Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 27

3.

Оглавление

„Das ist wirklich ein dicker Hund“, sagte der Kutscher. „Hört denn das nie auf? Nicht mal in Plymouth ist man seines Lebens sicher. Wir hätten die ‚Pride of Galway‘ doch nicht ganz ohne Bewachung lassen sollen.“

Der Seewolf sah seinen Koch und Feldscher an. „Jetzt, nachdem wir den Schatz der Spanier von Bord geschafft und versteckt haben, kann doch nicht mehr viel passieren. Sollen die Schnapphähne und Hurensöhne den Kahn ruhig klauen, mir ist es egal. Wir können auch an Land übernachten.“ Er grinste spitzbübisch. „Vielleicht sogar hier, in der ‚Bloody Mary‘.“

„Mit anderen Worten – wir geben die ‚Pride‘ auf?“ fragte Gary Andrews überrascht.

„Wer immer sie entwendet, wird damit sein blaues Wunder erleben“, erwiderte Hasard. „Ihr wißt doch, was uns bei der Überfahrt von Irland hierher passiert ist. Das Schiff ist so bekannt wie ein bunter Hund, und der erste englische Segler, der seinen Kurs kreuzt, schießt es garantiert zusammen.“

„Aber was ist, wenn der Gegner sich an Bord schleicht und auf uns wartet?“ erkundigte sich Matt Davies. „Angenommen, wir kehren auf die ‚Pride‘ zurück und werden dort überfallen – wäre das nicht eine Schande für uns?“

„Eine Schande wäre es, wenn wir den Unrat nicht rechtzeitig genug wittern würden“, widersprach der Seewolf. „Stimmt’s, Donegal?“

„Ganz recht, Sir“, sagte der alte O’Flynn. „Aber wir riechen schon, was los ist, keine Angst. Ich hab das richtige Gespür für alles.“

„Freunde“, sagte Carberry mit finsterer Miene. „Ich werde den Verdacht nicht los, verdammt noch mal. Nein, das will mir nicht aus dem Kopf.“

„Was denn nicht, Ed?“ fragte Dan O’Flynn scheinheilig. „Sollte es sich wirklich mal um einen Geistesblitz handeln?“

„Vorsicht, Mister O’Flynn“, sagte der Profos. „Du spielst mit dem Feuer. Ich hab das nicht so gern, daß du mich schief anredest.“

„Das würde ich nie tun“, erklärte Dan gelassen.

Carberry wollte aufbrausen und holte bereits tief Luft. Shane griff jedoch ein. Er blickte zu Dan und sagte: „Dan, halt mal für einen Augenblick die Futterluke. Ich glaube, Ed hat wirklich was Wichtiges vorzutragen.“

„Vorzutragen ist der richtige Ausdruck“, brummte der Narbenmann. Er deutete zu Plymson, der gerade intensiv damit beschäftigt war, seinen zehn Thekengästen den gepanschten Wein anzudrehen. „Plymson steckt hinter dem ganzen Kram. Er hat Wind davon gekriegt, daß auf der ‚Pride‘ ein Schatz ist, oder aber er will die Baupläne der ‚Isabella‘ haben. Vielleicht denkt er auch, wir hätten mit der ‚Hornet‘ im Auftrag der Königin was Bedeutungsvolles vor, das er unbedingt herauskriegen muß. Oder er arbeitet für Bromley und Burton oder für den alten Killigrew, diesen Lausebart – egal, wie, er steckt mit in der Sache drin und hat uns wahrscheinlich diese sechs Halunken auf den Hals gehetzt.“ Er hielt inne. Es war eine lange Rede gewesen, und er mußte seine trockene Kehle unbedingt benetzen. Er trank seinen Humpen Bier in einem Zug aus.

„Da ist was dran“, sagte nun auch Ferris Tucker. „Los, auf was warten wir? Fragen wir Plymmie doch direkt. Der muß es ausspucken, was er weiß, sonst gibt es Zunder.“

„Augenblick“, sagte der Seewolf. „Noch ist nicht bewiesen, daß er etwas damit zu tun hat.“

„Eben, er soll es uns ja verraten“, sagte der rothaarige Riese mit umwerfender Logik. „Aber ich wette, er hat seine schmutzigen Pfoten in der Schweinerei mit drin.“

Smoky erhob sich. „Gehen wir zu ihm. Keine Sorge, Sir, wir fragen ihn ganz freundlich und ruhig. Nicht wahr, Ed?“

„Das steht fest. Wir sind ganz harmlose Kirchgänger.“ Der Profos stand, nachdem er diese Worte gesprochen hatte, ebenfalls auf.

