Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 34

10.

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Yves Grammont glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Die eine englische Galeone – es mußte nach Vangards Beschreibung die „Hornet“ sein – trieb plötzlich aus der Bucht hervor und legte sich quer zum Südwind vor die Einfahrt. Wütendes Gebrüll tönte zur „Louise“ und ihren Begleitschiffen herüber.

Grammont wollte schon das Feuer eröffnen, weil er sich entdeckt glaubte, da meldete ihm Ferret, der den Großmars erstiegen hatte: „Sie haben Schwierigkeiten! Sie kämpfen mit der See und drohen zu kentern!“

„Aber sie haben uns entdeckt!“ schrie Grammont mit verzerrtem Gesicht.

„Nein! Noch nicht! Sie wenden uns alle den Rücken zu!“

Hasard spielte seine Rolle gut, die „Hornet“ schlingerte wirklich so gewaltig in den Wogen, daß man den Eindruck haben mußte, sie würde jeden Moment querschlagen und ihre Mannschaft ins Wasser entladen. Gefährlich war das, Hasard riskierte nicht wenig, ein zu gewagtes Manöver, und es war tatsächlich um die „Hornet“ geschehen. Aber die Crew paßte auf und spielte bestens mit. Es gehörte zum Plan.

„Hölle“, murmelte Yves Grammont. „Das wird doch wohl kein Trick sein? Aber was hat der Hund davon, wenn er uns vor der Bucht abfängt? Er ist uns auf jeden Fall unterlegen.“ Er warf einen Blick durchs Spektiv. Vangards Angaben schienen zu stimmen, die Galeone „Hornet“ war denkbar schlecht armiert. Und in der Bucht, soviel war mittlerweile durch die Einfahrt zu erkennen, schien auch nur ein einziges Schiff zu liegen, andere Masten erhoben sich nicht über die Felsen hinaus, man hätte sie sehen müssen.

Grammont wägte kurz alle Möglichkeiten ab, dann beschloß er, weiterhin an seinem Plan festzuhalten und direkt auf die Engländer loszugehen. Daß es sich wirklich um Engländer handelte, stand unumstößlich fest. Munter flatterte der White Ensign, die weiße Flagge mit dem roten Georgskreuz, im Besantopp der „Hornet“.

Die „Louise“ ging dicht an die „Hornet“ heran, die „Petite Fleur“, die „Antoine“ und die „Coquille“ folgten ihr in Dwarslinie.

Plötzlich begann Batuti im Vormars der „Hornet“ zu gestikulieren und Signalfahnen zu schwenken.

„Ankertrosse gerissen!“ meldete Ferret. „Und jetzt haben sie auch noch Ärger mit dem Ruder! Das sind wirklich Pechvögel! Sie fragen, ob wir ihnen helfen können!“

„Das können wir“, sagte Grammont mit höhnischem Grinsen. Dann ließ er die Stückpforten hochziehen und die Kanonen ausrennen. Grimmig blickten die Mündungen der schweren Siebzehnpfünder-Rohre zu beiden Schiffsseiten heraus, die Geschützführer standen klar bei Lunten.

„Sie haben Angst zu sinken!“ rief Ferret.

„Verdammt, was sind das nur für Holzköpfe“, sagte Grammont. Er rieb sich die Hände und wußte noch nicht, wie sehr er sich täuschte. Noch einmal stieg ihm ein leiser Zweifel auf, irgend etwas könne vielleicht doch nicht stimmen, aber er verdrängte ihn aus seinen Gedanken. Jetzt galt es zu handeln!

Hasard warf noch einen letzten Blick durch das Spektiv und konnte den Namen am Bug der heranrauschenden Dreimast-Galeone entziffern: „Louise“. Er steckte das Rohr weg und sprang aufs Hauptdeck hinunter. Wer ihn von Bord des Piratenseglers aus beobachtete, mußte glauben, er sei in heller Aufregung über einen bevorstehenden Ruderbruch und wolle seine Mannschaft zusammenstauchen.

