatte eine Gruppe Palmen entdeckt, weitab von der Teufelsinsel, fast direkt am Strand.
„Und wir haben nichts davon geahnt“, stöhnte Pete Ballie.
Blacky behauptete, es gebe genügend Nüsse für alle. Sofort brach noch ein Trupp auf, von Hasard zur Wachsamkeit ermahnt.
Die Tatsache, daß sie jetzt die Milch der Nüsse trinken und das feste weiße Fleisch essen konnten, ließ die Lebensgeister wieder tanzen.
Smoky heulte vor Rührung, als Ferris Tucker neben ihm niederkniete, mit einem Messer Streifen des Fruchtfleisches abtrennte und ihn wie ein Baby fütterte.
Sie holten an Kokosnüssen, was sie erwischen konnten, und sammelten nicht nur die reifen, die bereits am Boden lagen, sondern pflückten auch alles, was noch an den Bäumen hing.
„Wie kommen die Palmen eigentlich hierher?“ fragte Gary Andrews, der Fockmastgast. Er kratzte sich unentwegt an der Brust. Die Narbe, die quer darüberlief, juckte wie toll.
„Ganz einach“, erwiderte Hasard. „Irgendein Segler hat sie verloren und die Nüsse sind hier angeschwemmt worden. Manchmal entwurzelt der Sturm ganze Bäume, treibt sie auf einer Insel an Land, und schon wachsen auch dort Kokospalmen. So geht das.“
„Mann, wenn ich daran denke, daß wir die ganze Zeit genügend Nahrung vor der Nase hatten, aber statt dessen Maden gefressen haben“, sagte Al Conroy, der Stückmeister.
„Ein Zufall, daß wir die Bäume überhaupt in diesem Durcheinander entdeckt haben“, erklärte Pete Ballie.
„Wir? Ich höre dauernd wir“, empörte sich Blacky. „Ich war der Finder. Ich muß sagen: Ich bin fast darüber gestolpert.“
Alle lachten.
Sie aßen, soviel sie konnten und behielten noch eine Menge übrig.
Zu aller Erstaunen sammelte Hasard die leeren Schalen. Er hatte sorgfältig darauf geachtet, daß sie nur angebohrt, nicht aber mit einem wuchtigen Axthieb zertrümmert wurden.
Jetzt drehte er mit Hilfe seiner Männer aus Kokosfasern Taue und verband Dutzende von hohlen Nüssen miteinander. Die Öffnungen verschloß er mit lehmigem Brei.
„Und was hat das alles zu bedeuten?“ fragte Ben Brighton erstaunt. „Soll das ein Floß werden?“
„So etwas Ähnliches“, erwiderte Hasard. „Jedenfalls eine Schwimmhilfe. Die See zwischen Insel und Festland hat es in sich. Wenn wir heute nacht übersetzen, ist es zweckmäßig, wenn wir unsere Kräfte schonen.“
„Wer geht eigentlich mit?“ fragte der Erste Offizier.
„Nur Dan“, entschied Hasard.
Protest wurde laut. Die einfache Mahlzeit hatte den Männern Mut gemacht. Der erste Durst war gelöscht. Sie fühlten sich besser. Und schon waren sie wild darauf, den Dons an die Gurgel zu gehen.
„Sachte, sachte“, sagte Hasard. „Gegen die Garnison plus die Besatzung zweier Galeonen haben wir mit ein paar Messern und einer stumpfen Axt nichts zu melden. Also kann uns nur eine Kriegslist wieder zu unserem Schiff verhelfen. Wenn ich scheitere, könnt ihr immer noch angreifen. Aber erst probieren wir es auf meine Art.“
Sie warteten den Einbruch der Dunkelheit ab.