Ferris, Batuti, Finnegan, Rogers und die beiden O’Flynns schlossen sich an, und so marschierten nun acht Männer auf die Theke zu, während Hasard und der Rest der Crew an den Tischen sitzenblieben und gespannt verfolgten, was weiter geschah.

Auszuschließen war wirklich nicht, daß Plymson der Anstifter des heimtükkischen Überfalls war, dem die Seewölfe nur durch ihre Geistesgegenwart hatten begegnen können. Er war bekanntlich zu jeder Gemeinheit fähig, und vielleicht hatte er sich gedacht, daß dies einmal eine günstige Gelegenheit sei, um mit seinen Erzfeinden aufzuräumen oder ihnen zumindest einen ordentlichen Denkzettel zu verpassen.

Carberry stützte den Ellenbogen auf der Theke auf. Plymson schien auf seinem Platz zusammenschrumpfen zu wollen. Sein Gesicht nahm von einem Moment zum anderen die Farbe alten Talges an, und der Schweiß lief ihm in Strömen über die Stirn und die Wangen.

„Kennst du einen Kerl namens Reeves?“ fragte Carberry mit honigsüßer Stimme.

Plymson schüttelte den Kopf, so heftig, daß seine Perücke ins Rutschen geriet. Er war zu aufgeregt, um etwas sagen zu können. Er kannte wirklich keinen Reeves, und er hatte diesmal tatsächlich nichts mit dem Vorfall zu tun, doch es sollte ihm nicht gelingen, dies glaubhaft darzustellen. Wie hieß es doch? Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht …

„He, Nathaniel“, sagte der blondbärtige Bootsmann. „Was ficht dich denn an? Du bist ja ganz blaß. Und schwitzen tust du auch.“

„Der weiß schon, warum er ein schlechtes Gewissen hat“, sagte der Profos mit etwas lauterer Stimme. „Hallo, Plymmie, wenn Reeves nicht zu deinen Freunden gehört, wie wäre es dann mit Hoback? Na? Ray Hoback. Sagt dir der Name was?“

Wieder verneinte Plymson, und dieses Mal mußte er seine Perücke festhalten, sonst wäre sie ihm glatt vom Kopf gerutscht.

„Er treibt’s auf die Spitze“, sagte Ferris Tucker. „Ich begreife einfach nicht, warum er so störrisch ist.“

„Er ist wie ein Maultier“, bemerkte Dan. „Die bocken auch immer dann, wenn’s am wenigsten angebracht ist.“

„Ganz schlechte Sache, Plymmie“, brummte Batuti und rollte dabei mit seinen großen Augen, daß das Weiße zu sehen war. Seine Hand schoß vor, Plymson zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Batuti packte aber den Stör und hielt ihn fest, dann grinste er. „Alles verschalken, hier. Manntaue spannen. Gleich geht großes Taifun los.“

„B-bitte nicht“, stammelte Plymson. „Macht nichts kaputt. Laßt die Sachen heil.“

„Er wiederholt sich“, meinte Smoky. „Das hängt mit dem zunehmenden Alter zusammen. Ich will sagen, man wird vergeßlich, versteht ihr?“

„Ja“, sagte der alte O’Flynn ernst. „So geht’s mir manchmal auch, aber ich weiß trotzdem noch, wo meine Grenzen sind und so. Wenn’s um mein Leben geht, würde ich ganz schnell mit der Wahrheit rausrükken.“

„Spuck’s aus, Plymmie“, sagte Carberry.

„O Gott“, jammerte der Dicke. „O Gottogottogott.“

Jack Finnegan blickte zu Dan und fragte: „Ist er ein frommer Mensch?“

„Nie gewesen“, erwiderte Dan. „Und er wird’s auch auf seine alten Tage nicht mehr, verlaß dich drauf. Er gaukelt uns bloß was vor.“

Plymson versuchte zurückzuweichen, doch Carberry packte blitzschnell zu und hielt ihn an seinem nicht mehr ganz weißen Hemd fest.

„Hiergeblieben!“ Jetzt brüllte der Profos bereits, daß der Stör und die Lampen wackelten. „Was ist das für eine Sauerei, du Saftarsch? Hast du uns die Dreckskerle hinterhergescheucht, was, wie? Rede, du Speckmolch, oder ich ziehe dir die Haut in Streifen von deinem verwanzten …“

Er konnte seinen Lieblingsspruch jedoch nicht zu Ende bringen, denn jetzt trat der blondbärtige Bootsmann auf ihn zu und versuchte, ihn von Plymson zu trennen. Auch die neun anderen Thekengäste nahmen feindselige Haltungen ein.

