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I. Rechtstatsachen

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Die Verurteilung eines Mandanten zu lebenslänglicher Haftstrafe wird gerade von sehr jungen Anwälten als schwere persönliche Niederlage erlebt. Nach Abschaffung der Todesstrafe durch Art. 102 GG ist die lebenslange Freiheitsstrafe die im Geltungsbereich des StGB denkbar härteste Sanktion. Bei etlichen Verurteilten dauert sie tatsächlich bis zu ihrem Tod; jeder 6. „Lebenslängliche“ stirbt noch in der Haftzeit. Im Jahre 2010 ist lebenslange Freiheitsstrafe (LL) gegen männliche Täter insgesamt 127-mal verhängt worden; auch gegen 10 als Mörderinnen verurteilte Frauen lautete das Urteil jeweils auf „lebenslänglich“[1]. Bis auf wenige Ausnahmen werden Lebenslängliche wegen Mordes gem. § 211 StGB verurteilt; andere Straftatbestände mit vergleichbarer Strafandrohung spielen praktisch keine nennenswerte Rolle[2]. Am 31.03.2010 saßen 2.000 Strafgefangene ihre lebenslange Haftstrafe ab, davon etwa 100 Frauen[3]. Dass extrem lange Haftverbüßungszeiten schwerwiegende psychische Veränderungen hervorrufen und die Wiedereingliederung hintertreiben, indem sie soziale Bindungen zerstören[4], dürfte auf der Hand liegen. Nicht zuletzt deshalb sind Rufe, die lebenslange Haftstrafe zugunsten einer zeitlich bestimmten Freiheitsstrafe abzuschaffen, nie verstummt[5].

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Das BVerfG[6], das noch in jüngerer Zeit die Verfassungskonformität der lebenslangen Freiheitsstrafe bejaht hat, sieht die Gefahr möglicher Haftschäden zwar auch, trivialisiert sie aber eher: Langjähriger Freiheitsentzug führe „nicht zwangsläufig“ zu irreparablen Schäden. Auch anhand der – bei Weber[7] zusammenfassend dargestellten – neueren Forschungen zu Haftfolgen sei nicht belegt, dass irreparable Schäden psychischer oder physischer Art „notwendigerweise“ die Folge eines langen Freiheitsentzuges seien. Eine sachgerechte Handhabung des Strafvollzugsgesetzes könne dazu beitragen, Haftschäden zu vermeiden. Auch bei den zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen seien die Vollzugsanstalten verpflichtet, auf deren Resozialisierung hinzuwirken, sie lebenstüchtig zu erhalten und schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges – deformierende Persönlichkeitsveränderungen inbegriffen – entgegenzuwirken.

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So könnten etwa Erprobungen vor resignativer Depression bewahren. Ohnehin könnten Verurteilte zumeist früher oder später entlassen werden, weil sich ihre Gefährlichkeit so vermindert habe, dass eine Aussetzung zu verantworten sei; die volle Verbüßung der lebenslangen Freiheitsstrafe stelle die Ausnahme dar. Gegen eine der sozialen Wiedereingliederung abträglichen Rechtsanwendung durch die Vollzugsanstalt stünde dem Gefangenen im Einzelfall der Rechtsweg offen. Auch wenn für den zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten nicht die Möglichkeit der Verlegung in ein psychiatrisches Krankenhaus nach § 63 StGB bestehe, sei nach geltendem Recht, um haftbedingten psychischen Belastungen Rechnung zu tragen, an die Verlegung eines Lebenslänglichen in eine sozialtherapeutische Anstalt zu denken. Im Falle einer Erkrankung habe der Gefangene nach § 58 StVollzG Anspruch auf Krankenbehandlung. Hier sei u.U. eine Verlegung in eine externe psychiatrische Einrichtung geboten. Ein weiteres Mittel, dem Lebenslänglichen einen „Rest an Lebensqualität“ zu gewährleisten, sieht das BVerfG[8] in Fällen, in denen der Freiheitsentzug schon über Jahrzehnte andauert, im Einräumen von Privilegien („privilegierter Vollzug“).

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Neuere Studien bestätigen hingegen, dass lange Haftstrafen kriminalpräventiv wenig effektiv sind, zumal die Haftzeit selten für die Wiedereingliederung genutzt werde[9].

Teil 3 Grundzüge des materiellen KapitalstrafrechtsA › II. Tötungsdelikte mit „Lebenslang“ als Strafandrohung

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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