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Kapitel 13 – Lösungsansätze – Juli 1934

Doktor Meyer schaute auf den Innenhof des Ministeriums. Für einen Moment erinnerte er ihn an den schmuddeligen Hinterhof, in Landsberg, wo er nach dem frühen Tod des Bruders oft allein saß und trauerte. Seine Mutter war schuld. In ihrem Jähzorn wollte sie ihm eine Schelle verpassen. Er wehrte sich. Die Mutter verlor auf der Brücke den Halt, fiel über das Geländer in den Fluss und riss den Bruder mit in den Tod. Sie hatte die beiden Brüder immer und immer wieder gepiesackt, aber Martin hatte sich mit sechzehn nichts mehr gefallen lassen. Wenn Meyer auf dem Schulhof gehänselt wurde, dann war Martin da. Auf die Eltern war hingegen kein Verlass. Der Vater ein Schwächling und die Mutter eine sadistische Tyrannin. Liebe erfuhr er von keinem der beiden. Das Beste am Tod der Mutter war die Lebensversicherung. Er war plötzlich reich. Für seine Verhältnisse. Er musste nicht wie seine Kommilitonen jeden Pfennig dreimal umdrehen. Als der Vater kurz darauf auch starb, hatte er diesen finanziellen Boden ganz für sich allein. Aber die Wut auf seine Mutter hatte er nie wieder abgebaut. Er merkte, dass seine Faust geballt war, als er das Klopfen hörte.

„Doktor Meyer, die Herren Schwans und Streiter sind da.“

„Ist gut Fräulein Schneider, die sollen reinkommen. Aber sagen Sie denen, sie sollen sich warm anziehen, wenn sie keinen anständigen Plan mitbringen.“

Im Gänseschritt trotteten die beiden in Meyers Büro und zeigten einen lahmen Hitlergruß.

„Sind Sie schon um drei Uhr mittags so schlapp, dass Sie nicht mehr anständig grüßen können? Menschenskinder Schwans und Streiter, reißen Sie sich zusammen!“

Er fläzte sich auf das Sofa. Diese tyrannische Art hatte er von seiner Mutter geerbt. Umständlich fummelte Schwans aus seiner Tasche ein Blatt Papier hervor. Er legte es auf den Couchtisch. Meyer warf einen kurzen Blick auf die Skizze und sah eine Vier-Felder-Matrix. Die Querachse war beschriftet mit ‚Rüstungsrelevant‘ und an der Längsachse stand ‚Rohstoffe/Devisen gesichert‘. Das obere rechte Feld war schraffiert. Er fuhr mit seinen großen Pratzen den kurzen Hals auf und ab. Schwans wippte unruhig von einem Bein auf das andere.

„Hampeln Sie doch nicht so rum. Ich hab‘ schon verstanden, was Sie sagen wollen. Die Unternehmen in dem schraffierten Quadranten sind besonders wichtig. Sie arbeiten in der Rüstung und sie benötigen keine Rohstoffe von außerhalb des Reiches und damit keine Devisen. Verstehe. Was ist also Ihr Vorschlag auf Basis dieser Einteilung der Unternehmen?“

„Wir nehmen diejenigen Firmen aus Branchen, die diesen Kriterien entsprechen, aus der strengen Planverwaltung raus“, erwiderte Streiter knapp. „Maschinen- und Anlagenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau. Das sind die wichtigsten.“

„Wollen Sie die ganze Planwirtschaft ad absurdum führen, Streiter?“

„Eigentlich nicht, aber diese Branchen tragen wesentlich zur Rüstung bei, die wiederum nur sechs Prozent der Industrieleistung ausmacht. Und diese Branchen sind bereits heute einigermaßen autark.“

Meyer lehnte sich tief in sein Sofa und massierte seine Glatze. Dann lobte er sie und forderte die Kollegen auf, ihren Bericht für den Minister zu schreiben. Ein weiteres Mal griff Schwans in seine Tasche und holte einen Stapel Papier raus, sauber gebunden und gestanzt. Meyer schaute argwöhnisch und griff nach dem Stapel. Streiter wusste, dass sein Boss ein harter Hund war. Aber auch, dass er sich um seine Leute kümmerte wie um seine sechs Kinder. Die Schneider hatte ihm erzählt, wie liebevoll er mit ihnen umging, als sie zur Kindermesse kurz vor Weihnachten im Ministerium waren. Wie er die Zwillinge Susanne und Gretel an der linken und die zweiten Zwillinge an den mächtigen Fingern der rechten Hand zum Christbaum führte. Streng war er mit Gretel, die sich ein Geschenk schnappen wollte. Aber in weichem Ton. Kein Vergleich zu seinem Gebelle auf der Arbeit.

Meyer fragte, wer das verfasst hätte. Beide nickten. Er erhob sich mühsam aus dem Sofa und stellte sich vor die beiden. Sein Hemd hing mit einem Zipfel aus der Hose. Durchdringend sah er sie mit seinem Pokergesicht an.

„Gute Arbeit, Schwans, gute Arbeit, Streiter.“

Er reichte beiden die Hand. Streiter hatte Mühe, nicht aufzuheulen bei Meyers Griff.

Hitlers Überflieger

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