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Warum Medienanalysen einer Kontextualisierung bedürfen

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Werden die Forschungsbefunde zum Thema Migration und Medien zusammengetragen, lässt sich feststellen, dass das Sprechen über Migration über die Grenzen hinweg – oberflächlich betrachtet – nach denselben Mustern verläuft. Man könnte selbst den Eindruck gewinnen, dass es keine Rolle spiele, im Rahmen welcher gesellschaftlicher sowie politischer Kontexte die Berichterstattung über Migration stattfindet oder wie viele Migrant*innen in einem Gebiet leben, in dem Medien über Migration berichten. Dies entspräche auch der gängigen Vorstellung, dass Medien neue Wirklichkeit und damit Nationalismus und Rassismus erzeugen.

Bezieht man jedoch die gesellschaftlichen und politischen Kontexte in die Analysen ein, so spiegeln sich in der Berichterstattung über Migration stets Denkund Argumentationsweisen wider, die in der Gesellschaft bereits existieren. Dies zeigt sich vor allem durch regionale Spezifika, die sich wesentlich auf das Sprechen über Migration auswirken. Das heißt, Gesellschaft, Politik und Medien bedingen sich – auch im Migrationsdiskurs – gegenseitig und gerade wegen lokaler Eigenheiten.

Bei einem Großteil der in diesem Kapitel angesprochenen Medienanalysen handelt es sich um Inhaltsanalysen oder speziell im amerikanischen Raum um Framinganalysen110, die nicht nach dem Kontext fragen, in dem Medieninhalte entstanden sind. Arbeiten mit kommunikations-, medienwissenschaftlichen oder sprachwissenschaftlichen Ansätzen ziehen selten politische, kulturelle und historische Hintergründe mit ein, in denen mediale Inhalte entstanden sind. Doch die Bedeutung von Sprache entsteht nicht in ihrem Gebrauch, sondern erst in Verbindung mit relevantem Kontext. Um komplexe soziale Probleme zu erforschen, ist es notwendig, den Kontext als Teil der Analyse zu begreifen, da sonst sprachliches Verhalten missinterpretiert werden kann.

Eine Ausnahme bilden beispielsweise die Arbeiten von Ruth Wodak, Bernd Matouschek sowie Martin Reisigl, auf die im Abschnitt Migration und Diskurs noch näher eingegangen wird. Mit dem Ansatz der diskurshistorischen Analyse, die insbesondere die Integration von Text und Kontext hervorhebt, plädieren die Autoren für eine multidimensionale Dekonstruktion von Sprache und Argumentationen, indem jegliche verfügbare Informationen zu historischen Hintergründen, in dessen Rahmen Diskurse entstehen, in die Analyse eingebettet werden.111

Autochthone Minderheiten und Migrant*innen

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