Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 31
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ОглавлениеNachdem sich die Seewölfe auch von Doktor Freemont verabschiedet hatten und mit dem alten Ramsgate die notwendigen Vereinbarungen getroffen hatten, wurden zur Mittagsstunde die Festmacher und Trossen der „Hornet“ und der „Fidelity“ von den Pollern des abgelegenen Kais gelöst, und beide Schiffe verließen den Hafen und den Plymouth Sound, um mit zunächst westlichem Kurs an den aus Süden heranpfeifenden Wind zu gehen.
Wolken hatten den Himmel überzogen und verdeckten in unregelmäßigen Zeitabständen die Sonne. Es wurde zunehmend kälter. Die Dünung, die die See bewegte, ging immer höher.
In der Kapitänskammer der „Hornet“ wandte sich Lord Gerald Cliveden noch einmal an den Seewolf. Er hatte einen Blick durch die Bleiglasfenster geworfen und sagte: „Sie haben wohl recht, es wird Sturm geben. Wie viele solcher Wetter haben Sie schon erlebt, Mister Killigrew?“
„Ich habe sie nicht gezählt. Warum interessiert Sie das?“
„Es sind wohl die typischen Fragen einer Landratte.“
„Ein Sturm ist in den meisten Fällen nicht so schlimm wie ein Gefecht, soviel kann ich Ihnen versichern.“
Cliveden schnitt eine nachdenkliche Miene. „Das kann ich mir vorstellen. Werden Sie eines Tages an Land bleiben und ein Buch über Ihre Erlebnisse schreiben?“
„Daran habe ich noch nicht gedacht“, erwiderte Hasard amüsiert. „Wirklich nicht. Ich glaube nicht, daß ich der See untreu werde.“
„Es würde sich lohnen, solch ein Buch zu verfassen.“
„Wissen Sie was? Das haben mir meine Söhne auch schon mal gesagt.“
„Zwei Prachtkerle übrigens, aus denen noch einmal viel werden kann“, sagte Cliveden. „Ich nehme an, daß sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten.“
„Das ist noch nicht sicher.“ Der Seewolf hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Wer kann schon in die Zukunft blicken? Nicht einmal Old O’Flynn ist dazu in der Lage, und der sagenhafte Jonas, von dem die Fahrensleute ehrfürchtig sprechen, existiert nicht. Was die Zwillinge an Rüstzeug brauchen, das vermittle ich ihnen. Der Rest, die Entscheidung, wie sie ihr Leben gestalten, wenn sie volljährig sind, bleibt ihnen überlassen.“
„So ist es vielleicht das beste. Ich selbst habe in dieser Beziehung Fehler begangen, die sich nicht mehr ausbügeln lassen.“
„Sie haben selbst Kinder?“ fragte Hasard.
„Ich hatte einen Sohn – und eine Frau, die mich liebte“, erwiderte Lord Gerald Cliveden. „Ich habe sie beide verloren. Die Schuld daran trage ich zum Teil selbst. Doch das ist eine lange Geschichte, mit der ich Sie nicht langweilen will.“
„Sie langweilen mich nicht“, sagte der Seewolf. „Wenn Ihnen danach zumute ist, dann sprechen Sie darüber, Sir.“
Wieder unterhielten sie sich wie zwei gute Bekannte, mehr noch, wie zwei Freunde. Cliveden erzählte aus seinem Leben, und Hasard erfuhr, wie hart das Schicksal selbst einen Mann treffen konnte, der sich eigentlich nie mutwillig in ein Abenteuer gestürzt, sondern eher ein Dasein als Biedermann und unauffälliger Bürger geführt hatte.
Als sie sich am Nachmittag dreißig Meilen von Falmouth entfernt trennten, sagten sie sich nur noch wenig, aber Hasard bedauerte aufrichtig, daß Lord Cliveden die „Hornet“ verließ. Lieber hätte er diesen Mann mit nach Frankreich genommen, der doch überhaupt keine See-Erfahrung hatte, als Easton Terry, der im Grunde noch keinen konkreten Anlaß zu Ärger geliefert hatte.
Die Abneigung diesem Mann gegenüber beruhte auf gefühlsmäßigen Erwägungen. Durfte man sich auf seine Empfindungen verlassen? Konnten sie einem Mann nicht auch üble Streiche spielen?
All dies ging dem Seewolf durch den Kopf, als Lord Gerald Cliveden von Bord ging und von Jack Finnegan, Paddy Rogers, Batuti und Gary Andrews mit dem Beiboot an Land gepullt wurde.
