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Als Erich Gloger zum Nachtdienst erschien, war Dr. Robert Anders noch im Haus. Der Krankenpfleger begegnete dem Chefarzt der Wald- Klinik auf dem Flur der Internen.

»Guten Abend, Herr Chefarzt«, sagte der Pfleger.

»Was stimmt Sie heute so fröhlich? Ihre Augen strahlen, als wären Sie dem ganz großen Glück begegnet«, sagte Dr. Anders lächelnd.

»Sieht man das?«, fragte der junge Mann etwas überrascht.

»Es würde sogar einem Blinden auffallen«, antwortete der Mediziner.

»Ich habe heute einer ganz bezaubernden jungen Frau das Rad zu Schrott gefahren«, meinte der Pfleger.

»Und das macht Sie glücklich?«, wollte der Arzt wissen.

»Meine Freude gilt dem Umstand, dass ich dieses Traumwesen kennenlernen durfte, Herr Chefarzt«. Erich Gloger ließ Dr. Anders an seinem privaten Glück teilhaben, indem er ihm alles über Jutta Sibelius erzählte, was er wusste. Er war froh, mit jemandem darüber reden zu können. Ihm ging das Herz einfach über.

Dr. Anders blickte auf seine Uhr. »Auch bei mir zu Hause wartet eine Traumfrau. Es ist Zeit, dass ich zu ihr eile.«

»Entschuldigen Sie, dass ich Sie so lange aufgehalten habe, Herr Chefarzt«, meinte Erich Gloger etwas verlegen.

»Ist schon in Ordnung«, sagte Dr. Anders und begab sich in sein Büro.

Eine ruhige Nacht schien vor Erich Gloger zu liegen. Bis dreiundzwanzig Uhr war alles sehr friedlich, aber dann kam Hektik auf. Eine der Schwestern meldete, dass es einem Patienten nicht gutgehe.

Der diensthabende Arzt bat Gloger, mitzukommen. Die Beschwerden des Patienten bestanden vor allem darin, dass sein Blutdruck von einhundertsechzig auf neunzig gefallen war. Die Schwester meinte, der Mann habe vielleicht einen Kollaps, Außerdem teilte sie dem jungen Arzt mit, es seien vorsorglich ein paar Blutkonserven gekreuzt worden.

»Soll ich sie holen?«, fragte Erich Gloger,

»Ich muss mir den Patienten erst ansehen«, antwortete der junge Doktor und ließ sich von der Krankenschwester die Kurve geben.

Der Patient war wegen Verdachts auf eine chronische Leukämie zur Klärung stationär aufgenommen worden. Er hatte Blutspuren im Stuhl gehabt.

Für morgen war eine Knochenmarksuntersuchung vorgesehen - und jetzt sank der Blutdruck besorgniserregend. Erich Gloger stand neben dem jungen Arzt, als dieser den Blutdruck selbst prüfte.

»Neunzig zu vierzig«, sagte der Mediziner.

Die Krankenschwester biss sich auf die Lippe und warf Gloger einen ratlosen Blick zu. Der Patient bekam eine Glukose-Infusion und hatte eine Zweier-Nadel im Arm.

Erich Gloger war einer der Pfleger, die nicht nur ausführten, was man ihnen auftrug. Er dachte mit, konnte das, weil er immerhin auch einige Semester Medizin studiert hatte.

Finanzielle Schwierigkeiten hatten ihn gezwungen, das Studium abzubrechen. Da er Kranken aber unbedingt helfen wollte, stellte er ihnen seine Kraft eben auf eine andere Art zur Verfügung.

Der Arzt nahm noch einmal die Kurve in die Hand. »Vielleicht sollten wir ihm das bereitstehende Blut geben.«

»Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf«, begann Erich Gloger vorsichtig, denn manche Ärzte ließen sich nicht gern etwas sagen - vor allem von Nichtmedizinern. Einige nahmen einen Rat ganz gern an, aber er durfte nicht wie eine Belehrung klingen.

Der Ton macht die Musik - wie überall.

»Wenn der Patient das Blut bekommt, kann man die Knochenmarksuntersuchung morgen vergessen. Die Diagnose würde dadurch verzögert«, sagte Erich Gloger.

Der junge Arzt nickte nachdenklich. »Sie haben recht.«

Er setzte die Infusion ab und injizierte ein Herz- und Kreislauf stärkendes Mittel, und allmählich verlor sich die graue Gesichtsfarbe des Mannes.

»Ich bleibe bei ihm«, sagte Erich Gloger.

Der Butdruck des Patienten stieg allmählich wieder.

»Sollte es ihm erneut schlechter gehen, rufen Sie mich unverzüglich«, sagte der Nachtarzt.

»Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird«, erwiderte Erich Gloger, und er hatte recht. Die Krise war überwunden - und Gloger saß neben dem Bett des ruhig schlafenden Mannes und dachte an Jutta Sibelius.

Hoffentlich kann sie schlafen, ging es ihm durch den Kopf. Sie würde vor der Prüfung sehr viel Ruhe brauchen.

Je ausgeruhter sie vor die Kommission tritt, desto größer ist die Chance, dass sie es diesmal schafft.

Er dachte an die eigene Fahrprüfung. Er hatte damals vermutet, einem der Prüfer nicht sympathisch zu sein. Der Mann hatte ihn zu zerlegen versucht, aber er hatte einfach alles gewusst und jede Frage beantwortet.

Beim Fahren wäre es dann beinahe schiefgegangen. Auf dem Gehsteig hatten Kinder gerauft, und sie hatten Erich Gloger abgelenkt. Dadurch hätte er beinahe einen Autobus übersehen, der plötzlich von rechts auftauchte.

Gerade noch rechtzeitig brachte er das Fahrzeug zum Stehen, ohne dass es sämtliche Insassen nach vorn riss - und damit war für ihn die Prüfung positiv gelaufen gewesen.

Ein kleines Lächeln umspielte Glogers Lippen, während sich seine Hände um die Daumen schlossen. Er hoffte, dass er Jutta damit half.

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