Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 28
4.
ОглавлениеHasard und der Profos waren plötzlich von einer Übermacht von Gegnern umringt, neue Gesichter waren überraschend aus der Dunkelheit und dem Nebel aufgetaucht. Fast erschien es dem Seewolf so, als sähe er Reeves und Hoback, die beiden Kerle von dem Kampf in der Gasse, wieder vor sich, doch zu genaueren Beobachtungen war keine Zeit, denn das jetzt einsetzende Geschehen verlangte ihm seinen vollen Einsatz ab.
Carberry und er schlugen sich jetzt mit einemmal auf verlorenem Posten. Alles ging sehr schnell. Ben und Dan bahnten sich zwar noch einen Weg durch die Hasard und den Profos umlagernde Menge, aber ihr Handeln erfolgte bereits zu spät.
Carberry sank unter einem Feuer von Hieben als erster zu Boden. Burt, der Blonde, brüllte etwas Triumphierendes, dann wollte er sich auf den fallenden Narbenmann stürzen, wurde aber zur Seite weggedrückt. Vorerst registrierte er noch nicht, daß es außer seinen Leuten auch noch andere Männer waren, die in das Handgemenge eingegriffen hatten, und als er es bemerkte, war der Spuk bereits im Dunkeln verschwunden.
Hasard sah einen großen, breitschultrigen Mann vor sich auftauchen, wollte sich gegen ihn zur Wehr setzen, wurde aber von zwei anderen an den Armen festgehalten. Ihm fiel noch das zynische Lächeln des Kerls auf, der ziemlich lange blonde Haare und ein kantiges Gesicht mit ausdrucksstarken Zügen hatte, dann traf ihn dessen Faust mit größter Wucht unter dem Kinn.
Es dröhnte in Hasards Kopf, jede weitere Wahrnehmung ging jedoch in erlösender Finsternis unter. Er konnte nicht mehr verfolgen, wie auch Ben und Dan unter dem Andrang der Übermacht von Gegnern zusammenbrachen, hörte nicht mehr das Johlen, Grölen und Pfeifen der Kerle, fühlte nicht, wie er hochgehoben und fortgetragen wurde.
Der Kampf vor der „Bloody Mary“ ging weiter, doch die Kerle, die den Männern des Küstenseglers so unverhofft geholfen hatten, waren mit Hasard, Ben, Carberry und Dan O’Flynn verschwunden.
Burt, der Blonde, stolperte zwar noch eine ganze Zeitlang vor der Kneipe herum und suchte nach Carberry, um richtig mit diesem abzurechnen, doch der Profos schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
Burt stieß die übelsten Verwünschungen aus. Bald aber schwieg auch er, denn Big Old Shane rammte ihm mit einem zornigen Laut die Faust unters Kinn.
Weitere Männer sanken bewußtlos zusammen, und jetzt zeichnete sich eine Wende in der Keilerei ab, die bislang mehr oder weniger unentschieden verlaufen war. Die Seewölfe siegten. Als aber schließlich wieder Ruhe eintrat und sie sich keuchend umsahen, mußten sie feststellen, daß der Seewolf und drei der wichtigsten Männer von der Crew fehlten.
„Zur Hölle“, sagte Smoky betroffen. „Was jetzt? Was, zum Henker, hat das zu bedeuten?“
Keiner wußte darauf eine Antwort.
Mit der Rückkehr ins Bewußtsein war das so eine Sache. Hasard wollte schleunigst die Augen öffnen, sich umsehen und feststellen, was aus seinen Männern geworden war. Er war voll bei Sinnen, aber irgendwie kriegte er die Lider nicht auf, sie schienen verklebt zu sein. Außerdem tobten höllische Schmerzen durch seinen ramponierten Kopf. Jeder Atemzug war eine Qual. Unter diesem Aspekt schien es doch besser zu sein, gleich wieder in die befreiende Ohnmacht zu sinken, die ihn erneut zu übermannen drohte.
Aber er zwang sich dazu, den Kopf zu heben, kämpfte gegen die Schmerzen und die aufsteigende Übelkeit an und griff mit der Hand nach den Augen. Er stellte fest, daß sie blutverkrustet waren. Unter Zuhilfenahme der Finger konnte er sie öffnen.
Vorsichtig schaute er sich um.
