Читать книгу Strafrecht Besonderer Teil II - Sabine Tofahrn - Страница 42
1. Vorsatz
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Die Prüfung des subjektiven Tatbestandes beginnt zunächst mit dem Vorsatz. Der Vorsatz muss sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes umfassen, wobei dolus eventualis genügt. Der Täter muss es also zumindest für möglich halten, dass er eine fremde bewegliche Sache wegnimmt und diese Möglichkeit billigend in Kauf nehmen.
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Fehlt ihm hinsichtlich eines dieser Merkmale schon die Sachverhaltskenntnis, so befindet er sich in einem Irrtum gem. § 16 Abs. 1. Fehlt ihm hinsichtlich der normativen Tatbestandsmerkmale „fremd“ und „Wegnahme“ trotz Sachverhaltskenntnis die Bedeutungskenntnis, so handelt er ebenfalls nicht vorsätzlich.
Beispiel 1
A nimmt in der Kneipe einen fremden Schirm mit, den er aufgrund einer Verwechselung für seinen eigenen hält.
Beispiel 2
A nimmt in der Kneipe den Schirm seines Freundes F mit, irrig davon ausgehend, F sei damit einverstanden.
In beiden Fällen fehlt dem Täter die Sachverhaltskenntnis. Im ersten Fall weiß er nicht, dass es tatsächlich der Schirm eines anderen ist, im zweiten Fall nimmt er irrig ein tatbestandsausschließendes Einverständnis an, welches es tatsächlich nicht gibt.
Wiederholen Sie an dieser Stelle die schwierige Abgrenzungsproblematik zwischen Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 und Subsumtionsirrtum[54] gem. § 17, die sich immer bei normativen Tatbestandsmerkmalen ergeben kann! Diese Thematik wird dargestellt im Skript „Strafrecht AT I“.
Beispiel 3
A schließt mit B einen Kaufvertrag über einen Gartenzwerg. Es wird vereinbart, dass A den Zwerg aber erst in der nächsten Woche übergeben bekommen soll. Da A ungeduldig ist, nimmt er den Zwerg aber schon am nächsten Tag mit, wobei er glaubt, dass aufgrund des Kaufvertrages „der Zwerg ihm sei und er damit machen könne, was er wolle“.
In diesem Fall hat A volle Sachverhaltskenntnis. Er glaubt aber irrig, aufgrund des Kaufvertrages bereits Eigentümer geworden zu sein. Damit weiß er nicht, dass die Sache noch fremd ist. Ihm fehlt mithin die Bedeutungskenntnis.
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Ob der Vorsatz sich hinsichtlich des Tatobjektes während der Tatbegehung verengt, erweitert oder ändert, ist unbeachtlich, sofern er durchgehend fortbesteht.[55] Gibt der Täter hingegen seinen ursprünglichen Vorsatz auf und fasst danach einen neuen Vorsatz, so liegt eine Zäsur vor mit der Folge, dass man von 2 Taten ausgehen muss. Bedeutsam wird dies in der Klausur vor allem in Zusammenhang mit § 243, dazu unter Rn. 111, 145 mehr.
Beispiel 1
A steigt nachts in den Juwelierladen des J ein, um eine bestimmte Perlenkette mitzunehmen. Nachdem er sich die Kette allerdings genauer angesehen hat, stellt er fest, dass sie ihm nicht gefällt und nimmt stattdessen einen Brillantring mit.
Beispiel 2
A steigt wiederum in den Juwelierladen ein, um die Perlenkette mitzunehmen. Leider befindet sich in dem Laden an diesem Abend aber nur noch billiger Modeschmuck, weswegen A beschließt, unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu gehen. Beim Rausgehen fällt ihm eine Flasche Rotwein auf, die er aus Frust mitnimmt.
In Beispiel 1 liegt ein Diebstahl gem. § 242 am Ring vor. Der Vorsatzwechsel ist unbeachtlich. In Beispiel 2 liegt ein versuchter fehlgeschlagener Diebstahl an der Kette und ein vollendeter Diebstahl am Rotwein vor, da A zwischenzeitlich seinen Vorsatz aufgegeben hatte. Fraglich ist, ob er zur Begehung dieses Diebstahls gem. „§ 243 Abs. 1 Nr. 1“ eingestiegen ist.