Dann schulterte Hasard sein Bündel aus Kokosnüssen, die alle miteinander verbunden waren – Hohlkörper so groß wie Kinderköpfe, sorgfältig abgedichtet. Teer und Pech wären besser gewesen, aber so etwas hatten sie nicht. Wenn das Ganze sich nicht bewährte, konnten sie sich jederzeit der Kokosnüsse entledigen und die Teufelsinsel aus eigener Kraft erreichen.
Hasard fühlte wieder Zuversicht und eine tiefe Zufriedenheit. Wie eine einzige ausgiebige Mahlzeit doch den Lebensmut anfachte!
Seine Männer verabschiedeten ihn und Dan mit dem gewohnten Humor. Da war keiner, der schwarz sah. Jeder wäre gern dabeigewesen. Aber sie sahen ein, daß Hasard recht hatte.
An einer günstigen Stelle watete Hasard ins Meer, gefolgt von Dan. Beide hatten ein Messer bei sich, sonst keine Waffen.
„Wirklich eine Invasionsarmee, vor der die spanische Inselbesatzung türmen muß“, sagte Carberry spöttisch.
„So ist es“, pflichtete ihm Hasard bei, als habe er den Spott gar nicht bemerkt. „Es kommt nämlich nicht so sehr darauf an, daß ich Massen von Soldaten habe, sondern daß ich in jeder Lage das beste Rezept finde, um den Feind zu schlagen. Das haben wir gefunden.“
„Ihr zwei Figuren kriegt doch die ‚Isabella‘ niemals flott“, sagte der Kutscher.
„Ist auch nicht unsere Absicht. Wir versorgen uns an Bord mit dem Notwendigsten und peilen erst einmal die Lage. Dann sehen wir weiter“, erwiderte Hasard.
Entschlossen watete er ins Wasser.
Glatt und ruhig lag die See vor ihm. Die Dünung war lang und gleichmäßig, ein stetig wiederkehrender Rhythmus. Das alles wirkte ausgesprochen friedlich, ganz anders als in jener bewegten Nacht, als sie ausgebrochen waren und sich nur unter größter Anstrengung, von den Spaniern gehetzt, ans Festland gerettet hatten.
Hasard überließ sich der Strömung, soweit sie günstig verlief. Nachdem er erst einmal der Brandung entkommen war, die ihn immer wieder zurückgeschoben hatte, ging alles wie von selbst.
Hasard hoffte nur, daß die Haie schliefen. Er wußte nicht, ob Fische so etwas taten. Er hatte nur gehört, daß diese Raubfische nach Sonnenuntergang abtauchten und den Meeresgrund aufsuchten.
Trotzdem äugte er umher, ob nicht ein Kräuseln der Wasseroberfläche oder eine pfeilschnell heranschießende Dreiecksflosse einen der gierigen Mörder anmeldete.
Es war ein eigenartiges Gefühl, auf der Ladung Kokosnüsse zu liegen, die Arme lässig aufgestützt. Die Beine hingen ungeschützt über der Tiefe, die tausend Gefahren barg. Die Vorstellung, ein unbemerkter Angriff eines Haies, von unten angesetzt, könne urplötzlich erfolgen, zu schnell für jede Abwehrreaktion, ließ einem das Blut in den Adern erstarren.
Aber sie schafften es ohne Zwischenfall.
Die Spanier schienen zu feiern. Ihr Gebrüll und das Klappern der Trinkgefäße drangen deutlich herüber, während Hasard und Dan im Schutze des Inselufers weiterzogen, nachdem sie unbemerkt die beiden Galeonen der Spanier passiert hatten.
Wahrscheinlich interessierten sich die Deckswachen mehr für das Gelage als für die Wasserseite. Jedenfalls konnte Hasard zu keiner Zeit einen spanischen Helm über dem Schanzkleid entdecken, obwohl er die beiden Schiffe ständig im Auge behielt.
Sie hatten ihre provisorischen Flöße aufgegeben, um schneller vorwärtszukommen und teilten mit ruhigen gleichmäßigen Schwimmbewegungen das Wasser, sorgsam darauf bedacht, nicht zu plätschern.