Er lag in einem dunklen Raum, der schätzungsweise fünf mal fünf Yards groß war. Er war ein Gefangener, aber gefesselt hatte man ihn nicht. Er wandte den Kopf und sah Ben, Ed und Dan neben sich liegen. Sie waren noch ohnmächtig.
Draußen hatte sich der Nebel offenbar etwas verflüchtigt, ein wenig Mondlicht drang durch das einzige, vergitterte Fenster des Raums. Es erlaubte dem Seewolf, sich ein Urteil über den Zustand seiner drei Männer zu bilden.
Schön sahen sie nicht aus. Ihre Gesichter waren zerkratzt, blutig und hier und da geschwollen. Ihre Kleidung war zerrissen. Besser ist es um dich sicher auch nicht bestellt, dachte Hasard. Er versuchte zu grinsen, aber auch das tat weh.
Auch Ben, der Profos und Dan waren die Hände und Füße nicht gebunden. Er brauchte sie jetzt nur zu wecken, dann konnten sie gemeinsam versuchen, aus diesem merkwürdigen Verlies zu entwischen.
Gerade wollte er aufstehen, da regte sich etwas unterhalb des Fensters. Funken sprühten, jemand schlug offensichtlich Feuerstein und Feuerstahl gegeneinander. Eine Flamme züngelte auf, der Unbekannte hatte ein Talglicht entfacht.
Hasard hatte sich in Hockstellung gebracht und bereitete sich darauf vor, den Fremden, der ihn schon die ganze Zeit über beobachtet haben mußte, anzuspringen. Er konnte sein Gesicht jetzt im Schein der Flamme erkennen. Es war schmal und ernst und gehörte einem über fünfzig Jahre alten Mann. Der schwarze Filzhut, den dieser Mann trug, verlieh seiner ganzen Erscheinung etwas Würdevolles, aber auch etwas Rätselhaftes.
„Greifen Sie mich bitte nicht an, Mister Killigrew“, sagte er mit halblauter, wohlklingender Stimme. „Ich bin nicht hier, um Ihnen irgendwelchen Schaden zuzufügen. Ich darf Sie doch Mister Killigrew nennen? Oder soll ich Sir Hasard zu Ihnen sagen?“
Der Seewolf richtete sich langsam auf und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Den Sir können Sie sich ruhig schenken.“
„Aber die Königin von England hat Sie zum Ritter geschlagen.“
„Sicher, aber mir ist der Kaperbrief wichtiger als jeder Titel.“ Wieder peinigten ihn die Schmerzen. Er verzog das Gesicht.
„Es tut mir leid, daß so etwas vorfallen mußte“, sagte der fremde Mann. „Es lag nicht in meiner Absicht, verstehen Sie?“
„Ja. Sie sind Lord Gerald Cliveden, nicht wahr?“
„Woher wissen Sie das?“ fragte der andere überrascht.
„Ich kann eins und eins zusammenzählen“, erwiderte Hasard. „Mir geht allmählich so einiges auf.“
Das Talglicht, so stellte er jetzt fest, stand auf einem kleinen Pult, und dahinter, unter dem Fenster, befand sich ein Stuhl, auf dem Seine Lordschaft sich niedergelassen hatte. In diesem Augenblick aber stand nun auch Cliveden auf, und Hasard konnte sehen, daß er hochgewachsen und hager war. Er trug ein kurzes Cape, enge schwarze Hosen und dazu Schnallenschuhe. Hasards Augen hatten sich an das Licht gewöhnt, er konnte immer mehr Details erkennen.
„Ach so“, sagte Cliveden. „Nun, ich dachte schon, es hätte sich herumgesprochen, daß ich in Plymouth bin. Meine Mission, die mich hierhergeführt hat, ist nämlich geheim, müssen Sie wissen.“
„Wo sind wir hier?“ fragte der Seewolf.
„In einem alten Haus des Hafenviertels, das nicht mehr bewohnt ist. Wir befinden uns höchstens fünfhundert Yards von der ‚Bloody Mary‘ entfernt.“
„Sehr beruhigend, das zu wissen“, sagte Hasard nicht ohne Ironie. „Würden Eure Lordschaft jetzt so freundlich sein, mir zu verraten, was meine Männer und ich mit dieser geheimen Mission zu tun haben?“
„Selbstverständlich.“ Cliveden lächelte. „Eigentlich müßten Sie sich aber auch in dieser Hinsicht einiges zusammenreimen können, Mister Killigrew.“
„Gewiß, es hängt mit der ‚Hornet‘ zusammen. Aber …“ Hasard unterbrach sich und blickte zu Ben Brighton, der ebenfalls das Bewußtsein wiedererlangte und nach einem unterdrückten Stöhnen erst einmal einen saftigen Fluch von sich gab.
