Читать книгу Künstlerseelen - Saskia Françoise Elvers - Страница 8

Luise Irsch

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Meine Auswahl an Liebhabern ist so vielfältig wie meine Musiksammlung und dort befindet sich eine ganze Reihe unterschiedlicher Geschmacksrichtungen. Natürlich sind einige Fehlkäufe in meinem Regal, wie auch Spuren auf meinem Bettlaken. Während ich alte CDs zur Erinnerung behalte und sie einer extra Kategorie in meinem Regal widme, schmeiße ich die männlichen Fehltritte aus meiner Wohnung und lösche Nummer, sowie jegliche Gedanken an sie. So kommt es, dass meine jetzige Toy-Boy-Liste genauso gut auserwählt ist, wie meine Playlist auf dem Handy.

Nur um es vorweg zu nehmen, ich bin Single und verhüte selbstverständlich - ganz so blöd bin ich ja nicht. Mein Job lässt es nicht zu, dass ich eine feste Beziehung führe - wobei das nur eine Ausrede ist, die ich bei meiner Familie benutze, damit sie aufhören mich wegen meiner ablaufenden inneren Uhr zu nerven. Ich mag mein Leben so wie es ist, auch wenn andere es oft nicht verstehen wollen.

Georg ist der Rammstein-Typ. Nicht, weil er so aussieht - nein, keineswegs. Man könnte sogar meinen, er würde sich beim Hören dieser Musik in die Hose scheißen. Er ist ein typischer Suppenbubi, den man sogar dann sofort wieder vergisst, wenn er einem das Leben gerettet hat. Doch im Bett - mein lieber Scholli - da ist er der Rammstein-Typ. Hart, uncharmant und ein Tier.

Dieser große Unterschied zwischen Aussehen und Triebverhalten ist wahrscheinlich der Grund, wieso ich ihn beim Sex nicht ansehen kann - nichts ist schrecklicher als zu Rammstein und einer brennenden Vagina einen Lachanfall zu bekommen.

Obwohl am heutigen Abend alles anders ist, bleibt es dabei - während unsere Triebe verschmelzen gibt es kein Blickkontakt.

Ich hänge mit dem Oberkörper über der Rückenlehne meines Lieblingssessels und sehe mir die Nachrichten an, in denen es um Edgars Premiere geht. Georg habe ich gebeten, seinen Kopf von meinem so weit wie möglich fern zu halten, damit ich nichts durch sein Stöhnen verpasse. Er stöhnt wie ein unsportlicher Mann, der Müll raus bringen für einen Marathonlauf hält.

Nicht unbedingt die Art von maskulinen Tönen die eine Frau feucht macht, was mir noch einen weiteren Grund gibt Rammsteinmusik laufen zu lassen.

Lena Nöthe heißt die unscheinbare hübsche Frau Anfang dreißig, die mich aus dem Fernseher heraus beim Sex beobachtet. Irgendwie mag ich sie. Das ausgerechnet sie sich als erste auf die mir merkwürdig erscheinende Idee Edgars stürzt, ist völlig unerwartet für mich - die Idee eines separaten Ortes für Künstler.

„Hat er deinen Kollegen gegenüber diese Idee auch geäußert?“, frage ich Georg, ohne mich umzudrehen.

Seine Bewegungen werden langsamer, weswegen ich ein Augenrollen nicht vermeiden kann. Dass Männer nicht wenigstens so multitaskingfähig sind, dass sie beim Antworten die Penis-Geschwindigkeit halten können, ist unverständlich für mich - beim Autofahren können sie auch alles gleichzeitig bedienen.

Ich bekomme keine gesprochene Antwort, aber anhand seiner Hüftbewegung, die offenbar direkt mit seinem Kopf verbunden ist, verneint er durch ein Kopfschütteln.

„Hatte der Edgar wohl einen guten Tag heute“, versuche ich wieder vom Thema abzulenken, da seine Bewegungen immer mehr wirken, wie ein aus dem Rhythmus gekommener Wackeldackel.

Als Georg über einen Scherz von Lena Nöthe lacht, wird mir das erste Mal bewusst, dass ich ihn zuvor noch nie richtig lachen gehört habe. Die Lache erinnert an einen Schuljungen, der sich nicht vorstellen kann, sich jemals für Mädchen zu interessieren.

Mit aller Macht versuche ich, das Lachen aus meinem Kopf zu löschen und mich wieder auf sein pochendes Glied zu konzentrieren, welches zu seinem alten Rhythmus gefunden hat und meine Schleimhäute zum Glühen bringt.

Doch bevor er mich zum Beben bringen kann, breche ich alles ab. Sein Gelächter und das lausige Interview von Edgar gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich bereue, dass ich nicht einfach Rammstein aufgelegt habe - so wie ich es immer tue.

Schnell bringe ich Georg vor die Tür, schlage sie ungehalten zu - das kennt er bereits. In einem Sprint geht es rüber zu meinem Bett und der Nachttischschublade. Wenige Sekunden später surrt es unter meiner Decke und ich stöhne den kompletten Frust aus mir raus - Georgs Lache, Rammstein und besonders Edgar, mit dem ich vorher die möglichen Fragen nicht durchgegangen bin.

Ich bin seine Agentin, ich hätte wissen müssen, dass diese Frage gestellt wird. Was mich am meisten daran stört ist, dass ich vorher nicht ahnte, wie dumm seine Antwort werden könnte. Die Überraschung kam mit einem Knall, der durch Georgs Schuljungenlache nicht leiser ausfällt.

Georg - ich weiß, er wird beim Verlassen der Wohnung, mein Stöhnen hören, denn mein gekipptes Schlafzimmerfenster richtet sich zur Straße. Das ist mir egal. Georg kann man das Herz nicht brechen, denn er steht auf harten Sex mit mir, ohne Küssen, ohne Lecken und vor allem ohne Blicke.

Es dauert einige Zeit bis ich mich selber dazu bringen kann meinen Kopf abzuschalten und auf das Happy End einzulassen. Nachdem ich die Nachbeben genossen habe, schlendere ich, mit einer Dose Lachs in Orangen-Senf-Sauce, in mein Büro und tätige den fälligen Anruf.

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