„Achtung jetzt“, sagte er zu Carberry, Blacky, Finnegan, Rogers, Al, Gary und den anderen, die nur darauf warteten, die Geschütze zu enttarnen und auszurennen. „Ich bin sicher, der Franzose zieht gleich alle Register. Er will uns versenken, nicht entern.“

Alles schien darauf hinzudeuten. Die „Louise“ schob sich noch näher heran, dann drehte sie bei und bot den Männern der „Hornet“ den Anblick ihrer Steuerbordbatterie dar. Grammonts Plan war klar: Er wollte die „Hornet“ zusammenschießen und dann auch die „Fidelity“ angreifen, die nach wie vor in der Bucht lag.

Keine Vorwarnung, keine Aufforderung zur Kapitulation: Grammont schrie: „Feuer!“, und die volle Breitseite fuhr donnernd aus den sieben Rohren.

Batuti, der eben noch eifrig signalisiert hatte, duckte sich im Vormars und griff zu Pfeil und Bogen. Verfluchte Dreckskerle, dachte er, gemeiner ging’s wohl nicht.

Hasards Männer gingen auf dem Oberdeck in Deckung, aber gleichzeitig rissen sie die gewachsten Tücher von den Kanonen.

Heulend flogen die Siebzehnpfünder Kugeln des Gegners heran, doch die Piraten hatten bei dem starken Seegang nicht gut genug zielen können. Drei Kugeln schlugen noch vor der „Hornet“ ins Wasser, zwei rasten hinter dem Heck vorbei, und die beiden anderen orgelten hoch genug über die Kuhl weg. Sie richteten keinen Schaden an.

Jetzt war jedoch auch die „Petite Fleur“ heran und legte sich im Kielwasser der „Louise“ quer zum Wind. Ihre Kanonen sprachen, Feuer und Rauch quollen aus den Rohren, sechs Kugeln stießen gegen die „Hornet“ vor.

Diesmal hatten die Franzosen mehr Glück. Die eine Kugel knickte der „Hornet“ glatt den Bugspriet weg, eine andere krachte ihr oberhalb der Wasserlinie ins Achterschiff und blieb in einem der Räume in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kapitänskammer liegen. Die übrigen vier Kugeln verfehlten ihr Ziel.

Die „Louise“ schickte sich zum Überstaggehen an, doch jetzt gab Hasard seinen Männern einen Wink, und sie gingen ihrerseits zur Aktion über. Auf der „Hornet“ fielen die letzten gewachsten Tücher, die die Kanonen bedeckten, und die getarnten Stückpforten wurden schleunigst hochgezogen.

„Arwenack!“ schrien die Seewölfe, dann rollten die Kanonen vor und streckten ihre langen eisernen Rohre auf die See hinaus. Die Lunten glommen auf, das Zündkraut begann zu knistern, und brüllend fegte gleich die zehnfache Antwort auf Grammonts Attacke zur „Louise“ und zur „Petite Fleur“ hinüber.

Easton Terry befolgte den Befehl, den Hasard ihm vor dem Auslaufen gegeben hatte. Jetzt, da er die Kanonen der „Hornet“ wummern hörte, ließ auch er die Segel setzen, und die „Fidelity“ verließ ebenfalls die Bucht. Platt lag sie vor dem Südwind und hatte die günstige Luvposition inne. Sofort griff Terry in das Gefecht ein.

Die Fetzen flogen, massiver Widerstand prallte den Piratenschiffen entgegen. Damit hatte Yves Grammont weiß Gott nicht gerechnet, und in seinem Zorn verfluchte er Vangard, der sich in seinen Beobachtungen doch geirrt hatte.

Es war aber zu spät, die Taktik zu ändern, er mußte sich dem Gegner voll stellen. Natürlich gab sich Grammont nicht geschlagen – zornig warf er sich mit seinem kompletten Viererverband in den Kampf, und jetzt brüllten und donnerten die Kanonen, daß es bis nach Brest hin zu hören war.

Die „Petite Fleur“ war durch zwei Kugeln getroffen und versuchte, sich dem erneuten Feuer der „Hornet“ durch ein geschicktes Manöver zu entziehen. Hasard folgte ihr jedoch und entging um Haaresbreite der nächsten Breitseite, die die „Louise“ auf sein Schiff losschickte.

Die „Antoine“ und die „Coquille“ nahmen die „Fidelity“ in Empfang, aber Easton Terry ließ sich nicht beeindrucken. Von Anfang an bewies er Kaltblütigkeit. Längst war auch sein Schiff klar zum Gefecht, und jetzt brachte er der „Antoine“ gleich im ersten Anlauf ein paar empfindliche Treffer bei.