Lord Gerald Cliveden lächelte immer noch.
„Was, zum Teufel, wird hier gespielt?“ fragte Ben wütend. „Wo sind die Hundesöhne? Sir, bist du das?“
„Ja. Aber der Kampf ist vorbei, Ben.“
„Nicht ganz. Wenn ich den Mistbock erwische, der mir dieses Ding verpaßt hat, geht es wieder von vorn los, das schwöre ich dir.“
„Ja, Sir“, sagte Carberry mit knurrender Stimme. „Das ist mal so sicher wie das Ende der ‚Isabella VIII.‘ Wo beim Donner, steckt der blonde Burt?“
„Ich hab keine Ahnung“, brummelte Dan O’Flynn. „Aber wir finden ihn und seine Bande noch, Ed, und wenn ich mir die Hacken bis auf die Knochen ablaufe.“
Cliveden mußte lachen. „Gentlemen, ich versichere Ihnen hoch und heilig, daß die Initiative des Mister Burt nichts, aber auch gar nichts mit Ihrem Hiersein zu tun hat.“
Sie fuhren alle drei zu ihm herum und sahen ihn starren Blickes an. Carberry stieß eine Verwünschung aus, weil die ruckartige Bewegung ihm fürchterliche Schmerzen in seinem Kopf einbrachte.
„Hört mit dem Fluchen auf“, sagte der Seewolf. „Wir haben es hier mit einer echten Lordschaft zu tun. Etwas Respekt bitte, Kerls.“
Carberry ließ wieder einen dieser Grunzlaute vernehmen, die laut Dan dem Röcheln und Rülpsen eines See-Elefanten verblüffend ähnlich waren. „Lord? O Lord, das ist ja zum Heulen!“
„Würde mir mal jemand erklären, was hier eigentlich läuft?“ erkundigte sich Ben. „Sind wir nun niedergeschlagen worden oder nicht? Hat man uns überfallen, oder hab ich das bloß geträumt?“
„Ich will Ihnen ja alles auseinandersetzen“, entgegnete Cliveden. „Aber zuerst müssen Sie mir versprechen, daß Sie sich beruhigen.“
„Dafür übernehme ich die Garantie, Lord Gerald“, sagte Hasard. „Ben, Ed, Dan – reißt euch gefälligst zusammen.“
„Aye, Sir“, murmelten die drei gleichzeitig.
„Ben Brighton, Edwin Carberry und Donegal Daniel O’Flynn?“ fragte Lord Gerald Cliveden. „O, wundern Sie sich bitte nicht darüber, daß ich Ihre Namen kenne. Ich habe mir umfassende Informationen über die gesamte Crew der ‚Isabella‘ verschafft und weiß bestens über Sie Bescheid.“
„Wunderbar“, sagte Hasard. „Dann ist Ihnen sicherlich auch bekannt, daß wir vier neue Männer haben: Jack Finnegan, Paddy Rogers, Roger Brighton und Mac Pellew.“
„Nein“, sagte Cliveden verblüfft. „Das ist mir neu. Ich danke Ihnen für diesen Hinweis, Mister Killigrew.“
„Gern geschehen. Darf ich noch mal raten? Sie sind so was wie ein Sonderbeauftragter, nicht wahr?“
„Ja.“
„Von wem denn?“ fragte Carberry ungeduldig. Das Gespräch zog sich für seinen Geschmack viel zu sehr in die Länge. „Von unserer guten Lissy?“
Cliveden war hinter dem Pult hervorgetreten und näherte sich den vier Männern ohne das geringste Anzeichen von Furcht. „Wen meinen Sie mit der Lissy, Mister Carberry?“ erkundigte er sich amüsiert. „Etwa die Königin? Lassen Sie das Ihre Majestät nur nicht hören.“
„Wir haben zu der Lissy ein ganz besonders gutes Verhältnis“, erklärte der Profos ungerührt. „Im Grunde ist sie ein Prachtmädchen, aber ich begreife nicht, warum sie uns eine Schlägertruppe auf den Hals gehetzt hat.“
„Aber, Mister Carberry!“ stieß Cliveden entrüstet aus.