Capitan Catalina, Inselkommandant mit gebrochenen Beinen, hatte eigentlich keinen Grund zum Feiern. Trotzdem führte er das große Wort.
„Diese Kerle kommen, so wahr ich Capitan Catalina bin“, prahlte er. „Sie sind an Land verloren, ohne Nahrung, ohne Waffen. Außerdem sind diese britischen Galgenvögel verliebt in ihr Schiff. Sie werden versuchen, es zurückzuholen. Und dann schnappen wir sie uns. Sie werden dieses Fort zu Ende bauen. Ich hasse Menschen, die ihre Arbeit nicht vollenden.“
Die Offiziere lachten.
Hasard unterdrückte mit Mühe einen Fluch. Vor sich sah er die „Isabella“. Sie wurde bewacht. Hasard bemerkte an der Steuerbordseite ein Beiboot der Spanier.
Lautlos enterte er am Achterkastell auf, gefolgt von Dan. Sie hatten die Messer in den Mund genommen, um die Hände freizuhaben. Vorsichtig schauten sie sich um.
Tatsächlich entdeckten sie zwei Spanier, die an Bord Wache gingen, Soldaten, die lieber an Land gefeiert hätten und sich jetzt miteinander unterhielten. Sie beklagten ihr Schicksal und waren nicht sonderlich wachsam. Sie rechneten wohl nicht mit einem Angriff, nicht bei Nacht und nicht bei diesen Kräfteverhältnissen.
Die Seewölfe galten als kühn, aber nicht als verrückt. Und eine Tollheit wäre es gewesen, die verstärkte Garnison der Teufelsinsel anzugreifen.
Da Hasard nicht wußte, wann die beiden Posten abgelöst wurden, mußte er sich beeilen.
Er wechselte einen Blick mit Dan.
Schweigend verständigten sie sich, wer welchen Soldaten übernahm. Sie wußten, daß sie die beiden lautlos ausschalten mußten, wollten sie nicht die ganze Inselbesatzung auf die Beine bringen.
Wie ein Panther schwang sich Hasard über das Schanzkleid. Barfuß huschte er über das Deck der leicht gekrängten „Isabella“. Das Messer hielt er in der Faust.
Dan hielt mühelos mit.
Schon standen sie hinter den ahnungslosen Spaniern, die sich angeregt unterhielten.
Hasard war froh, daß er die Männer nicht töten mußte. Er betäubte seinen Spanier durch einen Faustschlag. Auch Dan handelte so. Beide Spanier kippten um und wurden aufgefangen.
Einer spielte verrückt an Bord der „Isabella“. Bis jetzt hatte er gewartet, aber nun hielt ihn nichts mehr.
Arwenack, der Schimpanse.
Er sprang Dan an, riß ihm beinahe die Ohren ab, zerrte an seinen Haaren, keckerte erregt, wechselte zu Hasard über, umarmte ihn, stöhnte, knarzte, fauchte, turnte über seine Schulter, fegte wieder an Deck, schlug Purzelbaum, trommelte auf seinem Bauch, biß die beiden bewußtlosen Dons und führte sich auf, als sei er übergeschnappt.
„Arwenack“, sagte Dan leise, „mein guter, alter Arwenack.“
„Nun heul mal nicht gleich“, sagte Hasard und mußte selbst schlucken.
Arwenack tanzte weiter seinen Affentanz der Freude. Seine Menschen waren wieder da. Vergessen waren die Einsamkeit, die Trauer, Hunger und Durst. Alles war wieder gut.
„Er sieht arg zerrupft aus“, sagte Dan. „Völlig verhungert. Wir hätten Kokosnüsse für ihn mitnehmen sollen.“
„Du hast vielleicht Sorgen.“ Hasard spähte zu den beiden Galeonen hinüber. Aber da rührte sich nichts.