Der Treffpunkt, den Cliveden mit den Leuten vereinbart hatte, die ihn abholen und zurück nach London bringen sollten, war erreicht, davon kündete die Kutsche, die oberhalb der Uferböschung wartete. Cliveden verließ die Jolle, kaum, daß sie angelegt hatte, eilte die Böschung hoch, drehte sich nur noch einmal kurz um und winkte ein letztes Mal zum Abschied. Dann kletterte er in die Kutsche, und sie rollte, von zwei Pferden gezogen, davon.
Die Jolle kehrte zur „Hornet“ zurück und wurde an Bord gehievt, dann ließ Hasard Terry durch Bill, der als Ausguck im Großmars hockte, ein Zeichen geben. Die „Hornet“ und die „Fidelity“ gingen gleichzeitig ankerauf und wandten sich mit Kreuzkurs gegen den Wind nach Süden.
Die Dämmerung nahte, der Wind nahm an Stärke zu, es wurde ein immer beschwerlicheres Werk, gegen ihn zu kreuzen. Zwei Schritte vor, einen zurück, so ging es auch die ganze Nacht über. Die Schiffe begannen in den Wogen zu stampfen und zu schlingern. Die Schotten und die Luken mußten verschalkt werden. Vorsichtshalber ließen Hasard und Terry auch die Manntaue auf den Decks spannen. Die Sturmsegel wurden jedoch nicht gesetzt, noch konnte mit Vollzeug gesegelt werden.
Wieder sann der Seewolf in seiner Kammer darüber nach, was ihnen die nahe Zukunft bescheren würde. Hatte er sich nicht etwas zu leichtfertig auf dieses neue Abenteuer eingelassen?
Gewiß, Cliveden war in der kurzen Zeit so etwas wie ein richtiger Freund für die Seewölfe geworden, und er hatte ihm, Hasard, auch anhand einer weiteren Pergamentrolle nachgewiesen, daß er tatsächlich ein Sonderbeauftragter der Königin war und über alle erforderlichen Vollmachten verfügte. Ein Schwindel war ausgeschlossen, alles hatte seine Richtigkeit und Legitimation.
Doch es war immer wieder die Person Easton Terrys, die dem Seewolf zu denken gab. Terry sollte so etwas wie ein Günstling des Hofes sein? Kaum zu fassen, aber wohl doch wahr. Der Mann verfügte tatsächlich über einen Kaperbrief, Cliveden hatte es bestätigt.
Dennoch, die Erfahrung hatte Hasard gelehrt, vor Männern wie Terry auf der Hut zu sein. Mit Landsleuten, die vorgeblich aus ähnlichen Motiven wie die Seewölfe gegen die Spanier und Portugiesen auszogen, hatte es schon Verdruß gegeben, wie beispielsweise die Begegnungen mit Lord Henry, einem der übelsten Schnapphähne und Beutegeier, bewiesen hatten.
Eben: Terry hatte viel zuviel Ähnlichkeit mit diesem Lord Henry, nicht äußerlich, aber seinem ganzen Wesen nach. Er mochte ein guter Mitstreiter sein, bestimmt auch ein verwegener Kaperfahrer mit seiner Crew von Teufelskerlen – völlig trauen durfte man ihm deswegen aber noch lange nicht.
Es würde sich schon noch herausstellen, ob alle diese Bedenken, die auch Ben, Ferris, Shane, Carberry und die anderen geäußert hatten, nicht einfach aus der Luft gegriffen waren. Vorsicht konnte nie groß genug geschrieben werden, was das Zusammenwirken mit Verbündeten betraf, die sich Hasard nicht selbst ausgesucht hatte.
Seiner Ansicht nach ging es Terry in erster Linie um reiche Beute und weniger um die Sache des Vaterlandes. Er war bestimmt mehr Pirat, das würde sich bei der nächsten Gelegenheit herausstellen.
Das war Hasards feste Überzeugung, und er bedauerte, jetzt nicht Siri-Tong, Jean Ribault oder den Wikinger mit deren Männern zur Seite zu haben. Bei ihnen hätte er gewußt, woran er war, und hätte sich völlig auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren können, statt seinen Partner beobachten und auf die Probe stellen zu müssen.
Aber auch dafür würde er noch eine Lösung finden, die Hauptsache war, daß sie zunächst einmal die Piraten aufstöberten, die die bretonische Küste für englische Schiffe verunsicherten.
Im Morgengrauen kreuzten die „Hornet“ und die „Fidelity“ bei anhaltend schwerer See westlich des Golfes von St. Malo auf Sillon de Talbert zu. Die Brecher donnerten gegen die Bordwände, der Wind heulte in den Wanten und Pardunen, und das Rollen der Schiffe in den Wogen war ein fortdauernder, bedrohlicher Tanz.
