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L.A., Kalifornien, 1962


Kurt war also irgendwie als Zwölfjähriger mithilfe eines unverdient hohen Notendurchschnitts von seinen Lehrern in einstimmigem Beschluss durch die Junior High School gedrückt worden. Höchstwahrscheinlich nur, um ihn möglichst schnell los zu werden. Dies würde am Unauffälligsten funktionieren, wenn er ohne durch zu fliegen mit mittelmäßigen Noten graduierte. Er musste wegen zahlreichen Schülerstreichen, obszönen Zwischenrufen während des Unterrichts und anderen ähnlichen Ausbrüchen von Jugendrebellion ständig nachsitzen und fiel bei den Aufsichtslehrern immer wieder gewalttätig auf, was sich jedoch rätselhaft in keinster Weise auf seine Noten auswirkte.

Vielleicht gerade deswegen hatte er nunmehr von seiner Mutter, seinen Lehrern, mehreren Schulpsychologen und sonst wem permanent den Druck im Nacken, gerade jetzt vor dem Abschluss ja nicht zu versagen. Realistisch gesehen, konnte dies zwar sowieso nicht geschehen, da ihn die Lehrer ohnehin decken würden, aber natürlich weihten sie Kurt nicht in ihren Plan ein. Irgendwie mussten seine angeblichen Leistungen ja glaubhaft wirken. Also musste man ihm die Anspannung und den Stress nichtsdestotrotz ansehen können, auch wenn seine eigenen Fortschritte weit unter denen seiner Mitschüler lagen.

Kurt war es eigentlich gleich, ob er bestehen oder raus geschmissen wurde und doch pulsierte in seinem Hinterkopf eine enorme Nervosität, wenn er an die Zukunftsprognosen seiner Mutter dachte, sollte er die Senior High School nicht schaffen. Er würde als abgewrackter Penner in der Gosse enden, die gesamte Gesellschaft würde auf ihn herab sehen und er würde traurig, unzufrieden und alleine in der Gosse sterben. Das ständige Nörgeln und die passiv-aggressive Bevormundung seiner Mom spalteten Kurt den Schädel.

Er konnte in seinem Alter nicht wissen, was für eine Bürde sein Leben und seine Zukunft für seine Mutter darstellten – und zwar nicht deswegen, weil sie ihm nur äußerst wenig Selbständigkeit zutraute, sondern weil sie ihn wirklich bedingungslos liebte und aufrichtig um sein Wohlergehen besorgt war.

Abgesehen davon zerbarst Kurt fast das Herz vor lauter Wut darüber, dass er es einfach nicht besser konnte, dass er einfach nicht der Hellste war. Er hätte sich ja selbst angestrengt, seiner Mom wegen, wenn sie ihm nur ein bisschen vertrauen würde. Trotz seiner sichtbaren Lernschwächen und daraus resultierender Prüfungsangst schaffte Kurt es letztendlich doch, gerade so zu bestehen – natürlich mit der geheimen 'Hilfestellung' aller Lehrer im Hintergrund.

Vielleicht wäre er ein guter Schüler geworden, hätten seine Voraussetzungen nur etwas anders ausgesehen.

Doch so wurde er von Kurs zu Kurs geschubst und musste Dinge absolvieren und lernen, die seine Mutter für besonders wichtig und essentiell im späteren Leben hielt, wie Finanzmathematik oder Hauswirtschaft. Dinge, die einen jungen Teenager ohne besondere Begabung also nur zu sehr interessierten.

Also stieg Kurt nun deprimiert, lustlos, gleichgültig und wütend – wie er es eben immer getan hatte - nach seinem lächerlichen Abschluss der Junior High in eine neue, fremde Senior High School ein. Als Freshman durfte er gleich einmal die überaus erniedrigenden Aufnahmerituale genießen.

Das dauerte normalerweise etwa eine Woche. Kurt würde die ganzen vier Jahre lang gehänselt, verhauen und angelogen werden. Es sollten unzählig Viele kommen, die sein Selbstwertgefühl dauerhaft untergraben würden. Das war auch der Grund dafür, dass seine ziellosen Rachegefühle still und leise vor sich hin wuchsen und auf ihre Entladung warteten.


Das Blut der Auserwählten

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