„Möchte wissen, wie er das alles hier überstanden hat“, sagte Dan O‘Flynn. „Er muß sich versteckt haben, die ganze Zeit. Wenn die Dons ihn gefunden hätten – nicht auszudenken. Die hätten ihn geröstet, die Bastarde. Nehmen wir ihn mit hinüber an Land?“
„Klar, Dan, ist doch selbstverständlich. Aber Schluß mit dem Palaver. Laß uns die beiden Kerle unter Deck bringen, bevor wir hier gesehen werden.“
Sie brachten die beiden überrumpelten Spanier in Hasards Kammer und fesselten sie. Arwenack blieb bei ihnen.
Die Dons erwachten inzwischen aus ihrer Ohnmacht und rissen die Augen auf, als sie die beiden Männer und den Affen sahen.
„Wir haben nichts gegen Sie, Senor“, stammelte der eine, ein Milchgesicht. „Wir wurden zum Militärdienst gepreßt und würden lieber zu Hause unsere Äcker bestellen, als hier auf der Teufelsinsel den Moskitos als Quelle zu dienen. Bitte, verschonen Sie uns, Senor.“
„Geschenkt“, sagte Hasard großzügig. „Wenn wir euch hätten umbringen wollen, hätten wir es bereits an Deck tun können, ihr Schlafmützen. Also hört auf zu jammern.“
Der zweite Spanier verzog angewidert das Gesicht. Ihn störte das Gejammer seines Gefährten, und er verachtete ihn dafür. Er war ein stolzer Don, der jeden Feind Spaniens haßte. Das stellte er sofort unter Beweis.
„Warum geben Sie nicht auf, Senor?“ zischte er. „Sie kriegen Ihr Schiff niemals flott. Und an Land leben Sie auch nicht mehr lange. Es gibt nichts zu essen. Wir kennen die Fieberhölle von Guayana zur Genüge. Dort überlebt selbst ein Kaiman nur mit Mühe. Wir haben das Land durchstreift auf der Suche nach El Dorado, dem Goldland. Wir haben nichts gefunden. Nur Schlangen und Moskitos und feindliche Indios.“
„Wir haben uns mit den Eingeborenen gut verstanden. Das hängt eben davon ab, wie man sie behandelt“, sagte Hasard trocken. „Die Spanier genießen einen schlechten Ruf. Sie sind grausam und zu raffgierig. Sie wollen alle Welt ausplündern. Habt ihr eigentlich nie daran gedacht, daß es auch umgekehrt kommen könnte?“
Der Spanier zuckte zusammen.
„Niemals!“ fauchte er. Dann spuckte er wütend vor Hasard aus. „Die Engländer sind Bettler gegen uns.“
„Soll ich ihm eine knallen?“ fragte Dan unternehmungslustig. Hasard schüttelte lächelnd den Kopf.
„Wir vergreifen uns nicht an wehrlosen Gefangenen. Wir beuten niemanden aus“, erklärte er. „Wir töten niemanden ohne Not. Ihr bleibt am Leben.“
„Dann hoffe ich nur, daß wir uns noch einmal begegnen, Senor. Dann bringe ich Sie um“, sagte der wortgewaltige Don.
Sein Gefährte schwieg erschrokken. Er hätte es nie gewagt, den Seewolf zu reizen. Natürlich kannte er Hasard. Wer unter den Spaniern kannte nicht die genaue Beschreibung von Philip Hasard Killigrew. Über sechs Fuß groß, breitschultrig, schmale Hüften, schwarze Haare und eisblaue Augen.
