Читать книгу Das Blut der Auserwählten - Thomas Binder - Страница 55
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ОглавлениеUnd wie es für Kurt typisch war, tappte er voll in die Falle hinein.
Als sie sich einmal nach dem Schwimmunterricht duschten und umzogen, kamen alle Jungs in seiner Gruppe durch ein namenloses, unscheinbares Schulmädchen auf die Idee, Kurts Kleider zu stehlen und im Schulhof ab zu laden. Als Kurt, einzig mit einem sehr knappen Handtuch bekleidet, tropfnass durch die halbe Schule wetzte, um seine Sachen zu finden, wartete Jen schon auf ihn.
Sie stand an eine Wand gelehnt und beobachtete ihn gespannt. Sie sahen sich in die Augen und Kurt blieb plötzlich unvermittelt stehen; er hatte seine Kleidung bereits völlig vergessen. Er starrte Jen wie paralysiert an, war von Anfang an von ihr überwältigt.
Erst jetzt bemerkte er erneut das energetische, merkwürdige Glühen, das er auch damals gefühlt hatte. Die Angst kroch seinen Nacken hinauf, wurde aber von anderen Gefühlen übertönt, die ihn zwar genauso paralysierten, aber aus einem anderen Grund zum schwitzen brachten.
Sie hätte nie daran gedacht, dass Kurt von etwas anderem als ihrem Körper fasziniert hätte sein können. Das war auch Kurts primäres Ziel, doch hätte ihn weit mehr als nur ihr Körper beeindruckt, was er jedoch nie erfahren sollte.
Zuerst geschockt, schüttelte Kurt das Ganze unbeeindruckt als Einbildung ab und ging langsam auf Jen zu. Ihre Blicke hätten ihn auf der Stelle umbringen können und selbst darüber wäre er noch glücklich gewesen. Sie hatte sein Gehirn auf den Kopf gestellt und für ihn drehte sich alles um sie beide herum im Kreis.
Jens verführerischer, lasziver, scharfer Blick hätte viele Jungs und sogar erwachsene Männer alles mögliche Abstoßende oder Irrsinnige tun lassen. Kurt war einer davon. Doch hatte sie nicht nur fremde Männer in ihrem Bann: selbst ihren Vater, der Industrieller war, hatte sie davon überzeugt, ihr mit zwölf das erste Auto (das sie auch immer wieder selbst fahren durfte) ab zu luchsen.
Von ihrer Mutter hatte Jen im Gegensatz dazu nicht viel mehr bekommen, als ein paar gut gemeinte Ratschläge. Und schlechte noch dazu. Jens Mutter hatte eine Vision, dass Jen ihre Jugend genauso verbringen sollte, wie sie selbst. Jen solle jung heiraten, sobald sie einen netten Mann fände; solle bald Kinder kriegen und die restliche Zeit schön zu Hause verbringen; mit Lockenwicklern im gefärbtem Haar, einem Glas Sekt in der Hand und einer Zigarette im Mundwinkel die Zeit verstreichen lassen und sich amüsieren, während ihr Mann Jahr für Jahr brav zur Arbeit spazieren und die Kinder munter vor sich hin wachsen sollten.
Allein vor der Vorstellung kam Jen das blanke Grauen.
Außerdem sei laut ihrer Mutter der Ruf während der Schulzeit besonders wichtig, gerade hier in den Staaten. Für Jens Mutter war es völlig belanglos, was man selbst für eine Meinung hatte oder wie viel man darüber nachdachte, sondern man sollte auf sein Image achten und einfach mit der Masse mit schwimmen. Nur das zähle etwas, wenn man was erreichen wolle, wie zum Beispiel, einen Mann für die Ehe zu finden. Genauso wenig Jens Kragenweite.
Sie hatte schon seit langem ihre eigenen Pläne. Und der erste Teil bestand einmal darin, sich Kurt voll und ganz hörig zu machen.