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Laura Herz

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„Laura Herz, ich bin von der Schnack, könnte ich bitte mal durch?“ Eine Frage, die Laura heute bereits unzählige Male stellen musste, dennoch selten ohne weitere Diskussionen durch kam. Mittlerweile hält Laura ihren Presseausweis so vors Gesicht, das ihr Gegenüber nicht in ihre echten Augen, sondern in die auf dem Foto schauen muss.

Als sie am Geländer mit der Aufschrift Presseabteilung Schnack steht, ist sie kurz überrascht darüber, dass sie den besten Platz erhalten hat - mittig zum Filmplakat, vor dem, im Laufe der Premiere, die komplette Filmbesetzung stehen wird.

Die Zeit, in der Kinomitarbeiter, Moderatoren und Agenten an ihr vorbeilaufen und sich auf die Stars vorbereiten, nutzt Laura für die ersten Probefotos, um den ISO-Wert und die Blende perfekt zur Belichtungszeit einzustellen. Böse Überraschungen kann sie sich nicht leisten, denn solche Fehltritte sind noch Tage später Gesprächsthema beim Chef.

Obwohl sie Fotografin aus Leidenschaft ist, hasst sie ihren Job. Der ganze Konkurrenzkampf, wer das beste Foto macht, ist gegen ihre Natur. Der einzige Grund, weswegen sie dennoch Prominente auf dem roten Teppich anschreit, ist Geld. Es stellt ein kleineres Übel da, wenn man trotzdem fotografieren darf, als wenn man gar nichts Kreatives machen kann.

Den Traum, eines Tages Ausstellungen mit ihren Bildern zu füllen, gibt sie nicht auf. Das Talent dafür hat sie, aber noch fehlen ihr die Ideen und der unverkennbare Stil. Solange dies so ist, wird sich Laura keinen Namen in der Kunstszene machen können, denn es wird immer schwerer aus der Masse herauszustechen.

Glücklicherweise hat sie Eltern, die sie bei allem unterstützen. Besonders bei der Entscheidung, für eine Klatsch- und Tratschzeitschrift zu arbeiten, die sich Schnack nennt, haben sie ihr Mut gemacht.

Die Schnack ist ein Schundblatt, so bezeichnet Laura ihren Arbeitgeber, wenn sie von jemanden auf die Zeitschrift angesprochen wird, der vorher noch nicht davon gehört hat. Ihre Meinung ist nicht ganz unberechtigt, denn die meisten Gerüchte der Promiszene stammen von Redakteuren der Schnack. Lena Herz, ist die Topfotografin, wenn es um peinliche Promibilder geht.

Dann ist es endlich soweit - Edgar Brandig ist der Erste der über den roten Teppich läuft. Seine Filme werden jedes Mal zu Kassenschlagern, bleiben aber gleichzeitig auch die meist kritisiertesten. Jeder noch so kleine Ausschnitt aus jedem seiner neuen Filme wird von der Presse sofort zerrissen.

Edgar Brandig wird von allen Seiten belagert und fotografiert. Laura wendet sich ab, denn sie hat genügend Fotos von ihm und wartet nun gespannt auf ihr nächstes Opfer. Ehe sie sich versieht, fährt ein schwarzer Mercedes vor. Das rote Kleid, welches kurz darauf erscheint, funkelt und glitzert im Scheinwerferlicht. Etwas verschüchtert torkelt die Dame zum Filmplakat. Es scheint fast, als wäre sie betrunken.

„Frau Horsch, schauen Sie bitte mal hierher?“, ruft Laura, freundlich wie immer.

Damit tritt sie eine Lawine ihrer Pressekonkurrenten los. Die gesamte Meute stürzt sich auf die Theaterberühmtheit und lässt Edgar Brandig links liegen.

Laura leidet mit der Schauspielerin, die offenbar mit der Situation überfordert ist und plötzlich stocknüchtern wirkt. Julia Horsch gehört zur obersten Elite der Schauspielszene, obwohl sie nur am Theater arbeitet. Eine Prominente die sich so selten in der Öffentlichkeit präsentiert, dass sie sich auf dem roten Teppich unwohl fühlt.

Laura plagt ein schlechtes Gewissen, weswegen sie kräftig winkt, in der Hoffnung die Aufmerksamkeit von Julia Horsch auf sich zu ziehen - doch sie wird nicht beachtet. Stattdessen sieht Julia zu Edgar hinüber, der bereits bei Lauras Schnack-Kollegin steht und ein Interview gibt.

Laura bleibt nichts anders übrig, als auf den nächsten Schauspieler zu warten, auf den sie die Aufmerksamkeit lenken kann. Kurz darauf geht ihr Plan auf. Laura tritt eine zweite Lawine frei und erlöst Julia Horsch, womit ihr schlechtes Gewissen ebenfalls verschwindet.

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