Die Dons aller spanischen Kolonien schauten sich nach dem Mann die Augen aus. Und ausgerechnet der Kommandant der Teufelsinsel ließ diesen Burschen wieder entwischen, nachdem er ihn bereits in Ketten gelegt hatte. Eine Schmach und Schande! Eigentlich gab es nichts, was dieser Capitan Catalina zu feiern hatte. Und sie selbst hatten auch versagt. Mit Bestürzung dachte der Spanier den Gedanken zu Ende. Catalina würde sie in Ketten legen lassen, weil sie überrumpelt worden waren. Sie hatten auf Posten nicht achtgegeben. Catalina hatte kein Erbarmen mit fremden Fehlern, während er eigene sich selbst großmütig verzieh.
Fast hätte der milchgesichtige Spanier den Seewolf um Asyl gebeten. Aber die Gegenwart seines fanatischen Gefährten hinderte ihn daran. Er kriegte einfach den Mund nicht auf.
Der andere dafür um so mehr. Er wollte um Hilfe schreien und die Garnison alarmieren.
Hasard erstickte den Versuch im Keim und schmetterte dem Schreihals die Faust an die Schläfe.
Der Spanier sackte in den Fesseln zusammen.
„Beeilen wir uns“, sagte Hasard.
Dan und er rüsteten sich gehörig mit Pistolen, Pulver und Blei aus. Sie vergaßen auch Lunten und Flintstein nicht. Außerdem nahm Hasard aus einem Geheimversteck Perlen mit, sowie aus der Waffenkammer einen Werkzeugkasten, um den ihn Big Old Shane gebeten hatte. Denn sie mußten sich ja noch von den Halseisen befreien.
Vorsichtig schafften sie alles von Bord und verstauten es in dem spanischen Beiboot, das auf dem Wasser dümpelte.
Sie verließen ungern die „Isabella“. Aber es mußte sein. Es war kein Abschied für immer. Dan nahm Arwenack mit, der wie ein Baby an seinem Hals hing.
In letzter Sekunde fiel Hasard noch ein, daß er in seiner Kammer ein paar Brandsätze verborgen hatte, die ihnen vielleicht im Kampf gegen die Dons noch nützlich sein konnten.
Er kehrte noch einmal zurück und kam gerade zurecht, um die Flucht der beiden Spanier zu verhindern. Der Teufel mochte wissen, wie die beiden es geschafft hatten, sich so schnell zu befreien.
Jedenfalls mußte Hasard zeigen, was er zu bieten hatte.
Während Dan ahnungslos im Beiboot auf Hasard wartete, entspann sich unter Deck ein Kampf auf Leben und Tod.
Der enge Raum in der Kapitänskammer behinderte mehr die Spanier als Hasard, der außerdem Heimvorteil genoß.
Er mußte in der Notwehr sein Messer einsetzen. Zu hart gingen die Dons an ihn heran. Einer versuchte ihm mit einem Messingleuchter den Schädel zu spalten, der andere zielte mit einem Degen nach seinen Augen. Da sah Hasard rot.
Die Klinge in seiner Faust zuckte hin und her wie der Kopf einer Giftschlange. Zwei Stiche, zwei unterdrückte Schreie. Ehe die Spanier noch mehr Unheil anrichten konnten, lagen sie tot in der Kammer.
Hasard bedauerte das. Aber er konnte es nicht ändern. Er hatte die Auseinandersetzung nicht herausgefordert. Jetzt hatten sie ihren heimtückischen Angriff mit dem Leben bezahlt.
Hasard übergab die toten Spanier der See. Dann versorgte er sich mit den Brandsätzen, die er im „Meer der toten Seelen“ auf dem chinesischen Geisterschiff gefunden hatte. Es waren bunte Stangen, so lang wie ein Arm. An der Seite waren dünne Holzstäbe befestigt. Aus dem unteren verschlossenen Ende ragte ein luntenähnlicher Docht hervor. Hasard nahm eine Ladung auf den Arm und trug sie von Bord.
Dan zeigte, daß er nervös war. Er schaute ständig hinüber zu den Spaniern, die immer noch feierten.
Aber unbemerkt pullten sie an Land zurück und stießen wieder zu ihren Gefährten, wo Hasard erst einmal Bericht erstattete.
