Читать книгу Rechtsanwaltsvergütung - Sabine Jungbauer - Страница 61
a) Mietsachen
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Im Nachfolgenden sollen praktische Beispielsfälle für die Berechnung des Anwaltsgebührenwerts gegeben werden.
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Beispiel Beendigung eines Mietverhältnisses
Mandant M beauftragt Rechtsanwalt R, das Mietverhältnis über die in seinem Eigentum stehende Wohnung gegenüber Mieter G zu kündigen. Mieter G reicht Klage ein auf Feststellung, dass die Kündigung unwirksam war. Die monatliche Nettomiete hat 500 € betragen, zuzüglich einer nicht mehr abzurechnenden Nebenkostenpauschale von 100 €.
Der Gegenstandswert für das gerichtliche Verfahren berechnet sich gemäß § 23 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 1 S. 1 und 2 GKG nach dem Wert des einjährigen Nutzungsentgelts zuzüglich der Nebenkostenpauschale, somit 12 x 600 € = 7.200 €. Die Nebenkostenpauschale ist hier zu addieren, da eine gesonderte Abrechnung hierüber nicht mehr vereinbart ist.
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Das Kammergericht hat in einem Beschluss vom 25.10.2004 zum GKG entschieden, dass auch bei einer Klage auf Räumung und Herausgabe von Geschäftsräumen, Nebenkostenvorschüsse nur dann Streitwert erhöhend zu berücksichtigen sind, wenn diese als Pauschale vereinbart worden sind.[5] Nach Ansicht des Kammergerichts Berlin ist § 41 Abs. 1 S. 2 GKG auch in Räumungssachen anwendbar, da in § 41 Abs. 2 S. 1 GKG auf beide Sätze des § 41 Abs. 1 verwiesen würde. Damit ist auch in Räumungsrechtsstreitigkeiten zumeist die Jahres-Nettomiete anzunehmen.
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Zur Miete hinzuzurechnen ist auch die Umsatzsteuer.[6]
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Beispiel Räumungsklage und Zahlungsklage wegen rückständiger Mieten
Rechtsanwalt R erhebt im Auftrag seines Mandanten M Räumungsklage gegen die bereits vor Monaten ordentlich gekündigten Mieter S, die jedoch trotz Kündigung die Wohnung nicht räumen und herausgeben. Gleichzeitig mit der Klage werden rückständige Mieten in Höhe von insgesamt 2.500 € geltend gemacht. Die Miete hat inkl. additionsfähiger Nebenkostenpauschale 1.000 € betragen.
Der Gegenstandswert berechnet sich hier gemäß §§ 23 Abs. 1, 22 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 2 GKG nach dem einjährigen Mietwert, zuzüglich der rückständigen Mieten. 12 × 1.000 € = 12.000 € + 2.500 € = 14.500 €, § 22 Abs. 1 RVG.
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Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend, § 41 Abs. 5 S. 1 GKG. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend, § 41 Abs. 5 S. 2 GKG.
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Beispiel Mieterhöhungsverlangen
Die Vermieter V begehren über ihren Rechtsanwalt R gegenüber den Mietern K eine monatliche Mieterhöhung von 100 €. Die Mieter K weigern sich, dem begehrten Mieterhöhungsverlangen zuzustimmen, so dass schließlich Feststellungsklage erhoben wird.
Der Gegenstandswert berechnet sich in diesem Fall nach § 23 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 5 GKG mit dem Jahresbetrag der begehrten Mieterhöhung, somit 12 × 100 € = 1.200 €.