„Nun mal langsam“, sagte der Blondbart mit ebenso lauter und unheilverkündender Stimme wie der Profos. „Was hat unser Freund Nathaniel euch getan? Was wollt ihr von ihm? Laßt ihn gefälligst in Ruhe. Er ist ein rechtschaffener Mann.“

„Einer, der obendrein noch guten Wein ausschenkt, was?“ sagte Dan belustigt.

Der Blondbart warf ihm einen raschen Seitenblick zu. „Ja. Wieso?“

„Weil er euch bescheißen will“, erklärte Ferris Tucker seelenruhig. „Der Wein ist gepanscht. Morgen früh habt ihr alle eine dicke Rübe – wenn ihr Glück habt. Wenn ihr Pech habt, kotzt ihr euch die Seele aus dem Leib. Kapiert?“

„Nein“, erwiderte Smoky anstelle des Blonden. „Es ist ihm noch keine Hecklaterne aufgegangen, aber das kommt vielleicht noch.“

Dan deutete auf den Weinkrug. „Da ist mehr Asche und Ochsenblut drin als Wein. Ein ganz übles Zeug. Man muß aufpassen, aus welchem Faß Plymmie einem das Zeug einschenkt.“

Vier von den zehn Küstenseglern stießen jetzt leise Pfiffe aus, ihre Mienen änderten sich, sie schienen zu begreifen. Aber der blondbärtige Bootsmann wollte nichts begreifen, er hielt Plymson immer noch für seinen Freund und Carberry für einen üblen Radaubruder.

„Laß den Wirt los“, sagte er.

„Einen Dreck werde ich tun“, sagte der Profos grob. „Kümmre dich um deinen eigenen Mist, die Sache geht dich nichts an.“

„Ed“, sagte der Seewolf warnend, dann stand er auf, und mit ihm erhoben sich die anderen Arwenacks, doch es war bereits zu spät.

„Erbarmen“, stöhnte Nathaniel Plymson zwar noch, doch auch das nutzte nichts mehr, der Taifun brach nun wirklich los, wie Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, eben prophezeit hatte.

Der Blondbart schubste Carberry vom Plymson weg, und für einen Moment war der Narbenmann so verdutzt, daß er den Dicken tatsächlich losließ. Plymson tauchte weg und hielt seine Perücke mit beiden Händen fest, das war vorläufig das klügste, was er tun konnte.

„Ha“, sagte Carberry jetzt.

„Geht’s los?“ fragte Ferris Tucker.

„Ja, es geht los“, entgegnete Smoky.

Der Bootsmann von dem Küstensegler glaubte, mit Carberry leichtes Spiel zu haben und wollte ihm eine Lektion erteilen. Schon hob er seine Faust, grinste und rückte erneut dicht auf den Profos zu, dann aber wurde sein Vormarsch abrupt gebremst.

Etwas hob ihn hoch und schleuderte ihn über die Theke. Er knallte gegen die Fässer, räumte mit seinem Körper ein Regal voller Flaschen und Humpen, Becher und Pints leer, landete ächzend neben Nathaniel Plymson und stellte erst jetzt fest, daß es sich bei der unheimlichen Kraft um Carberrys starke Arme gehandelt hatte.

Die neun anderen Fahrensmänner brüllten vor Wut auf. Auch die vier, die schon geneigt gewesen waren, der Sache mit der Weinpanscherei Glauben zu schenken, leisteten ihrem Wortführer jetzt volle Unterstützung. Die ganze Meute stürmte auf den Profos los, dieser antwortete mit ein paar gesalzenen Ohrfeigen und Boxhieben auf die Attacke, dann griffen auch die anderen Arwenacks und der Seewolf mit ein – und im Nu war das wildeste Handgemenge entbrannt.

„Ich hab’s ja gewußt“, stöhnte Plymson und wollte den blondbärtigen Bootsmann aufhalten, der inzwischen aus seiner kurzen Ohnmacht aufgewacht war und Anstalten traf, sich wieder aufzurappeln.

Mit einem Fluch drehte der Mann sich zu ihm um.

„Loslassen!“ fuhr er den Dicken an. „Was fällt dir ein, mich zu behindern?“

„Haut meine schöne Kneipe nicht kaputt“, jammerte Plymson.

Der Blonde beugte sich zu ihm hinunter. „Sag mal, ist der Wein nun gepanscht oder nicht?“

„Er ist so rein wie eine Jungfrau“, beteuerte Plymson.

„Das prüfen wir noch“, sagte der Blonde und stieß ihn weg.

Sodann jumpte er über den Tresen und mischte sich unter die Kämpfenden. Aber wieder kriegte ihn der Profos zu fassen, und plötzlich stellte er zu seinem hellen Erstaunen fest, daß er auf dem Bauch lag und quer durch die „Bloody Mary“ schlitterte. Erst die widerspenstigen Beine eines Tisches beendeten seine Fahrt, er verfing sich darin und hatte seine liebe Mühe, sich wieder zu befreien.

