Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 23

8.

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Er war doch eine rechte Frohnatur, dieser Sir John. Und stets machte er die Rechnung ohne den Wirt.

Der Nebel war sein Verbündeter gewesen. Insofern stimmte seine Kalkulation, daß niemand seine Karavelle bei den Überfällen erkannt hatte. Wen man nicht erkannt hat, den kann man auch nicht anklagen, nicht wahr? Und nach Plymouth war er nie gesegelt – bewahre! Was sollte er denn dort!

Sir John war ein bewährter Lügenbold, und seine Mannschaft würde auch erklären, daß der Himmel lila sei, wenn Sir John das so anordnete. Von daher war also nichts zu befürchten.

Das Drama in Sir Johns räuberischem Dasein war die Tatsache, daß er stets Schiffbruch erlitten hatte, wenn er mit dem „Bastard“ und seinen Männern aneinandergeraten war. Er hätte aufgrund dieser Erfahrungen eigentlich wissen müssen, daß mit diesen Kerlen nicht gut Kirschen essen war. Er hätte auch einkalkulieren müssen, daß ja bereits Burton und Bromley tätig gewesen waren, um es dem Bastard und seinen Kerlen heimzuzahlen.

Dieser Sir John hätte schon gewarnt sein müssen, als ihm nach der Breitseite auf die Werft prompt eine Antwort erteilt worden war. Und wären die Nebelschwaden nicht gewesen, dann hätte diese Antwort verdammt höllisch werden können, wie der eine gezielte Schuß bewies.

Aber solche Gedanken lagen Sir John recht fern, und darum war er eben eine Frohnatur. Er bildete sich ein, husch-husch ins Körbchen, in Falmouth verschwinden zu können.

Im Morgengrauen des neuen Tages geschah es, daß sich die Nebelschwaden etwas lichteten.

Aber die Illusionen Sir Johns lichteten sich keineswegs.

Da hing ihnen nämlich ein Schiff im Kielwasser, das schlank und schmal war und einen spitz hochgezogenen Steven hatte.

Sir John stierte durch das Spektiv und brauchte nicht sehr lange, um zu kapieren, was für ein Schiffchen da hinter ihm herpirschte – jenes Schiffchen, das nach seiner felsenfesten Überzeugung etwas sehr Schönes im Laderaum hatte, etwas Glitzerndes, Funkelndes, Silbriges, Goldenes – ei-ei!

Zuerst war er sehr erschrocken gewesen. Aber das verwischte sich, als er an den Laderaum dachte – an die Truhen und Kisten und so.

Er spitzte die Lippen. Oh-oh, da mußte man sehr vorsichtig zu Werke gehen, um das Kostbare nicht zu versenken. Und schau mal an, dieses hübsche Schiffchen hatte nicht eine einzige Kanone an Bord, nicht eine einzige! Na, so was!

Sir John flötete entzückt und rieb sich die Hände. Und dann rief er seinen Bootsmann zu sich.

„O’Leary“, sagte er, sehr heiter gestimmt, „heute ist der Tag des Herrn. Wir werden dieses feine Schiffchen dort entern, was nicht weiter schwerfallen wird. Keine Affäre. Dazu ist es notwendig, ihm ein bißchen die Segelchen zu zerschießen – auf keinen Fall darf das Rümpfchen getroffen werden, auf gar keinen Fall. Wer das Rümpfchen trifft, dem schneide ich eigenhändig die Öhrchen ab. Hast du das verstanden, mein Guter?“

„Aye, Sir, verstanden. Wir halten am besten mit den Drehbassen ins Rigg und laden Kettenkugeln.“

„Ein feines Ideechen!“ Sir John klopfte seinem Bootsmann auf die Schulter. „Was meinst du, wie wir ihn packen?“

„Auf Gegenkurs gehen, damit wir ihn von der Seite kriegen. Von vorn ist seine Silhouette zu schmal. Überhaupt ein merkwürdiges Schiff. Das lag doch zusammen mit der Galeone vor der Werft.“

„Richtig. Dort lag es, und jetzt ist es frech und verfolgt uns. Ein kleiner Frechling ist das.“ Sir John kicherte.

O’Leary schaute ihn leicht irritiert an. Er fand, daß sich der Alte ein bißchen merkwürdig benahm.

