Читать книгу Künstlerseelen - Saskia Françoise Elvers - Страница 10

Schule

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Silvie Erbach schüttet sich den letzten Rest Tee in ihre Tasse als sie die Nachrichten einschaltet. Um sie herum liegt ein Stapel Papier - Arbeiten von Schülern, die sie noch benoten muss. Als Kunstlehrerin fällt es ihr leicht, die Benotungen während ihrer Lieblingsserie vorzunehmen, die täglich nach den 18-Uhr-Nachrichten läuft.

Lena Nöthe flimmert auf Silvies Fernseher auf und die Themen werden eingespielt. Die meiste Sendezeit gehört Edgar Brandig und der Premiere seines neuen Films.

Silvie hält nicht viel von Brandigs Filmen, nicht weil sie nicht gut gemacht sind, sondern weil es nicht ihrem Genre entspricht. Brandig ist ihr zu melancholisch, obwohl es sich stets um Komödien handelt. Sie dagegen ist ein Arthouse-Fanatiker. Der Grund dafür mag ihr Großvater sein, der sie früher in diese Filme mitgenommen hat.

Als Silvie von Brandigs Idee hört, den Menschen auf Probe die Kunst zu entziehen, starrt sie wie gebannt auf den Fernseher.

Was würde das für sie bedeuten, wenn man diesen Test wirklich durchführen würde? Besonders für ihren Beruf? Dürfte sie dann nicht mehr unterrichten?

Lena Nöthe macht noch einen kecken Spruch, bevor die Nachrichten sich dem Ende neigen.

In Gedanken bleibt Silvie bei Edgar Brandig hängen, dessen Ansicht sie durchaus nachvollziehen kann. Wie scharf Filme, Lieder und Bücher mittlerweile kritisiert werden, ist auch Silvie bereits aufgefallen. Oft packt sie diese Artikel kopfschüttelnd zur Seite und widmet sich wieder den Malereien ihrer Schüler.

Die Kunst der Kinder ist so frei und grenzenlos. Obwohl sie immer ein Thema vorgegeben bekommen, gleicht kein Bild dem anderen. Weder von den Farben, Formen, Ideen, noch von der Themeninterpretation. Das spannende an ihrem Beruf sind eindeutig die präsentierten Ergebnisse. Diese Kunst benoten zu müssen, ist dagegen eine unzumutbare Aufgabe, denn immerhin kann man Kunst nicht mit Noten bewerten. Kunst ist vielfältig und wird durch jedes Auge unterschiedlich betrachtet.

Das Edgar Brandig sich angegriffen fühlt, kann sie sehr gut nachvollziehen. Nichts muss für einen Künstler schlimmer sein, als das Gefühl, dass man sich nicht mal darum bemüht ihn zu verstehen. Die gekränkten Gesichter der Kinder spiegeln dieses Gefühl, sobald ein unfertiges Projekt frühzeitig verurteilt wird.

Während ihre Lieblingsserie läuft und sie die letzten Bilder mit einer Eins benotet, fällt ihr schlagartig ein, wie sie die erste Stunde mit ihrer neuen Klasse einläutet, welche sie von einer erkrankten Kollegin über einen längeren Zeitraum übernehmen wird.

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