Die anderen droschen wie die Besessenen aufeinander ein. Die einen, weil sie nicht begreifen konnten, wie man so dreist für einen Plymson Partei ergreifen konnte, die anderen, weil sie es diesen „Bastarden“ und „Himmelhunden“ einmal kräftig zeigen wollten, und überhaupt, weil sie die erlittene Schmach nicht auf sich sitzenlassen wollten.

Sie brüllten und fluchten, Stühle und Tische flogen, es polterte und krachte, und jedesmal, wenn etwas zu Bruch ging, verzog Nathaniel Plymson in seiner Deckung das Gesicht und kniff die Augen zu, als leide er unsagbare Schmerzen.

Plötzlich flog die Kneipentür auf, und weitere acht Mann stürmten herein – der Nachschub der Küstensegler, wie sich gleich herausstellen sollte.

Einer von ihnen, ein Kerl mit einer speckigen Mütze, sah den Blondbärtigen am Boden liegen und schrie: „Burt, was geht hier vor?“

„Sie machen uns die Hölle heiß!“ rief Burt in völlig richtiger Einschätzung der Lage, dann sprang er endlich wieder auf. „Sie wollen uns vermöbeln!“

Nun griffen auch die acht anderen mit in die Schlacht ein. Das Gleichgewicht zwischen beiden Parteien war fast hergestellt. Wild brandete der Kampf hin und her und wollte kein Ende nehmen. Arwenack, der Schimpanse, hatte seinen Sitzplatz auf dem Tisch verlassen und sprang zwischen den Beinen der wütenden Männer herum. Er wollte den einen schon packen und tüchtig in seine Wade beißen, aber im letzten Moment stellte er dann doch fest, daß er sich den falschen Mann ausgesucht hatte – es war Mac Pellew.

„Hau ab, du Affe!“ brüllte Mac Pellew, und prompt zog sich Arwenack kekkernd in die eine Raumecke zurück.

Sir John flatterte schimpfend über den Köpfen der Männer, geriet in die Nähe einer schwankenden Öllampe und versengte sich um ein Haar den linken Flügel. Er kreischte, wich aus und gesellte sich zu Arwenack, mit dem er im Gefecht ja immer dick Freund zu sein pflegte.

Der Stör fiel auf die Theke, die Theke wackelte, und dann krachte auch eine der Lampen zu Boden. Beinah hätte die „Bloody Mary“ Feuer gefangen, doch der Kutscher hatte die Geistesgegenwart, die bereits um sich greifenden Flammen auszutreten.

Es war jetzt noch etwas dunkler in dem Gewölbe, und die Gestalten der Männer hatten etwas Gespenstisches an sich. Plymson glaubte, der Tag des Jüngsten Gerichts sei angebrochen, und flehte den lieben Gott, den Teufel und sämtliche Schutzheiligen, die er kannte, abwechselnd um ihren Beistand an. Doch es tat sich nichts, das den Fortgang des Unheils aufhielt.

Hasard, Carberry und Ferris Tukker waren im Eifer der Auseinandersetzung immer mehr in die Nähe der Tür geraten. Jetzt entledigte sich der Seewolf durch einen gezielten Faustschlag eines der beiden Gegner, die ihm am Hals hingen und ihn zu Boden reißen wollten. Der Kerl flog im hohen Bogen zur Tür hinaus, landete auf den Katzenköpfen und überschlug sich. Hasard wollte auch den anderen Kerl abwerfen, aber jetzt war Burt heran und trat ihm mit voller Wucht ins Kreuz, so daß Hasard samt seinem Gegner ebenfalls ins Freie stolperte.

Hier fielen sie hin und überrollten sich, hieben wieder aufeinander ein und lösten sich dann voneinander. Hasard nutzte die Chance und sprang auf, aber auch seine Gegner waren jetzt flink wieder auf den Beinen.

Carberry taumelte zur Tür heraus, fluchte und fuhr zu Burt herum, der ihm in den Allerwertesten getreten hatte. Burt folgte ihm. Ferris Tucker erschien ebenfalls auf der Bildfläche, und immer mehr Männer verließen jetzt die Kneipe, um den Kampf draußen fortzusetzen.

Plymson, der einen Blick über die Theke riskierte, atmete auf und murmelte: „Weiter so, nur weiter so, ihr Hundesöhne. Tobt euch an der frischen Luft aus und ersauft von mir aus im Hafenwasser. Ihr habt’s verdient, alle Mann!“

Seewölfe Paket 15

Подняться наверх