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3. Naturwissenschaftliche „Restzweifel“ und der „in dubio“-Grundsatz

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In Fällen, in denen am Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Tatverdächtigen und dem Todeseintritt in seiner konkreten Form aus medizinischer Sicht letzte Zweifel verbleiben, stellt sich die grundsätzliche Frage, in welcher Weise und ob der Zweifelsgrundsatz überhaupt Anwendung findet. Der typische Ausgangsfall:

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Der erheblich alkoholisierte Angeklagte und die ebenfalls stark angetrunkene und zusätzlich unter dem Einfluss verschiedener Medikamente stehende Geschädigte waren in der gemeinsamen Wohnung in einen längeren Streit geraten. Die Geschädigte hatte sich in das Schlafzimmer zurückgezogen, der Angeklagte war ihr gefolgt. Auf dem Bett kam es zu einem Gerangel, in dessen Verlauf der Angeklagte das Gesicht der bäuchlings liegenden Frau von hinten mindestens einige Sekunden, jedenfalls aber so lange auf das Kopfkissen drückte, bis sie keinen Laut mehr von sich gab. Er tat dies, um die Frau, die laut schimpfte und schrie, zur Ruhe zu bringen. Im zeitlichen Zusammenhang mit diesem Geschehen verstarb die Geschädigte.

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Nach Auskunft des medizinischen Sachverständigen kam als Todesursache sowohl eine „spurenarme Tötung“, ein Erstickungstod zusammen mit der Alkoholbeeinflussung oder allein die Alkoholbeeinflussung zusammen mit der Medikamentenaufnahme in Betracht. Die ersten beiden, den Angeklagten belastenden Alternativen, hat der Sachverständige als „möglich“ und „denkbar“ bezeichnet. Demgegenüber hat er es als „nicht nahe liegend“ bezeichnet, dass der Alkohol- und Medikamenteneinfluss allein ohne eine Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr tödlich gewesen sei, da bei der trinkgewohnten Geschädigten eine weit höhere als die tatsächlich festgestellte BAK nötig gewesen sei, um tödlich zu wirken. Es sei jedoch gleichwohl „nicht auszuschließen“, dass allein die Alkoholisierung im Zusammenwirken mit dem Medikamenteneinfluss eine Atemstörung verursacht und dadurch die Todesursache gesetzt habe. Diesen Ausführungen folgend ist das LG allein mit dem Hinweis darauf, es könne nicht festgestellt werden, wie lange das Anpressen des Kopfes des Opfers gegen das Kissen gedauert habe, von der letzten, fernliegenden Möglichkeit ausgegangen.

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Der BGH hat beanstandet, dass das Gericht mit der Entscheidung für die unverfänglichste Sachverhaltsvariante den Grundsatz „in dubio pro reo“ rechtsfehlerhaft angewendet habe.

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Der Zweifelssatz sei eine Entscheidungsregel, die das Tatgericht erst dann anzuwenden habe, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag[17]. Das LG hätte deshalb vor Anwendung des Zweifelssatzes eine umfassende Würdigung aller relevanten tatsächlichen Umstände vornehmen müssen. Zu erwägen gewesen wäre, dass das Opfer bereits längere Zeit Alkohol- und Medikamentenmissbrauch betrieben habe, ohne in lebensbedrohliche Situationen zu geraten. Dann aber widerspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Geschädigte gerade im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem gegen sie gerichteten Gewaltangriff allein aufgrund des Alkohol- und Medikamenteneinflusses verstorben sein soll.

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Um die Überzeugung von der Ursächlichkeit der Tathandlung für den Erfolg zu gewinnen, sei eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit nicht erforderlich und die bloße gedankliche, abstrakt theoretische Möglichkeit, dass der Tathergang auch anders gewesen sein könnte, dürfe die Verurteilung nicht hindern[18].

Teil 2 Der Tod und seine strafrechtliche ZurechnungB › III. Kausalität bei mehraktigem Vorgehen

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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