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a) Sache

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Der Begriff der „Sache“ kann gelegentlich in der Prüfung problematisch werden, so vor allem, wenn es um die Bestimmung der Sachqualität des menschlichen Körpers und seiner (abtrennbaren) Teile geht. Die Definition orientiert sich zunächst einmal am Zivilrecht.


Sachen sind gem. § 90 BGB alle körperlichen Gegenstände.[3]

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Auf den wirtschaftlichen Wert einer Sache kommt es dabei ebenso wenig an wie auf den Aggregatzustand, so dass auch Flüssigkeiten als Tatobjekt in Betracht kommen. Zur Körperlichkeit gehört jedoch, dass der Gegenstand eine Begrenzung aufweisen und infolgedessen aus seiner Umgebung hervortreten muss.[4]

Beispiel

Freie atmosphärische Luft, Meereswasser, Schnee stellen keine Sachen dar, solange sie nicht z.B. in Flaschen abgefüllt sind. Andererseits kann das Ausstreuen von Unkrautsamen auf ein roggenbestelltes Feld eine Sachbeschädigung am Feld im Sinne des § 303 darstellen, da das Feld eine räumliche Abgrenzung aufweist und erkennbar aus seiner Umwelt hervortritt.[5]

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Tiere werden im Strafrecht als Sachen angesehen und unterfallen damit dem strafrechtlichen Eigentumsschutz. § 90a BGB („Tiere sind keine Sachen“) bezieht sich insoweit nur auf die Rechtsstellung von Tieren im Zivilrecht.[6]

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Forderungen, Rechte und Daten sind keine körperlichen Gegenstände und damit kein taugliches Diebstahlsobjekt.

Beispiel

Werden also Bankdaten auf eine CD gebrannt, dann begeht der Täter keinen Diebstahl an den Daten. Es kommt aber eine Strafbarkeit gem. § 202a in Betracht. Verkauft er diese Daten dann später an das Land NRW, dann begeht der zuständige Amtsträger keine Hehlerei gem. § 259, da die Daten keine „Sachen“ sind, die ein anderer erlangt hat. Er kann sich aber wegen Datenhehlerei gem. § 202d strafbar gemacht haben, wobei allerdings Abs. 3 Nr. 1 die Strafbarkeit für solche Handlungen ausschließt, mit denen „Daten ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugeführt werden sollen“.

Auch elektrische Energie ist keine Sache, wird aber über § 248c geschützt. Allerdings kann ein Diebstahl an der Urkunde, die eine Forderung oder ein Recht verkörpert, einer Batterie, die Energie beinhaltet, sowie an einem USB-Stick, auf dem Daten gespeichert sind, begangen werden.

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Der Körper des lebenden Menschen besitzt keine Sachqualität. Auch fest eingefügten, künstlichen Teilen wie dem Herzschrittmacher (Substitutiv-Implantate) kommt keine Sachqualität zu, solange sie mit ihm verbunden sind.[7] Bei abgetrennten natürlichen oder künstlichen Körperteilen wird die Sachqualität hingegen bejaht, da das einzelne Organ oder Körperteil kein Träger der Menschenwürde mehr sei.[8]

Umstritten ist jedoch, ob dies auch dann gilt, wenn der Körperbestandteil nach dem Willen des Rechtsgutsträgers wieder dem Körper zugeführt werden soll.

Beispiel

A lässt sich eine Woche vor einer großen Operation 1 Liter Blut entnehmen für den Fall, dass er während der OP größere Mengen Blut verliert und eine Blutspende benötigt. Krankenschwester K verkauft das Blut.

Teilweise wird hier in Übereinstimmung mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung[9] dieser Bestandteil als funktionale Einheit mit dem Körper und damit nicht als Sache angesehen. Ein strafrechtlicher Schutz solle über § 223 gewährleistet werden.[10] Dieser Ansicht wird jedoch entgegengehalten, dass damit § 223 unzulässig ausgeweitet werde. Die Gegenauffassung bejaht daher die Sachqualität, so dass ein strafrechtlicher Schutz über §§ 242, 303 möglich ist.[11]

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Umstritten ist ferner, ob Leichen und ihre künstlichen Bestandteile (Substitutiv-Implantate) als Sache angesehen werden können.