Sir John fuhr mit seinen Verniedlichungen fort. „Ein kleines Späßchen werden wir mit dem Schiffchen haben. Es hat nicht mal Kanönchen an Bord. Was sagst du jetzt, mein Guter?“

O’Leary runzelte die Stirn. „Das begreife ich nicht so ganz, Sir. Es scheint uns zu verfolgen. Aber ohne Kanonen? Sind die Kerle verrückt?“

„Das sind so die Trickchen von dem kleinen Bastard“, erklärte der Alte.

„Welchem Bastard, Sir?“

Da wurde Sir John wütend. „Der Kerl läßt sich Seewolf nennen. Schon mal von dem was gehört, O’Leary?“

Der Klotz zuckte leicht zusammen. „Etwa Ihr Pflegesohn, Sir?“

„Pflegesohn?“ brüllte Sir John. „Ein Hurensohn ist das, verstanden? Ich habe keinen Pflegesohn! Genug geschwätzt. Jetzt wird zum Tänzchen aufgespielt. Laß die Drehbassen laden, Bootsmann. Mit Kettenkugeln. Zum Entern Handwaffen verteilen, keine Schußwaffen. Ich will die Kerle lebend. Und weißt du, warum ich sie lebend haben will?“

„Nein, Sir“, sagte O’Leary unbehaglich. Keine Schußwaffen? Verdammt, von diesen Seewölfen und ihrem Kapitän gingen die wüstesten Geschichten um. Das sollten ganz verwegene Burschen sein.

„Die haben Schätze verborgen“, erklärte Sir John. „Wahrscheinlich ist dieses Schiff da hinter uns ebenfalls bis unter die Luken vollgestopft. Aber sie haben noch mehr. Und ich muß erfahren, wo sie das Zeug versteckt haben. Wenn wir uns diese Burschen geschnappt haben“, Sir John kicherte hämisch, „wird einer bestimmt plaudern, wenn wir ihn ein bißchen gekitzelt haben. So, jetzt weißt du Bescheid.“

Fünf Minuten später war die Karavelle, was die Drehbassen und die Bewaffnung der Kerle betraf, gefechtsbereit. O’Leary regelte das. Dieser rüde Klotz von Kerl mit seiner Holzhackervisage und den mächtigen Fäusten ging keinem Kampf aus dem Wege. Aber seit er wußte, daß ihre Gegner die Seewölfe waren, schwante ihm wenig Gutes, mochte dieses merkwürdige Schiff da hinter ihnen nun Kanonen an Bord haben oder nicht.

So ging der Bootsmann mit schweren Gedanken schwanger, während sich Sir John schon wieder die Hände rieb, befangen in seinen Illusionen oder Wunschvorstellungen. Denn die Schatztruhen, die Ben Brighton und seine Gruppe aus dem Wrack der „San Marco“ geborgen und nach Plymouth gebracht hatten, befanden sich nicht mehr auf seiner Sambuke, sondern auf der „Pride of Galway“, wo sie sicherer und besser aufgehoben waren.

Als O’Leary die Karavelle gefechtsbereit gemeldet hatte, ließ Sir John blitzschnell wenden und auf Gegenkurs gehen.

Sie hatten die Karavelle schon lange vor Morgengrauen entdeckt und dabei Glück gehabt, denn der Wind wehte immer noch aus Westen, was bedeutete, daß sie nach Westen aufkreuzen mußten, einmal über Backbordbug, einmal über Steuerbordbug. Auf diesen Kreuzschlägen hätte es ihnen durchaus passieren können, an der Karavelle vorbeizulaufen, wenn die zu diesem Zeitpunkt auf dem anderen Kreuzkurs lag, was bedeutet hätte, daß sie sich voneinander entfernt hätten – und die Sambuke war schneller als die Karavelle.

Dann hatten ihnen die immer wieder auftretenden Nebelfelder Schwierigkeiten bereitet, aber sie waren zäh an der Karavelle drangeblieben, ohne von dieser bemerkt zu werden.

Immer wieder auch hatten die Segel aufgefiert werden müssen, um nicht zu dicht an die Karavelle zu geraten.

Weit hinter ihnen war dann die Galeone aufgetaucht – Hasard mit seinen Männern, wobei allerdings wohl Ferris Tucker und vielleicht zwei, drei Mann bei der Werft geblieben waren, um sie abzusichern und mit Tagesbeginn wieder an der neuen „Isabella“ mitzuarbeiten.