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Sofern z.B. ein Dritter, der sein Recht von einer Vertragspartei ableitet (z.B. Untermieter) und der Vermieter streiten, gilt § 41 GKG ebenfalls.[7] Lediglich wenn z.B. ein Dritter auf Feststellung der Nichtigkeit eines Mietvertrags klagt, gilt § 3 ZPO.[8]
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§ 41 Abs. 1 GKG gilt auch für Jagdpachtverträge,[9] oder für Pachtverträge über Sand- und Kiesausbeutung eines Grundstücks.[10]
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Die aus sozialen Gründen geschaffene Bestimmung des § 41 ist grundsätzlich weit auszulegen und auf alle Sachverhalte anwendbar, bei denen eine für das Verhältnis von Vermieter und Mieter typische Berechtigung in Streit steht.[11]
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Nach Meyer[12] ist § 41 anwendbar bei:
• | Streit über Dauerwohnrecht, |
• | Klagen auf Feststellung einer Mitmieterschaft, |
• | Klagen auf Nichtigkeit eines Nutzungsverhältnisses, |
• | Streit um einen dinglichen Nießbrauch, |
• | Streit um die Bewilligung oder Dauer einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 3 ZPO, |
• | Räumungsklagen nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, |
• | Tankstellenvertrag, |
• | Räumungsklagen nach Wandlung eines Grundstückskaufvertrags, |
• | Streit zwischen Verwandten und Besuchern des Mieters,[13] |
• | Streit zwischen Parteien, von denen jede Partei Anspruch auf die Mieter-Eigenschaft geltend macht.[14] |
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Nicht anwendbar ist nach Meyer § 41:[15]
• | für einen Automatenaufstellvertrag, |
• | für Klagen auf Umgestaltung, Ausbau oder Umbau (Klage auf Gestaltung), |
• | bei unentgeltlicher Überlassung (hier gilt § 6 ZPO – Besitz – Wert der Sache). |
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Sofern ein Mieter die Miete nicht oder nicht pünktlich bezahlt, rechtfertigt er damit die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Erfüllung nach § 259 ZPO, was ihn zu einer Klage auf zukünftige Leistung berechtigt. Bereits die Besorgnis, der Mieter werde nicht rechtzeitig zahlen, reicht für eine derartige Klage aus.[16] Es ist also für eine derartige Klage nicht erforderlich, dass bereits Zahlungsverzug vorliegt. Häufig kommt es in der Praxis vor, dass ein Mieter unregelmäßig oder ständig verspätet bezahlt. In derartigen Fällen kann Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO eingereicht werden.[17]
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Für eine Klage auf zukünftige Leistung gilt nach Ansicht des BGH der 3 ½fache Jahresmietwert.[18]
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Eine Klage auf Räumung kann mit einem Antrag auf Zahlung zukünftiger Mieten/Nutzungsentschädigung ab nächsten Fälligkeitsmonat bis zur Räumung und Herausgabe des Mietgegenstandes verbunden werden.[19] In einem solchen Fall handelt es sich um zwei verschiedene Klageanträge, die jeweils gesondert zu bewerten sind.[20]
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Wird wegen rückständiger Mieten geklagt und gleichzeitig Klage auf Zahlung laufender Mieten erhoben, können die Werte der rückständigen Mieten und laufenden Mieten addiert werden. Dies kann bei der Gebührenberechnung zu erheblichen Unterschieden führen.[21]
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Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend, § 41 Abs. 5 GKG.
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Strittig ist die Frage in Räumungsprozessen, ob neben dem Räumungs- und Herausgabeanspruch des Vermieters ein weitergehender Anspruch auf Rückgabe der Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu einer Erhöhung des Streitwerts führt. Das bedeutet, dass neben dem Besitzverschaffungsanspruch noch weitere Ansprüche von Seiten des Mieters zu erfüllen sind. Dies ist insbesondere bei baulichen Veränderungen der Mietsache der Fall, wenn nämlich erhebliche Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufgewendet werden müssen.
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In solchen Fällen muss darauf geachtet werden, dass das Beseitigungsverlangen einen eigenen Wert beinhaltet[22], der neben dem Streitwert über die Räumung und Herausgabe nach § 41 Abs. 2 GKG zu einer Erhöhung des Streitwertes durch Addition führt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass dieser Anspruch im Gegensatz zum Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht nach der Vorschrift des § 885 ZPO, sondern nach der Vorschrift des § 887 ZPO vollstreckt wird.
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Diese Meinung ist nach Auffassung der Verfasserin im Gegensatz zur gegenteiligen Ansicht des BGH[23] richtig. Denn der soziale Schutzzweck des § 41 Abs. 2 GKG erfasst nur den eigentlichen Räumungsanspruch nach § 885 ZPO. Alle weiteren teilweise erheblichen Ansprüche des Vermieters im Rahmen des Rückgabeverhältnisses sind im weiteren Sinne zwar Bestandteil der materiellen Rückgabepflicht des Mieters. Hierdurch werden sie aber letztlich nicht zu unselbstständigen Bestandteilen des Räumungsanspruches und sind daher mit dem nach § 41 Abs. 2 GKG festgesetzten Streitwert auch nicht gedeckt. Es empfiehlt sich, derartige Ansprüche daher auch im Klageantrag zu beziffern oder aber entsprechende Hilfsanträge zu stellen (z.B. Wiederherstellung einer entfernten Zwischenwand, hilfsweise Zahlung der hierfür notwendigen Kosten in Höhe von …)