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Luise Irsch

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„Störe ich?“, frage ich, obwohl es mich nicht interessiert. Noch immer brodelt die Wut in mir.

„Nein, absolut nicht“, antwortet Edgar heiter. „Was gibt es?“

„Was es gibt? Fragst du mich das ernsthaft?“, zische ich.

„Du hast die Nachrichten gesehen, richtig? Bist du deswegen aufgebracht?“

„Sollte ich etwa nicht aufgebracht sein?“

„Nein. Nur weil ich etwas laut ausspreche, heißt es nicht, dass es auch umgesetzt wird.“ Edgar wirkt gelassen. Ein Zeichen dafür, dass er sich seiner Antwort im Interview bewusst war.

„Wieso sagst du so was überhaupt?“ Noch immer verstehe ich ihn nicht.

„Um meine Publicity zu nutzen und die Menschen zum Nachdenken anzuregen.“

„Was sagen deine Frauen dazu?“, hake ich nach.

„Wir haben das Thema gerade beim Essen angeschnitten, aber noch nicht näher besprochen. Wenn wir gleich zur Feier des Tages eine Flasche Wein öffnen, wird es bestimmt nochmal zum Thema werden.“

„Edgar, wie stellst du dir das vor - der Menschheit die Kunst wegzunehmen?“ Ich muss es wissen, um schlimmere Äußerungen in zukünftigen Interviews zu vermeiden.

„Luise, es geht mir nur darum, dass die Presse darüber nachdenkt was Kunst für jeden einzelnen bedeutet. Und natürlich nicht nur die Presse, sondern auch die, die deren Artikel tagtäglich lesen und jeden Quatsch glauben.

Generell will jeder Filmemacher unterhalten und Menschen berühren. Es ist unsere Leidenschaft. Wir können uns allerdings nicht entfalten, wenn wir uns ständig für alles rechtfertigen müssen.

Kunst lebt nicht von Kritiken, sondern von den Emotionen die sie auslösen. Es reicht mir, wenn ich es heute mit meiner Antwort geschafft habe, dass sich Menschen darüber Gedanken machen. Natürlich wird es immer welche geben, die sich darüber aufregen, weil sie sich einreden ich würde sie beklauen wollen. Das können sie gerne weiterhin tun, denn sie erhöhen damit ihr eigenes Herzinfarktrisiko und nicht meins.“

„Du hast es nur gesagt, damit die Menschen darüber nachdenken?“, frage ich nach, um sicher zu gehen, dass ich ihn richtig verstanden habe.

„Weißt du, jetzt wo du das hinterfragst ... halte doch bitte morgen Rücksprache mit der Regierung. Vielleicht wollen sie mir diese Idee ja doch abkaufen. Wäre schon lustig, wenn es so einen Entzug geben würde. Der Menschheit würde es sicherlich nicht schaden aus schmerzhaften Erfahrungen zu lernen.“

Ich weiß, er will mich triezen. Er hört mir meine unterdrückte Wut bereits übers Telefon an. Zugegeben, ich würde ihn am liebsten anschreien um meinem Ärger Luft zu machen, doch ich bleibe standhaft. Noch sitze ich am längeren Hebel.

„Garantiert nicht“, zische ich lauter als gewollt.

„Wieso nicht, Luise? Willst du die Menschheit nicht verändern? Willst du nicht unsterblich werden? Das kann man nur, wenn man auch mal ein Risiko eingeht. Das könnte unser Clou werden, Luise. Denk mal darüber nach ...“

Seine Stimme dringt in mich ein. So verführerisch habe ich sie noch nie klingen hören, obwohl ich bereits seit Jahren für ihn arbeite.

Bevor er mich um den Finger wickeln kann, beende ich das Telefonat. Ich muss seine Worte aus meinem Kopf kriegen, sonst glaube ich seinen Schwachsinn irgendwann noch. Wenn Edgar etwas kann, dann sehr überzeugend sein.

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