Gischt umsprühte die Gestalt des Seewolfs, der jetzt auf dem Achterdeck seines Flaggschiffes stand und auf Meldungen seiner Ausgucks wartete. Dan O’Flynn war als Ausguck in den Vormars geentert, um Bill zu unterstützten. Alle Männer waren auf den Beinen und versahen ihren Dienst an Deck, eine Freiwache gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Hasard spähte zur „Fidelity“ hinüber und konnte im grauen, trüben Licht des jungen Morgens gerade Easton Terry erkennen, der ganz achtern auf der Kampanje der Galeone stand. Er hatte sich jetzt ein Tuch um seine blonden Haare geschlungen, das Abenteuerliche seiner Erscheinung wurde davon noch unterstrichen.
Mit dem Schiff wurden er und seine Männer gut fertig. Somit stellten sie gleich zu Anfang unter Beweis, daß sie den Seewölfen in nichts nachstanden, was ihre seemännischen Fähigkeiten betraf. Kein einziges Mal während der Überfahrt durch den Kanal waren sie zurückgeblieben oder hatten den Kontakt zur „Hornet“ verloren. Sie konnten es mit jedem Wetter und jeder Situation aufnehmen, daran bestand kein Zweifel.
Dan O’Flynn stieß plötzlich einen grellen Pfiff aus. Hasard richtete seinen Blick voraus, konnte aber vor dem Bugspriet der „Hornet“ nicht mehr erkennen als die grauschwarzen Wellengebilde und den hochzischenden Gischt.
„Land in Sicht!“ schrie Dan. „Steuerbord voraus!“
Hasard verzichtete darauf, sich selbst davon zu überzeugen, daß die Küste Frankreichs erreicht war, Bill und Dan wußten schon, was sie meldeten und saßen bestimmt keiner Täuschung auf.
Hasard winkte Ben Brighton zu sich heran und schrie ihm zu: „Jetzt könnte es bald spannend werden, Ben! Daß sich ja die Tarnung der Stückpforten nicht auflöst! Hast du die Verkleidung der Kanonen noch mal kontrolliert?“
„Ja! Alles in bester Ordnung! Wir mimen also weiterhin die braven englischen Kauffahrer?“
„Jetzt gerade! Alles Weitere hängt von unserem Geschick ab!“
„Meinst du, die Schnapphähne treiben sich bei diesem Wetter vor der Küste herum?“
„Das nicht, aber bestimmt haben sie ihre Spitzel und Posten überall sitzen!“ rief der Seewolf. „Wir suchen jedenfalls Schutz vor dem erst richtig heraufziehenden Sturm und verholen in eine Bucht. Denk daran: Wir bangen um unsere Ladung und verlieren lieber Zeit, als daß wir unter diesen schlechten Bedingungen den Kanal überqueren!“
Ben grinste und schrie: „Wohin sind wir denn unterwegs, falls mich mal jemand fragt?“
„Wir waren in Afrika und bringen unsere Fracht nach Plymouth!“
„Edelhölzer oder Sklaven?“
„Wie?“
„Ich frage, was wir geladen haben?“
„Katzengold und Dünnbier!“ brüllte Hasard ihm ins Ohr, und sie lachten beide.
Hartnäckig wie schwerfällige Riesentiere boxten sich die beiden Dreimaster direkt auf die Küste zu. Die Gefahr, auf Klippen oder Untiefen gedrückt zu werden, bestand kaum, da ablandiger Wind herrschte. Hasard ging mit der „Hornet“ als erster so dicht wie möglich unter Land und ließ nach einer geeigneten Bucht Ausschau halten.
Wenig später erhielt er von Dan den entsprechenden Hinweis: „Bucht Steuerbord voraus! Höchstens eine halbe Meile entfernt!“
„Verstanden!“ schrie der Seewolf zum Vormars hoch, dann gab er den Befehl, den nur schwach zu erkennenden Einschnitt zwischen den Uferfelsen, der die Einfahrt darstellte, anzusteuern.
Terry brauchte kein entsprechendes Signal zu empfangen, er ging sofort auf das Manöver der „Hornet“ ein und folgte ihr in ihrem Kielwasser. So liefen beide Schiffe kurze Zeit später in die von Dan entdeckte Bucht ein, die geräumig genug war, um ihnen genug Platz zum Manövrieren zu lassen.
Der Köder war ausgelegt, der Gegner brauchte nur noch anzubeißen.