„Ed“, sagte Hasard scharf. „Etwas mehr Respekt, bitte.“
„Aye, Sir. Verzeihung, Eure Lordschaft.“
„Gentlemen“, sagte Cliveden. „Ich wollte mich noch selbst bei Ihnen entschuldigen wegen dieses Mißverständnisses. Aber lassen Sie mich bitte ausreden.“
„Wir unterbrechen Sie jetzt nicht mehr“, versicherte Hasard. „Halten Sie uns zugute, daß wir noch reichlich benommen sind. Wir müssen erst mal wieder klar sein.“
„Ja, einverstanden“, sagte Cliveden, und jetzt lächelte er wieder. „Ich habe wohl doch den falschen Weg gewählt, um mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, aber im Zuge der strengen Geheimhaltung, der dieses Unternehmen unterliegt, durfte ich um keinen Preis öffentlich in Erscheinung treten. Deshalb schickte ich vorab einen Boten, der Ihnen die Pergamentrolle überbrachte, Mister Killigrew. Ich wollte sicher sein, daß Sie und Ihre Crew sich auch wirklich noch in Plymouth befanden, sobald ich hier eintraf, denn ich wurde länger als ursprünglich geplant in London aufgehalten.“ Er sah Hasard an. „Bitte, sprechen Sie doch, Mister Killigrew. Ich sehe Ihnen an, daß Sie etwas sagen wollen.“
„Ja. Wir sollen also tatsächlich die ‚Hornet‘ übernehmen?“
„Allerdings. Sie ist ein fast ganz neues Schiff und stammt aus Bristol. Bei der Überführung nach Brighton, wo sie den letzten Teil ihrer Armierung übernehmen soll, nachdem sie bereits in Bristol vollständig überholt wurde, bot es sich an, sie in Plymouth Zwischenstation einlegen zu lassen. Dies geschah auf meine direkte Anweisung hin, Mister Killigrew, denn ich wollte, daß Sie schon mal einen Eindruck von diesem schönen Segler erhielten – und einen Vorgeschmack auf das, was Ihnen bevorsteht.“
„Ein Raid?“
„So könnte man es nennen.“
„Aber warum dieses Versteckspiel?“
„Das habe ich Ihnen doch erklärt.“
„Sie hätten in der Pergamentrolle wenigstens den Zeitpunkt für unser Treffen erwähnen können, dann hätten wir nicht so in der Luft gehangen.“
Cliveden räusperte sich. „Was wäre aber gewesen, wenn man den Boten überfallen und ausgeraubt hätte? Wenn Unbefugte die Rolle gelesen hätten? In der Hoffnung, noch zusätzlich etwas zu erbeuten, hätten sie mich überfallen können.“
„Schon gut, ich verstehe. Aber erläutern Sie uns bitte, aus welchem Grund die ‚Hornet‘ in den nächsten Tagen meinem Kommando unterstellt wird.“ Hasard sah Cliveden erwartungsvoll an. Cliveden war ihm alles andere als unsympathisch, er glaubte ihm und schenkte ihm Vertrauen. Die Aussicht, bald wieder in See gehen zu können, war auch mehr als verlockend.
Cliveden kehrte zunächst zu dem Pult zurück, bückte sich dahinter und brachte einen Krug und ein paar Becher zum Vorschein.
„Lassen Sie uns zunächst einen Schluck trinken“, sagte er und beschrieb eine einladende Geste. Dann begann er, die Becher zu füllen. „Keine Angst, es handelt sich um ganz normalen, leichten französischen Landwein. Den können Sie bedenkenlos trinken.“
Ben, der Profos und Dan erhoben sich vom Boden. Sie rieben sich die schmerzenden Köpfe, massierten ein wenig die Arme und Beine und traten mit Hasard an das Pult.
Sie tranken und setzten die Becher wieder an. Der Wein war wirklich ein guter Tropfen, kein Vergleich mit dem Zeug, das Plymson in seiner „Bloody Mary“ ausschenkte.
Ben ergriff als erster wieder das Wort.