Ferris Tucker zündete auf dem Achterdeck der „Hornet“ eine seiner Flaschenbomben und schleuderte die kompakte Ladung zur „Petite Fleur“ hinüber. Ehe man dort erkannt hatte, daß es sich um eine Wurfgranate handelte, ging sie hoch und riß ein Loch in das Vorschiff.

Jean Bauduc, der sich gerade auf der Kuhl seines Schiffes befand, konnte sich gerade noch rechtzeitig in Deckung bringen. Dann sprang er wieder auf und fluchte mit seinen Männern zusammen über die Bescherung, die sich ihren Augen bot, als sich der Rauch der Explosion verzog.

Batuti und Shane sandten Brandpfeile gegen die Feindschiffe aus, und da es gerade wieder nicht regnete, fing die Takelage der „Petite Fleur“ als erste Feuer. Wenig später brannten auch die Segel der „Antoine“.

Bisher hatte der Kampf ohne merkliche Veränderung hin und her getobt, jetzt aber zeichnete sich eine Wende ab. Die „Hornet“ und die „Fidelity“ gewannen die Oberhand. Easton Terry erwies sich als ein harter Kämpfer, Hasard gestand ihm dies neidlos zu. Im Gefecht ergänzten sie sich ausgezeichnet, als hätten sie schon früher Seite an Seite gekämpft.

Die „Louise“ glitt ein Stück außer Reichweite und versuchte dann, an die „Fidelity“ heranzusegeln, doch Terry war auf der Hut und empfing Grammont mit Drehbassenfeuer vom Achterkastell.

Die „Coquille“ hatte gewendet und hielt jetzt auf die „Hornet“ zu, um der in Bedrängnis geratenen „Petite Fleur“ zu Hilfe zu eilen. Auf der „Antoine“ hatte man alle Hände damit zu tun, den Brand zu löschen.

Hasard ließ das Feuer auf die „Coquille“ eröffnen und schlug sie zurück, dann wandte er sich erneut der „Petite Fleur“ zu. Wieder krachten die Kanonen, wieder flog eine Wurfgranate, und diesmal war das Schicksal von Jean Bauducs Schiff besiegelt. Ihre Lecks klafften bis über die Wasserlinie hinaus. Sie zog Wasser und begann zu sinken.

Bauduc und seine Kerle versuchten zu retten, was zu retten war, doch bald mußten sie einsehen, daß es sinnlos war. Sie mußten die „Petite Fleur“ aufgeben und von Bord gehen,

Terry wehrte die „Louise“ ab, dann ging er an die „Antoine“ heran, ehe die „Coquille“ sich ihm zuwenden konnte. Er feuerte die vorderen Drehbassen ab, luvte an und ließ auch die Culverinen sprechen, und jetzt war die „Antoine“ genauso schwer angeschlagen wie die „Petite Fleur“, die ihr Heck ins Wasser senkte und den Bug fast senkrecht hochhob, während ihre Mannschaft auf die Felsen an der Bucht zuschwamm und ihre liebe Not hatte, nicht elendig zu ersaufen.

Auch die „Antoine“ sank, und Pierre Servan und seine Leute mußten ebenfalls von Bord gehen, sie hatten keine andere Wahl.

Grammont und Saint-Jacques nahmen mit der „Louise“ und der „Coquille“ erbost Kurs auf die Engländer.

Die Männer der „Antoine“ konnten ein Beiboot abfieren, doch dieses kenterte im Sturm, als sie gerade hineingeklettert waren. Servan und seine Männer mußten schwimmen wie Bauduc und dessen Crew, und die „Louise“ und die „Coquille“ konnten die Schiffbrüchigen nicht übernehmen, weil die „Hornet“ und die „Fidelity“ sie immer wieder abdrängten.

Schließlich mußte Yves Grammont die Flucht antreten.

Obwohl es ganz und gar nicht seinem Wesen entsprach, mußte er kapitulieren, vorläufig jedenfalls, denn auch die „Louise“ war schwer angeschlagen. Die „Coquille“ allein konnte sich gegen die „Hornet“ und die „Fidelity“ nicht behaupten, und so verzog sich auch Saint-Jacques im zunehmenden Sturm nach Westen. Er folgte Grammont, der wutentbrannt nach einer Möglichkeit Ausschau hielt, zu verholen und die schlimmsten Lecks abzudichten.

