Читать книгу Künstlerseelen - Saskia Françoise Elvers - Страница 20

Betsi Herrig

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Als ich die Brandig-Neuigkeiten höre, stockt mir kurz der Atem. Nicht, weil ich dort eine Chance für mich und meine Malerei sehe, sondern weil mir das Gesicht meines Ex-Partners ins Gedächtnis schießt. August Oberli ist einer der berühmtesten Maler der heutigen Zeit und weit geschätzt, dennoch laufen seine Ausstellungen schlecht, was mir das Herz bricht.

Seit nun mehr als zwei Jahren sind August und ich kein Paar mehr, worüber viele Menschen erleichtert sind. Durch unseren Altersunterschied von zweiunddreißig Jahren, waren wir eine gute Angriffsfläche für die Presse und somit in jedem Munde bekannt. Wir brauchten ein dickes Fell, weil wir uns deren Lästereien aussetzen mussten.

Ich weiß nicht wieso, aber wenn es um Zahlen geht, dann sind die meisten, wie die Erwachsenen von dem der kleine Prinz erzählt. Sie konzentrieren sich nicht auf das Wesentliche, sondern nur auf das Alter oder Einkommen - Zahlen halt.

Wir haben uns damals getrennt, weil er mit fünfundfünfzig Jahren ein anderes Lebensgefühl hatte, als ich mit meinen Anfang Zwanzig. Ich war geistig nicht in der Lage mich ihm anzupassen. Das ist selbstverständlich eine schmerzhafte Einsicht, aber wenn man offen darüber redet, überwindbar. Ich liebe ihn noch immer und es wird sich wohl auch nicht ändern, denn er ist ein wundervoller Mann. Ich liebe ihn, obwohl ich mittlerweile weiß, dass ich auf Frauen stehe.

Während August sich selbst treu geblieben ist, habe ich die zwei Jahre genutzt mich neu zu finden. Mein Körper ist übersät von Tattoos und meine Haare schillern in bunten Farben. Dank der Erfindung des sozialen Netzwerkes kann ich meine Bilder zu jeder Zeit veröffentlichen und mir sogar direkt Feedback holen. Viele Kommentare inspirieren mich zu neuen Bildern oder Ansätzen. Mittlerweile poste ich Bilder, die die Entwicklung meines Kunstwerks zeigen und arbeite die Meinungen und Wünsche meiner Fans mit ein.

August dagegen entzieht sich jeder äußeren Welt und vergisst zu Essen, wenn er an einem neuen Kunstwerk sitzt. Jemand der so etwas nicht gewohnt ist, könnte sich besonders abends schnell gruseln, da August manchmal Minutenlang bewegungslos auf die Leinwand starrt. Seine plötzliche Bewegung lädt zum Erschrecken ein, was auch etwas Amüsantes hat, wenn man sieht, dass das Ergebnis nur ein winziger Strich ist.

Die Künstlerstadt wäre für mich der reine Graus. Das Internet ist schnelllebig. Bleibt man den Menschen dort nicht ständig präsent, dann vergessen sie einen. Dabei ist aber auch Überschüssigkeit eine große Gefahr, denn das kann ebenfalls dazu führen, dass die Menschen sich von einem abwenden. Ich habe das richtige Maß gefunden und sollte ich mich für so ein Projekt diesem nun entziehen, dann wäre das ein Rückschlag für mich, dessen Ausmaße ich nicht vorhersehen kann.

Es ist der erste Tag in meinem Leben, wo ich zu Gott bete und hoffe, dass der Kunstentzug niemals umgesetzt wird, denn eins steht für mich jetzt schon fest - sollte es wirklich zur Umsetzung kommen, würde ich alles stehen und liegen lassen August zu folgen, falls er in diese Künstlerstadt ziehen sollte. Ohne jemanden an seiner Seite, wird er das Leben dort nicht überstehen. Entweder, weil er ständig gestört wird oder sich zu Tode hungert.

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