Drei große, nach achtern strahlende Laternen – das hatte Ben Brighton, der an alles dachte, Hasard übermitteln lassen –, sollten den Männern auf der Galeone dazu dienen, die Sambuke zu finden und ihr zu folgen. So hatte auch Hasard mit der Galeone aufschließen können. Aber er war außerhalb der Sichtweite der Karavelle geblieben.

Das hing ganz einfach damit zusammen, daß man an eine Konfrontation mit dem Gegner erst bei Tageslicht denken konnte. Zum anderen hatte die „Pride of Galway“ als Galeone Mühe, mit der Karavelle – und natürlich der Sambuke – Schritt zu halten. Allerdings wurde die Karavelle sehr lax gesegelt. Die Keris segelten sie nicht voll aus. Darum war es Hasard gelungen, ganz allmählich aufzuschließen.

Das alles hatte Ben Brighton genau und gründlich, wie es seine Art war, durchdacht. Seit er wußte, daß ihm Hasard folgte, hatte er die freie Entscheidung, wie er es anpackte, um den Gegner zu stellen. Sein Plan war, von achtern an die Karavelle heranzulaufen und ihre Ruderanlage mit Flaschenbomben außer Betrieb zu setzen. Das konnte er allerdings nur, wenn es ihm gelang, unbemerkt auf Wurfweite heranzukommen.

Diesen Plan hatten die wechselnden Sichtverhältnisse über den Haufen geworfen. Als er im Schutz der Nebelschwaden hatte auflaufen wollen, waren sie aufgerissen. Das war im Morgengrauen gewesen.

Außerdem hatte Al Conroy, der vorn im Bug der Sambuke die Karavelle mit dem Spektiv im Auge behielt, abgewinkt. Er hatte beobachtet, daß man sie entdeckt hatte.

Und dann hatte er sehr lange durch das Spektiv geschaut – fixiert auf einen Punkt.

Smoky stand neben ihm – ohne Spektiv – und sagte: „Gibt’s da Weiber zu sehen, du Hirschriese, daß du solange auf einen Punkt stierst?“

Al Conroy hatte einen grimmigen Ausdruck im Gesicht, als er das Spektiv absetzte und Smoky anschaute.

„Weiber?“ knurrte er und gab Smoky das Spektiv. „Dann schau mal durch, ob du dasselbe siehst wie ich. Was ich meine, steht genau achtern mittschiffs an der Heckgalerie und peilt ebenfalls mit einem Kieker zu uns.“

Smoky nahm das Spektiv entgegen, setzte es an und linste hindurch. Er schaute auch sehr lange.

Als er es sinken ließ, sagte er: „Da kratz mir doch einer das Kielschwein – Sir John, eh?“

„Richtig“, sagte Al Conroy wild. „Sir John, unser guter alter Sir John, die Oberwildsau aller Wildsäue. Merkst du was, Bruder? Der Mistkerl steckt mit den Hundesöhnen Burton und Bromley unter einer Decke. Wetten?“

„Die Wette gewinnst du“, erwiderte Smoky und eilte nach achtern, um Ben Brighton zu informieren.

„Hat’s dir des Kutschers Hühnersuppe verhagelt?“ fragte er lächelnd, als Smoky bei ihm erschien.

Smoky fluchte. „Da kann einem tatsächlich die Suppe hochkommen. Was meinst du wohl, wer den Zossen da vor uns segelt?“

„Na?“

„John Killigrew, der alte Galgenvogel!“

„Wie bitte?“ fragte Ben Brighton entgeistert. „Der alte Killigrew, Hasards verdammter Pflegevater?“

„Wie er leibt und lebt“, knurrte Smoky. „Und Al hat recht, wenn er meint, daß er, Burton und Bromley unter einer Decke stecken.“

Ben Brighton mußte sich erst von seiner Überraschung erholen.

Dann murmelte er: „Könnte durchaus sein. Der Kater läßt das Mausen nicht. Wie ich den Alten kenne, hofft der mal wieder, uns ausnehmen zu können. Ich glaube, bald gibt’s Zunder. Legt die Flaschenbomben bereit, Handwaffen ebenfalls.“

„Geht klar, Ben. Willst du angreifen?“

„Bist du verrückt? Wir halten Fühlung. Ich bin überzeugt, daß der Alte zuerst initiativ wird.“

So war’s auch.

Als der Alte über Stag und sofort auf Gegenkurs ging, reagierte Ben Brighton prompt und schnell, indem er einfach abfiel und halste.