Beispiel

A arbeitet in einem städtischen Krematorium und durchsucht die nach einer Kremierung einer Leiche verbleibende Asche gezielt nach Edelmetallen, insbesondere Zahngold, welches er alsdann einsteckt und verkauft.[12] Hier kann A sich nur dann gem. § 242 strafbar machen, wenn das Zahngold zum einen eine Sache ist, die zum anderen auch noch im Eigentum eines anderen steht.

Die h.M. sieht menschliche Leichen und die mit ihnen fest verbundenen Teile zunächst als Sachen an.[13] Nach der Gegenauffassung sind Leichen, sofern sie zur Bestattung bestimmt sind, als Rückstand der Persönlichkeit anzusehen, deren Schutz über § 168 gewährleistet werde.[14]

Fraglich ist nun aber, ob diese Sachen eigentumsfähig sind und wenn ja, in wessen Eigentum sie dann stehen.

Leichen, die zur Bestattung vorgesehen sind, stehen in niemandes Eigentum und sind damit herrenlos.[15] Etwas anderes gilt nur für Mumien,- Moor- Anatomie- oder plastinierte Leichen.[16] Substitutiv-Implantate teilen zunächst das rechtliche Schicksal der Leiche, sind also zunächst ebenfalls herrenlos. Sie werden allerdings dann eigentumsfähig, wenn ihre feste Verbindung mit dem Leichnam gelöst wird, wie das z.B. bei einer Einäscherung der Fall ist.[17] Fraglich ist nun aber, wer das Eigentum erwirbt.

Teilweise wird vertreten, dass Supportiv-Implantate, die den Körper in seiner Funktion unterstützen, genauso behandelt werden wie nur lose mit dem Körper verbundene Gegenstände (z.B. Hörgeräte). Das bedeutet, dass der Träger Eigentum an den Implantaten erwirbt, welches im Falle des Todes auf die Erben übergehen kann.[18]

Nach anderer Auffassung kann an herrenlosen künstlichen Körperteilen im Wege der Aneignung nach § 958 I BGB durch Ineigenbesitznahme Eigentum erworben werden.[19]

Streitig ist nun jedoch, wem ein Aneignungsrecht an den Implantaten zusteht.

Eine Auffassung spricht wegen der Bedeutung der künstlichen Körperteile als Vermögensposition das Aneignungsrecht den Erben als Vermögensnachfolger der Verstorbenen kraft Gewohnheitsrechts zu, allerdings nur, wenn die Angehörigen dies billigen.[20] Nach anderer Auffassung steht unter Berücksichtigung des Pietätsgefühls, welches sich auch auf werthaltige Leichenteile erstrecken soll, das Aneignungsrecht den nächsten Angehörigen des Verstorbenen als Totensorgeberechtigten zu.[21] Sofern die Aneignungsberechtigtem das Recht durch Inbesitznahme nicht ausüben, bleibt die Sache herrenlos, so dass ein Diebstahl nicht möglich ist.

JURIQ-Klausurtipp

Aufgrund des Sachzusammenhangs wurde vorstehend bei Leichen und Körperteilen sowohl die Sacheigenschaft als auch schon die Eigentumsfähigkeit dargestellt. Achten Sie in der Klausur darauf, dass Sie beide Fragen sorgfältig voneinander trennen. Wird bereits die Sacheigenschaft verneint, ist eine Auseinandersetzung mit der Fremdheit überflüssig. Da beide Fragen kontrovers diskutiert werden, ist im Ergebnis vieles vertretbar. Wichtig ist wie immer, dass Sie das Problem benennen und die Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

Strafrecht Besonderer Teil II

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