„Französischer Wein, ist das ein Omen?“ fragte er. „Lord Gerald, wenn die Königin höchstpersönlich Sie schickt, muß schon etwas Schwerwiegendes vorliegen. Was denn? Krieg mit Frankreich?“
„Nicht ganz“, erwiderte Cliveden. „Aber es muß aller Wahrscheinlichkeit nach gekämpft werden – und Sie, Gentlemen, haben heute nacht schon zur Genüge bewiesen, daß Sie genau die richtigen Männer für das geplante Unternehmen sind.“
„Nicht ganz“, sagte Hasard. „Wir haben allerlei einstecken müssen, und zuletzt hat man uns überwältigt und entführt. Finden Sie das sehr rühmlich?“
Cliveden nickte. „Allerdings, denn ich sehe die Ereignisse in ihrem vollständigen Zusammenhang. Der Seewolf ist noch genauso kühn wie früher, mutiger als Drake sogar, und daher war es kein Fehler, Sie auszuwählen. England kann stolz auf Männer wie Sie sein.“
Carberry kratzte sich leicht verlegen am Kinn, Ben wußte nicht so recht, welchen Wert er diesen Worten beimessen sollte. Dan fand, daß die ganze Sache nun eher peinlich wurde.
Hasard sagte: „Lord Gerald, Sir, ich danke Ihnen für dieses Lob, aber ich möchte vor allen Dingen endlich wissen, wer die Kerle sind, die uns aufgelauert haben.“
„Aufgelauert ist nicht ganz der richtige Ausdruck“, versetzte Cliveden. „Sie erhielten von mir den Auftrag, Sie und Ihre Leute zu finden und zu mir zu bringen, Mister Killigrew.“
„Wie bitte? Und deshalb mußten sie wie die Gassenräuber durch den Hafen schleichen?“
„Das war nicht beabsichtigt. Sie versuchten, Sie einzuholen, aber dann hörten Sie die Leute gar nicht erst an, sondern fielen gleich über sie her, Sir.“
Hasard grinste plötzlich verwegen. „Tut mir leid, aber wir sind oft genug aus dem Hinterhalt überfallen worden. Sie haben da wirklich zu dem falschen Mittel gegriffen, Lord Gerald. Ich kann es den Burschen nicht verdenken, daß sie anschließend zur ‚Bloody Mary‘ gegangen sind, um sich zu revanchieren, aber sie hätten uns auch da nicht gleich wegzuschleppen brauchen.“
„Nun“, meinte Cliveden sichtlich betrübt, „das werde ich mir für die Zukunft merken müssen. Wissen Sie, ich stehe zwar schon seit langer Zeit in Diensten des königlichen Hofes, aber ich habe bis vor einem Jahr immer nur mit inneren Angelegenheiten zu tun gehabt. Jetzt aber bin ich der Leiter des Sonderamtes für außerstaatliche und staatsgefährdende Angelegenheiten. Mit Korsaren hatte ich vorher nichts zu tun.“
„Das merkt man“, sagte Carberry und grinste jetzt ebenfalls. „Aber man lernt ja nie aus, was, Lordschaft?“
„O Himmel, Ed, wie treffend du das sagst“, stöhnte Dan O’Flynn.
Ehe der Profos jedoch zu ihm herumfahren konnte, sagte Ben: „Reeves und Hoback sind also Ihre Untergebenen, Sir?“
„Untergebene ist auch nicht ganz zutreffend“, erwiderte Cliveden. „Es handelt sich um Easton Terrys Männer. Sagt Ihnen dieser Name etwas?“
Hasard, Ben, Ed und Dan sahen sich untereinander an, dann schüttelten sie die Köpfe.
Der Seewolf blickte wieder zu Cliveden und fragte: „Wer ist das?“
„Man merkt es, daß Sie schon seit längerer Zeit nicht mehr in England gewesen sind. Terry und seine Crew gehören zu den hoffnungsvollsten Männern, die die Nation in der jüngsten Zeit hervorgebracht hat. Sie sind erfahrene Seeleute und Kaperfahrer – wie Sie, Mister Killigrew.“
„Das gibt’s doch nicht“, sagte Ben. Carberry hustete, weil ihm nichts Besseres einfiel, Dans Grinsen verschwand.
„Lord Gerald“, sagte Hasard als einziger, der die Fassung voll bewahrte. „Kann man mit diesem Terry mal ein paar Worte wechseln? Es bedarf wohl einer Aussprache, finden Sie nicht auch?“
„Darauf habe ich nur gewartet“, entgegnete Cliveden, dann ging er zur Tür, entriegelte sie und drückte sie auf.
Gestalten traten ein, und im Schein des Talglichtes erkannten Hasard und seine drei Kameraden sofort, wen sie vor sich hatten – die Galgenstricke, mit denen sie sich in dieser Nacht gleich zweimal geprügelt hatten.