Jetzt war die Situation umgekehrt – die Karavelle verfolgte die Sambuke, die vor dem Westwind vor ihr herlief. Ben Brightons Absicht war klar, nämlich die Karavelle hinter sich herzulocken und auf diese Weise an Hasards Galeone heranzuführen. Da würde Sir John sein blaues Wunder erleben – hoffte Ben.

Und um Sir John noch mehr zu ködern, ließ er das achtere kleinere Segel der Sambuke ziemlich lose fahren, um der Karavelle nicht auf und davon zu segeln. Der Alte sollte den Eindruck gewinnen, schneller als die Sambuke zu sein. Wahrscheinlich kannte er diesen Schiffstyp nicht, der schneller und wendiger als eine Karavelle war.

Dann schob sich eine Nebelbank zwischen die Sambuke und Karavelle, und als sie wieder aufriß, war Sir John ziemlich dicht aufgesegelt.

Sekunden später blitzte es auf der Back der Karavelle auf, und die Seewölfe auf der Sambuke zogen die Köpfe ein, als sie das häßliche Geräusch der heranwirbelnden Kettenkugeln hörten.

Es trat genau das ein, was Ben Brighton hatte vermeiden wollen – nämlich in den Schußbereich der Karavelle zu geraten.

Zwei Kettenkugeln rasten in das Rigg der Sambuke, und da gab’s Kleinholz. Die lange Rahrute des vorderen trapezförmigen Latinersegels zersplitterte, löste sich vom Pfahlmast und klatschte samt dem zum Teil zerfetzten Segel an Steuerbord ins Wasser.

Pete Ballie, wie immer am Ruder, konnte überhaupt nichts tun. Die Sambuke stellte sich quer, den Bug nicht mehr nach Osten, sondern nach Süden gerichtet – das große Segel an Steuerbord im Wasser wirkte wie ein mächtiger Hebelarm.

Das sah übel aus für die Seewölfe unter Ben Brighton.

Die Karavelle schäumte heran wie ein wütender Schwan. Noch ein Drehbassenschuß krachte, und wieder raste mißtönend eine Kettenkugel auf die Sambuke zu. Sie legte den achteren Mast um und begrub Ben Brighton, Pete Ballie und den alten O’Flynn unter dem niederstürzenden Segel. Den Seewölfen mittschiffs und vorn flogen Musketenkugeln über die Köpfe.

Smoky und Al Conroy kümmerte das nicht. Sie sprangen auf und schnappten sich die Flaschenbomben – völlig witzlos, denn die beiden Holzkohlebekken, die sie brauchten, um die Lunten der Flaschenbomben zu zünden, waren außenbords geflogen. Teile der zersplitterten Rahrute hatten sie mitgerissen.

Achtern stieß Ben Brighton unter dem Segeltuch noch wie ein wilder Kastenteufel. Er hatte das Tuch über sich mit dem Degen zerschlitzt, um sich befreien zu können. Über Bens Stirn lief Blut.

„Sie werden entern!“ brüllte er den Männern zu. „Jetzt zeigt’s den Bastarden, daß ihr zu kämpfen versteht!“

Sekunden später donnerte die Karavelle achtern in die Sambuke – ein Versehen des Rudergängers, der den Überblick verloren hatte und dafür von Sir John mit einem Faustschlag niedergestreckt wurde.

Karavelle und Sambuke waren ineinander verkeilt. Die Karavelle schwoite vom Zusammenprall herum und drehte das Heck nach Westen, vor sich im Steven die Sambuke, in deren Heckraum das Wasser gurgelte. Ihr Bug ragte bereits schräg aus dem Wasser.

Die Seewölfe, die der Anprall zu Boden gerissen hatte, rappelten sich auf, während Ben Brighton Pete Ballie und Old O’Flynn unter dem Segel hervorzerrte.

Das geschah alles binnen weniger Sekunden, und Ben Brighton begriff die Einzigartigkeit der Situation, als er sich umschaute und sah, wie die Kerle der Karavelle an Tauen nach unten hangelten, um die absaufende Sambuke zu entern.

Er drehte den Spieß um.

„Entert, Arwenacks!“ brüllte er, fegte einen Kerl, der ihm beim Abentern beinahe auf die Füße trat, mit einem Fausthieb außenbords, klemmte sich den Degen zwischen die Zähne und kletterte seinerseits zum Bug der Karavelle hoch.

