Читать книгу Hitlers Überflieger - Ruben Gantis - Страница 7

Оглавление

Kapitel 3 – Adlon – Juli 1934

Von vorne winkten ihm die Taxifahrer zu, als er rau neben sich hörte: Viel zu teuer, die U-Bahn ist preiswerter, da vorne ist der Eingang. Seine Schwester hatte ihm geschrieben, dass Berlin die einzige Stadt sei, in der die U-Bahn direkt zum Flughafen führe. Er folgte der Person mit der rauen Stimme, kramte einige Münzen, die er noch in Boston besorgt hatte, aus seiner Hosentasche und kaufte sich am Schalter ein Billet. Foremann stieg die steilen Stufen hinunter zur Nord-Süd-Bahn. Mit jedem Schritt kroch ihm mehr modriger Kellergeruch in die Nase. Stehende Luft und Kohle. Er rümpfte die Nase. Der Bahnsteig wurde durch zwei grelle Scheinwerfer erhellt, als sich der erste gelbe Wagen mit quietschenden Bremsen näherte. Mit lautem Zischen kam die Bahn zum Stehen. Durch die sich öffnenden Türen strömten Fahrgäste aus dem Zug. Foreman betrat den Wagon zusammen mit einer Reihe Geschäftsmännern, die uniform ihre Aktentaschen unter den Arm geklemmt hatten. Er suchte Halt an einer der Stangen, als sich die Türen mit einem lauten Knarzen schlossen und die Bahn anfuhr. Geschickt verlagerte er sein Gewicht, um nicht durch die Beschleunigung zu wanken. Sein Nebenmann trug einen großen Hut und stand aufrecht und gerade da, die Schultern nach hinten gedrückt. Sein Blick fiel auf zwei junge Frauen. Die große Blonde trug einen dunklen Hosenanzug und hatte ihr Haar hochgesteckt. Die andere fixierte ihn mit ihren hellblauen Augen. Sie nestelte an ihren Locken. Foremann wollte das Leben in Berlin genießen, nicht nur den beruflichen Erfolg. Aber das musste warten.

Frieda hatte ihm das Adlon empfohlen, denn es sei ein grandioser Ort, um Kontakte zu knüpfen. Vom U-Bahnhof Französische Straße nahm er den direkten Weg über den Prachtboulevard Unter den Linden zum Adlon. Vom Boden der Allee hätte man Essen können, so sauber war der Bürgersteig. Und dann sah er sie. Sie waren noch ungefähr zweihundert Meter von ihm weg, aber das harte Klacken ihrer Stiefel konnte er bereits hören. Eine Gruppe von Braunhemden kam im Stechschritt auf ihn zu. Die Formation schwenkte rot-weiße Fahnen mit schwarzem Hakenkreuz. Einige Passanten applaudierten und feuerten die Gruppe an. Andere machten sich davon und verschwanden in den Cafés am Boulevard.

„Die Fahne hoch! Die Reihen dicht geschlossen! SA marschiert mit ruhig festem Schritt.“

Die eisigen Augen, die an ihm vorbeizogen, machten ihm fast Angst. Foremann stand still da. Ein Jungspund riss sich plötzlich von seiner Mutter los und ging durch die Truppe auf die gegenüberliegende Straßenseite. Vor einem älteren, gebückten Mann blieb er stehen und schrie ihn an. Foremann konnte nicht hören, was er rief. Mühsam richtete sich der Alte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und applaudierte. Ein paar Minuten später war der Spuk vorbei. Foremann folgte mit gefrorenem Lächeln dem Trupp. Das hatte Vater mit seinen Andeutungen wohl gemeint.

Langsam ging er weiter Richtung Adlon. Riesige Hakenkreuzfahnen hingen von der eleganten Fassade. Ehrfürchtig trat er unter den weißen Baldachin, der zum Eingang führte.

„Kann ich dem Herrn mit dem Gepäck helfen?“, sprach ihn der Wagenmeister an.

Aber Foremann schüttelte mit einem kurzen “Danke“ den Kopf. Wie von Zauberhand öffnete sich das hohe Eichentor und er betrat Berlins erste Adresse am Platz. Mannomann, dachte er, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und blieb stehen.

„Tja, da staunst du, was?“

Foremann senkte den Blick und schaute in ihm so vertraute Augen. Er stellte seinen Koffer ab und breitete die Arme aus.

„Frieda, das ist ja eine Überraschung! Was machst du denn hier?“

„Ja was wohl? Ich bin das Begrüßungskomitee!“

Sie drückte ihren Bruder mit einer langen Umarmung. Er schob sie von sich weg und schaute sie von oben bis unten an. Ihr kurzer, blonder Pagenschnitt betonte ihre Stupsnase, auf denen die braunen Augen zu sitzen schienen.

„Ist das eine Fleischbeschauung?“

„Nein, lass dich doch einfach nur ansehen, du Maultante.“

Er zog sie wieder an sich und drückte sie innig.

„Es ist so schön, dass du wieder bei uns bist, Frank.“

Ihre Stimme überschlug sich. „Du musst mir alles erzählen, wie der Flug war, die Wochen seit unserem letzten Brief, einfach alles.“

Sie nahm seine Hand und zog ihn zu einem runden Tisch auf der linken Seite des Empfangssaals. Foremann konnte nur drei Bowler Melonen erkennen. Die Herren schienen in ein Gespräch vertieft.

„Schau mal, wer noch da ist“, piepste seine Schwester. Einer der Herren stand auf und drehte sich langsam zu ihm um. Dann streckte er ihm die Hand entgegen.

„Sohn, es ist schön, dich wiederzusehen.“

„Vater, du hier?“, stammelte Foremann.

Kühl überspielte der die Situation. „Darf ich dir meine Geschäftspartner vorstellen, Graf Anton von Herbrich und Professor Franz Stulp. Sie nahmen Haltung an, hoben ihre Hüte und stellten sich als Geschäftsleiter und als Prokurist der AEG Aktiengesellschaft in Berlin vor. Der Graf begrüßte ihn freundlich und erklärte in zwei Sätzen die AEG. Die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft war eines der größten deutschen Unternehmen und ein sehr bedeutendes in Berlin. Es war maßgeblich an der weltweiten Elektrifizierung beteiligt und produzierte elektrische Produkte für Haushalte und Unternehmen. Ihre Produktpalette reichte von Haushaltsgeräten bis zu Lokomotiven.

"Hast du die SA marschieren gesehen, mein Sohn? Die tun so, als ob ihnen die ganze Stadt gehört. Wenn sie nicht marschieren, stehen die dumm rum und halten Wache."

"Was auch immer sie bewachen, AEG jedenfalls nicht“, erwiderte der Professor.

„Die üben schon für den Einmarsch beim Reichsparteitag im September in Nürnberg“ warf von Herbrich ein. Foremann zog die Augenbrauen nach oben.

„Junger Mann, das wird ein großer Tag für Deutschland, denn das Land wird sich angesichts des Parteitages in Nürnberg modern zeigen.“

„Tja, das kann Goebbels, eine große Show machen", kommentierte der alte Foremann.

"Hör auf Vater, nicht so laut. Wir haben alle was davon. Und du mit deinen Fräsmaschinen sowieso. Das Land blüht wie lange nicht mehr. Lass das ewige Lamentieren. Wir sind wieder wer. Wir können stolz sein, Deutsche zu sein", erwiderte Frieda dem Vater. Foremann musste unwillkürlich schmunzeln.

Hitlers Überflieger

Подняться наверх