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Kapitel 6 Sophia Tremante - Tessin

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Seine Fahrt entlang dem Seeufer und weiter die Serpentinen hinauf, verlieh Tom neue Energie.

Er liebte die Pflanzenvielfalt, die sich ihm hier bot. In den Gärten der Häuser, rechts und links der Straße, standen Palmen, Bougainvilleen, Magnolien, Kamelien und Hortensien. In der Blütezeit war dies ein Paradies der Farben.

Die drei Etagen seines Hauses waren terrassenartig in den Hang gebaut, das Dach größtenteils mit Erdreich bedeckt und mit Palmen und Hortensien bepflanzt worden, sodass man von der Straße aus keine Vorstellung davon hatte, was sich hinter der Steinmauer verbarg.

Panoramaverglasungen erstreckten sich, in allen Ebenen über die gesamte Gebäudebreite und gaben den Blick auf den See und die dahinterliegenden Berge frei.

Tom stand in seinem Schlafzimmer und genoss die Aussicht, während er sich auszog. Nackt ging er zur Kante der Dachterrasse, wo er sich vom Boden abstieß und Kopf voraus, in den, eine Etage tiefer liegenden Pool, eintauchte.

Nachdem er ein paar Bahnen geschwommen war, stieg er zufrieden die Steintreppe empor, duschte und legte sich aufs Bett.

Er dachte über Gianna und den kommenden Abend nach.

Sie hatte, trotz mehrfachem Bitten, sein Haus noch nie gesehen. Tatsächlich hatte, außer Sophia, noch gar keine Frau sein Haus betreten.

Sophia Tremante war Tom´s Zugehfrau. Sie war neunundfünfzig Jahre alt, etwa 1,58 m groß, mollig, und hatte dunkelbraune Locken. Sie kam täglich mindestens einmal vorbei um nach dem Rechten zu sehen, kaufte für ihn ein, reinigte das Haus, kümmerte sich um seine Wäsche und pflegte seinen Garten.

Sie war eine Perle und absolut loyal, und sie war seine Nachbarin.

Als er das Haus vor einigen Jahren bezogen hatte, und der Möbelwagen weggefahren war, hatte sie einen Korb voller Obst und einer Flasche Prosecco vor seine Haustür gestellt und wollte gerade wieder gehen, als sich die Tür öffnete und Tom vor ihr stand.

„Hallo, kann ich ihnen helfen“?

„Ich, ähm. Ich wollte nicht stören. Ich wollte, also – herzlich Willkommen in Ronco. Ich bin Sophia Tremante, ihre Nachbarin“. Mit dem Zeigefinger deutete sie auf den Korb der zu seinen Füßen stand.

Tom wollte sich gerade vorstellen, als sie ihm ins Wort fiel:

„Ich heiße…“

„…Tom Angelosanto“, vollendete sie seinen Satz.

„Glauben sie, ich kenne sie nicht! Ich sehe Fern und ich lese Zeitschriften. Aber für mich sind sie ein Mensch wie jeder andere auch. Denken sie nicht, dass sie etwas Besonderes wären, nur weil sie in den Medien stehen und berühmt sind. Merken sie sich von Anfang an, für mich sind sie nichts weiter, als mein Nachbar. Ohne besondere Rechte. Nur mein Nachbar“. Sie redete ohne Luft zu holen.

„Ich mische mich nicht in ihre Angelegenheiten und sie mischen sich nicht in Meine. Und wenn sie der Kaiser von China wären, wären sie immer noch nur mein Nachbar. Ich lebe hier schon seit vierzig Jahren und werde meine Gewohnheiten wegen ihnen nicht ändern“.

Tom begann zu lachen und ging mit ausgestreckten Armen auf sie zu.

„Beruhigen sie sich doch erst einmal und lassen mich auch etwas sagen“, begann er.

Doch sie war noch nicht fertig, wich einen Schritt zurück und fuhr fort:

„Hier ist eine ruhige Gegend. Wir genießen unseren Frieden und unsere Intimsphäre“.

Tom kannte diese Frau zwar nicht, aber es amüsierte ihn, zu sehen, wie sie aus Unsicherheit versuchte, ihr heiliges Reich zu verteidigen und gleich zu Beginn, Klarheit über ihr künftiges, gegenseitiges Verhältnis schaffen wollte.

Er packte sie mit beiden Händen an den Armen und hielt sie fest, während er ihr in die Augen sah und lächelte.

„Signora Tremante, ich freue mich ihre Bekanntschaft zu machen“.

Sie wehrte seinem Griff und wollte ihre Rage nicht einbremsen lassen, da sie noch längst nicht alles gesagt hatte.

Tom jedoch, hielt ihr entgegen, ohne ihr weh zu tun und fuhr fort:

„Signora, auch ich möchte hier meine Ruhe und Entspannung finden. Ich habe kein Interesse daran, ihre Intimsphäre zu verletzen, und wegen mir brauchen sie ihre Gewohnheiten sicher nicht zu ändern“.

Er lockerte seinen Griff, blickte ihr aber immer noch direkt in die Augen.

„Wollen sie nicht“, fragte sie etwas verwirrt.

„Will ich nicht“.

Es entstand eine kurze Pause, in der sie sich wortlos ansahen.

Dann trat der Moment der Erkenntnis ein und plötzlich lachten sie gleichzeitig los.

Es war Sophia äußerst peinlich gewesen, als sie bemerkte, dass sie sich wie eine Furie aufgeführt hatte, obwohl ihr neuer Nachbar ja eigentlich noch gar nichts gesagt oder getan hatte.

Er hatte sie daraufhin spontan zu sich eingeladen und ihr, voller Stolz, sein Domizil gezeigt.

Aus einem kurzen Besuch wurden drei Stunden und es stellte sich heraus, dass die Chemie zwischen den beiden stimmte. Noch am selben Abend einigten sie sich über ihre Anstellung als Zugehfrau.

Tom war richtig froh, eine solch vertrauenswürdige Person gefunden zu haben, die Freude daran fand, das Haus in Schuss zu halten und sich um sein Wohlbefinden zu kümmern.

Da Sophia allein lebte und auch nicht ständig unterwegs war, saßen sie, wenn Tom da war, oft abends zusammen auf der Terrasse und tranken Merlot del Ticino, wobei sie sich schon bald wie zwei alte Freunde fühlten.

WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...

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