Die Seewölfe folgten seinem Beispiel und brüllten dabei wie wilde Stiere.

Einzig Old O’Flynn blieb zurück und hieb mit seiner Krücke um sich. Er lehnte am Stumpf des achteren Mastes, ein wilder, alter Teufel, und lachte sich halbtot, wenn er einen der Kerle umgesenst hatte.

Zu dem Zeitpunkt befand sich Ben Brighton oben auf der Back der Karavelle bereits im Nahkampf mit Sir Johns Kerlen. Er hatte seinen Degen verloren, aber eine Spillspake gefunden. Mit der drehte er sich wirbelnd im Kreis, und die herandrängenden Kerle flogen weg wie die Puppen.

Noch mehr Seewölfe tauchten auf, und plötzlich war die Back wie leergefegt. Mit Fäusten und Belegnägeln griffen die Seewölfe an – Roger Brighton, Smoky, Pete Ballie, Sam Roskill, der alte Will Thorne, Al Conroy, Bob Grey. Sie waren wie entfesselt und röhrten ihr „Arwenack!“, daß die Kerle Sir Johns erzitterten.

Sir John tobte achtern herum wie ein Wilder. Das lief nicht so, wie er sich das gedacht hatte.

„Ihr sollt das Schiff entern, ihr feigen Hunde!“ brüllte er rasend vor Wut.

Das genau war der Moment, in dem noch einer auf dem Plan erschien – Hasard.

Ohne Rücksicht auf Verluste jagte er mit der „Pride of Galway“ in die Backbordseite der Karavelle und sprang vom Bug seines Schiffes gleich als erster hinüber auf die andere Kuhl. Federnd setzte er auf – und stand vor Simon Llewellyn. Er brauchte die Zeit eines Lidschlags, um zu begreifen, auf wessen Schiff er sich befand.

Neben ihm setzte Carberry auf, dann Big Old Shane – alle im ersten Moment verblüfft, als sie erkannten, wen sie da vor sich hatten.

Hasard schlug als erster wiederum zu, und Simon Llewellyn, der ihn wie ein Mondkalb angeglotzt hatte, flog hinter seinem Kopf her, rutschte unter einem Culverinenrohr an Steuerbord hindurch, riß ein Holzkohlebekken um und wurde von der herumfliegenden Glut angekokelt. Sein Gebrüll war nicht zu überhören.

Während Carberry den Bootsmann O’Leary auf die Hörner nahm, fegte Big Old Shane das Ferkel Thomas Lionel von den Planken. Er raste, mit dem Kopf voran, zwischen die Stufen des Niedergangs zur Back und blieb dazwischen hängen. Smoky jumpte von der Back nach unten und versohlte ihm mit Lust den Hintern.

Hasard stürmte in diesem Moment das Achterdeck der Karavelle, entging um Haaresbreite einer Pistolenkugel, die Sir John auf ihn abgefeuert hatte, und ging den Alten im Hechtsprung an. Sir John wurde von den Füßen gerissen. Hasard war schneller wieder hoch, schlug ihm die Pistole aus der Hand, und dann hagelte es Maulschellen, nachdem er Sir John maßgerecht hochgehievt hatte – links und rechts und rechts und links, Vorhand und Rückhand.

„Da – und da!“ stieß Hasard dem Alten ins Gesicht. „Es ist mir eine Ehre, Sir! Und hier – und noch eine! Sie werden bedient, wie es sich gehört – Maulschellen für Lumpen! Da! Da! und Heissa! Und hopp! Und noch eine …“

Sir Johns Kopf flog hin und her. Er fuchtelte mit den Armen, dann wollte er Hasard vors Schienbein treten, der wich aus und feuerte dem Alten ein Ding an die Ohren – wobei er gleichzeitig losließ –, daß Sir John wie ein Kreisel abging, gegen den Besanmast prallte und wegsackte.

Damit waren Sir Johns Illusionen zerplatzt wie Seifenblasen.

Und die Schlacht war aus, sie war schon aus gewesen, als sich Hasard den Alten vorgenommen hatte.

Die Kerle, einschließlich Sir Johns und seiner Ferkelsöhne, wurden ohne viel Federlesens in den Laderaum der „Pride of Galway“ verfrachtet. Wer das Maul aufriß, empfing noch einmal Dresche, da waren sie gar nicht zimperlich, die Seewölfe, denn sie hatten allen Grund, über den neusten Streich Sir Johns nicht gerade erbaut zu sein.