Arwenack, der zum zweiten Male verrückt spielte, wurde reihum gereicht und mit Kokosnüssen gefüttert.
„Denen möchte ich Feuer unter dem Arsch machen“, wetterte der Profos. „Hauen sich die Bäuche voll und saufen, während wir Kokosmilch schlürfen müssen.“
Al Conroy, der Stückmeister, schlug vor, unverzüglich anzugreifen. „Wir haben Pistolen und Munition“, sagte er. „Ich brauche wieder Decksplanken unter den Sohlen, sonst schnappe ich über.“
Sein Vorschlag wurde abgelehnt.
„Aber ein bißchen sollten wir das Fest schon stören“, sagte Sam Roskill. Er war ein schlanker frecher Draufgänger. Seine dunklen Augen blitzten unternehmungslustig. „Und zwar hiermit!“
Er zeigte auf die chinesischen Brandsätze.
„Was sagt unser Experte dazu?“ forschte Hasard und schaute Al Conroy an, der prüfend eine der Stangen in der Handhielt.
„Keine schlechte Idee“, sagte Al Conroy grinsend. „Ein bißchen Feuerzauber hebt die Stimmung kolossal.“
„Und wenn dir die Dinger in der Hand losgehen?“
„Das muß ich riskieren“, erwiderte Al Conroy lakonisch.
Sie standen am Strand, unter dem sternenfunkelnden Himmel. Deutlich sahen sie die Lichter der beiden spanischen Galeonen und hörten das trunkene Geschrei der feiernden Spanier. Da war niemand unter ihnen, der den Dons nicht gerne das Fest verdorben hätte.
Schon schlug Sam Roscill Feuer. Er führte den Zündschwamm an den Docht des Brandsatzes, den Al Conroy an dem langen Stock festhielt. Dazu bot sich der Stock auch an. Er ließ erst dann los, als die Pulverlunte sprühte, eine enorme Hitze entwikkelte und ihm fast die Finger verbrannte.
Genau in der Sekunde zündete der Brandsatz. Er zischte pfeilschnell ab und schwirrte durch die Nacht in Richtung Teufelsinsel. Dort zerplatzte er mit einem fürchterlichen Krach über den Köpfen der Spanier. Damit nicht genug, schleuderte er rote feurige Kugeln nach allen Seiten. Panik brach unter den Dons aus.
Hasard begriff am schnellsten und schnappte sich den nächsten Brandsatz.
„Feuer!“ verlangte er scharf.
Er visierte eine der beiden spanischen Galeonen an, während Sam Roscill den Docht anzündete.
Hasard ließ los, als er einen leichten Zug verspürte. Der Brandsatz flog einen bildschönen Bogen und zerplatzte an Deck der Galeone. Feuer schien direkt vom Himmel zu fallen. Wie eine Sternschnuppe verglühte der Brandsatz und schleuderte blutrote Prachtblüten in alle Himmelsrichtungen. Die waren nicht nur schön, sondern auch gefährlich. Denn Feuer brach an vielen Stellen gleichzeitig aus. Das Durcheinander auf der Teufelsinsel ließ sich kaum noch steigern. Kopflos rannten die Dons durcheinander.
Da feuerte Hasard den nächsten Brandsatz ab.
Der Schuß traf. Die zweite Galeone ging in Flammen auf. Funken stoben bis zu den Mastspitzen hoch.
Ungerührt schauten die Seewölfe zu, als die stolzen spanischen Galeonen ausbrannten und sich in schwelende Trümmer verwandelten.
Die Wut der Dons kannte keine Grenzen.
„Der Klügere gibt nach“, sagte Hasard ironisch. „Die haben erst mal genug. Also ziehen wir uns zurück. Das war erst eine Niederlage für die Spanier. Ein Teilsieg. Aber die zweite Schlappe für die Dons wird nicht lange auf sich warten lassen. Wir werden siegen!“