Wieder begann es zu regnen. So erloschen wenigstens die Feuer in der Takelage. Doch nichts konnte Grammonts Zorn abkühlen.

Er schwor bittere Rache – und das Gesicht jenes schwarzhaarigen Teufels, den er auf dem Achterdeck der „Hornet“ hatte stehen sehen, hatte er sich ganz genau gemerkt. Immer wieder fragte er sich, wer dieser Himmelhund, dieser Bastard und Satansbraten, wie er ihn nannte, wohl sein mochte. Ganz bestimmt kein harmloser Handelsfahrer. Diesen Irrglauben hatte Grammont teuer bezahlen müssen, und jetzt stand er vor einem Rätsel.

Warum diese Falle? Warum der ganze Aufwand? Hatte England etwas herausgefunden und holte jetzt zum Gegenschlag aus? Glaubte man dort drüben, auf der anderen Seite des Kanals, nicht mehr an zufällige Überfälle von Piraten auf Engländer, sondern vermutete hinter alldem ein Komplott?

Wie auch immer – er würde sich an diesem schwarzhaarigen Hund, der der Führer der beiden Schiffe zu sein schien, rächen!

Hasard und Easton Terry verzichteten darauf, die flüchtenden Piraten zu verfolgen. Sie nahmen sich lieber die Schiffbrüchigen vor, deren einzige Rettung jetzt darin bestand, direkt zum Ufer zu schwimmen und sich in der Umgebung der Bucht zu verstecken.

„Wir müssen versuchen, einige der Kerle zu schnappen“, sagte der Seewolf zu Ben Brighton. „Wie sieht es bei uns aus? Haben wir Verletzte?“

„Nur leichte Verwundungen, nichts Ernstes“, antwortete Ben. „Der Kutscher ist dabei, die Blessuren zu verarzten.“

„Gut. Lecks?“

„Ferris hat eins abgedichtet, weitere scheint es nicht zu geben, jedenfalls nicht unter der Wasserlinie.“

„In Ordnung, dann können wir also weitermachen. Wir müssen aus den Piraten herauskriegen, wo sich ihr Schlupfwinkel befindet. Dorthin sind die ‚Louise‘ und die Karavelle geflohen, dort müssen wir sie erneut stellen.“

„Ja. Laufen wir die Bucht wieder an?“

„Sofort, und dann fieren wir die Beiboote ab“, entgegnete Hasard. Er legte den Kopf in den Nacken und schrie zu Batuti hinauf: „Batuti, gib Terry ein Zeichen! Er soll anluven, wir segeln zurück in die Bucht!“

„Aye, Sir!“ rief der Gambia-Mann, dann vertauschte er Pfeil und Bogen wieder mit den Signalfahnen.

So kehrten die „Hornet“ und die „Fidelity“ in die Bucht von Sillon de Talbert zurück, gingen vor Anker und ließen ihre Beiboote zu Wasser. Der Sturm tobte über die Nordküste der Bretagne und behinderte sie in ihrem Unternehmen, doch sie waren fest entschlossen, einige von den Kerlen zu fangen.

Ihr Auftrag endete hier nicht, er hatte eben erst angefangen und mußte weitergeführt werden. Wer war der Anführer der Bande, den Hasard auf dem Achterdeck der „Louise“ hatte stehen sehen – dieser vollbärtige Kerl mit der Augenbinde? In wessen Auftrag handelte er? Steckten wirklich die Spanier dahinter? Sollte Lord Gerald Cliveden recht behalten?

Es gab viel zu tun. Hasard mußte sich beeilen, wenn er die schiffbrüchigen Piraten noch erreichen wollte, sie waren jetzt bereits an Land. Gelang es ihm nicht, sie zu stellen, stand er wieder vor dem Nichts und konnte von vorn beginnen.

Die „Petite Fleur“ und die „Antoine“ waren gesunken, der Kanonendonner war verstummt. Nichts schien mehr von dem erbitterten Gefecht zu zeugen, das eben stattgefunden hatte. Nur der Sturmwind heulte weiterhin sein klagendes Lied über dem unwirtlichen Küstenland, das den Seewölfen jetzt noch menschenabweisender als vorher erschien …

Seewölfe Paket 15

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