Dann gab es ein fürchterliches Geschrei am Bug der Karavelle, wo Old O’Flynn im Wasser herumzappelte, weil ihm die Sambuke unter den Stiefeln weggesackt war.

Ben Brighton enterte erschrocken an einer Jacobsleiter ab und hievte den zeternden Alten aus dem Wasser und nach oben. Old O’Flynn tobte nicht schlecht, daß man ihn vergessen hatte. Er stand triefend an Deck und brüllte ausgerechnet Carberry an, der überhaupt nicht wußte, was los war.

Als sich die beiden in die Haare geraten wollten, gab es noch eine Überraschung, denn Big Old Shane erschien aus dem Schott des Achterdecks und schleifte zwei Kerle hinter sich her wie abgeschossene Hasen. Den einen hatte er links am Schlafittchen, den anderen rechts.

Samuel Taylor Burton und Mark Bromley.

Er warf sie Hasard vor die Füße.

„Ein feines Trio“, knurrte er. „Der Alte hatte sie in einer Kammer eingesperrt, und sie behaupteten sofort, mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben. Da hab ich sie erst mal ein bißchen gestreichelt. Natürlich gehören die drei Halunken zusammen. Sie haben sich nur zerstritten, weil der Alte in Plymouth das verkehrte Schiff in die Luft gejagt hat. Soll ich diese Stinktiere über Bord werfen?“

Er sagte das nur so, der alte Shane, denn er blinkerte mit dem rechten Auge.

Und prompt brüllte der dicke Burton: „Ich gestehe alles!“

Sie landeten ebenfalls im Laderaum der „Pride of Galway“ – und dann mit dem alten Killigrew, seinen Söhnen und seiner Mannschaft in Plymouth im Gefängnis. Dorthin hatte sie Hasard mit der „Pride of Galway“ gebracht, während Ben Brighton die Karavelle nach Plymouth gesegelt hatte, wo sie vom Hafenkommandanten an die Kette gelegt worden war. Es würde einen dikken Prozeß geben, auch und gerade für John Killigrew. Das Maß seiner Untaten war so ziemlich voll.

Zwei Tage später nach diesen Ereignissen erschien ein Offizier auf der Werft des alten Ramsgate und wollte Sir Hasard sprechen.

Voller Erstaunen erfuhr Hasard, daß der Offizier im Auftrag der Königin aus London erschienen war. Bei Hofe sei bekannt, daß er sein Schiff verloren habe, aber bereits hier auf der Werft in Rame Head ein neues bauen lasse. Daher nehme Ihre Majestät an, daß Sir Hasard für eine bestimmte Zeit zur Verfügung stehe.

Hasard bejahte das In diesem Falle so erklärte der Offizier, sei er berechtigt, Sir Hasard eine Galeone zu zeigen, die er für eine bestimmte Aufgabe übernehmen werde, da die Krone überzeugt sei, keinen besseren Mann als Kapitän zu finden, was sich aber auch auf seine Crew beziehe, von der Ihre Majestät in der größten Achtung spreche. Ihre Majestät habe ihm auch aufgetragen, einem gewissen Mister Carberry ihre herzlichsten Grüße zu übermitteln – ihm und der ganzen Crew.

Es passierte selten, daß der Profos verlegen wurde. Aber dieses Mal stand er da wie ein kleiner Junge, der in die Hosen gemacht hat.

Die Arwenacks brüllten vor Lachen.

Eine Stunde später standen Hasard und der Offizier an einem abgelegenen Kai von Plymouth, wo die Galeone auslaufbereit lag. Sie sollte noch erprobt und dann ausgerüstet werden. „Hornet“ stand an ihrem Heck – „Hornisse“. Hasard empfing eine Pergamentrolle, in der urkundlich beglaubigt wurde, daß Sir Hasard Killigrew im Auftrag der Königin berechtigt sei, die „Hornet“ als Kapitän zu übernehmen, um im Namen und auf Order Ihrer Majestät zu segeln. Nähere Einzelheiten, so sagte der Offizier, werde Sir Hasard in den nächsten Tagen erfahren.

Etwas ratlos, aber auch geehrt kehrte Hasard zur Werft zurück. Die Arwenacks tippten auf einen neuen Raid.

Carberry sagte: „Damit ihr nicht das Stechen verlernt, ihr verlausten und dreifach geteerten Hornissen …“

Seewölfe Paket 15

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