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Kapitel 15 Klärende Worte - Menorca

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„Ja Kim, ich würde gerne ein Ei nehmen“.

Sabine´s Frühstückswunsch holte Jenny zurück aus ihren Gedanken.

Sie bemerkte Kim´s Blick und besann sich.

„Nein danke, für mich kein Ei. Ich bin sicher, ich werde etwas anderes finden, bei dieser kleinen Auswahl“.

Kim nickte erfreut.

Nun waren erstmals alle an einem Tisch versammelt.

Fünf Stufen tiefer werkelte Kim in der Kombüse. Das gesamte Schiff war mit Einbauschränken aus poliertem Wurzelholz ausgestattet. Alles fügte sich prächtig ineinander und zeugte von hoher Qualität. Die Decken, sowie die Polsterung der Möbel, bestanden aus weißem Alcanatara. Es war deutlich zu erkennen, dass sich Kim um alles kümmerte. Sie polierte und wienerte in jeder freien Minute. Klaus und Gabi waren sich Kim´s Treue und Engagement bewusst und ließen sie dies auch immer wieder spüren. So auch in diesem Moment, da Gabi das Wort ergriff:

„Kimmi, es wäre schön, wenn du dich zu uns setzen und wenigstens eine Tasse Kaffee mit uns trinken würdest. Komm, wir rutschen zusammen“.

Die anderen stimmten zu.

„Komme gleich“, kam die Antwort aus der Kombüse.

„Wo ist eigentlich Skip“, fragte Sabine in die Runde.

„Der müsste irgendwo im Rumpf der Seadream stecken und die Apparaturen überprüfen. Skip verlässt nie einen Hafen, ohne nicht vorher die Technik zu checken. Auf ihn ist mehr Verlass, als auf meine morgendliche Verdauung“.

„Klaus“! ermahnte Gabi ihren Gatten mit gespielter Ernsthaftigkeit.

„Dafür, dass der Tag eben erst begonnen hat, haben wir doch schon einiges erlebt“. Klaus blickte in die Runde und fuhr fort:

„Kichernde Besatzungsmitglieder, die das halbe Schiff aufwecken“. Er machte eine kurze Pause, und ehe Jenny und Sabine etwas zu ihrer Verteidigung hätten sagen können, hob er eine Hand um sie zu bremsen, und fuhr fort:

„Ungeladener Besuch eines fast nackten Mannes, vor dem Frühstück“. Wieder hielt er kurz inne und wieder wollte Jenny etwas erwidern. Sie bemerkte wie ihr heiß wurde. Vermutlich war ihr Gesicht bereits rot wie eine Tomate, aber Klaus war nicht zu bremsen:

„Euer Lachen übertönte, so Gott will, die obligatorischen Aufgaben eines frisch Vermählten, am Morgen nach seiner Trauung, und das Aufkreuzen von Ral brachte uns letztlich alle in eine lustige Morgenstimmung. Ich jedenfalls, habe mich köstlich amüsiert“.

Natürlich hatte jeder bemerkt, dass Jenny und Sabine, bereits von Schuldgefühlen geplagt, verunsichert dasaßen. Sie kannten Klaus jedoch lange genug, um zu erkennen dass er die beiden auf den Arm nahm.

Alle lachten und Gabi legte ihre Hand auf Jenny´s Unterarm, während sie Klaus kopfschüttelnd ermahnte:

„Du bist unmöglich, weißt du das“.

Autsch“, dachte Jenny.

Sabine hatte bereits weitergedacht.

„Dann hat da gar niemand an die Wand geklopft und sich beschwert, heute Morgen. Das waren die Begleiterscheinungen der obligatorischen Aufgaben des frisch Vermählten“.

Sie betonte jedes einzelne Wort.

Nun brachen alle in Gelächter aus und sogar Kim kam aus der Kombüse um einzustimmen.

Nachdem sich alle beruhigt hatten ergriff Jenny das Wort:

„Also, ich möchte trotzdem ein paar Worte zu den Geschehnissen sagen. Das mit Ral ist mir peinlich. Obwohl mir klar ist, dass er von sich aus die Entscheidung getroffen hatte hierher zu schwimmen, muss ich ihn ja letzte Nacht irgendwie dazu ermutigt haben“.

Klaus unterbrach sie:

„Jenny, glaube mir folgendes: Wenn ein Mann sich etwas derart in den Kopf gesetzt hat, und dazu noch den Mut aufbringt eine solche Aktion durchzuziehen, dann tut er das auch nachdem er eine Abfuhr von dir erhalten hat. Denn er war sich im Klaren darüber, dass er nichts zu verlieren hatte. Wir würden Menorca heute verlassen und ihn im Zweifel nie wiedersehen. Er konnte nur gewinnen. Und glaube mir, für ihn waren die zehn Minuten die er mit dir, wenn auch nicht alleine, verbringen durfte, die gesamte Aktion wert. Eigentlich sollte es mehr solche Typen geben, die sich für die Frauen, die sie begehren, dermaßen ins Zeug legen. Ich bewundere ihn dafür, und noch eins, ich hätte ihn nicht zum Frühstück eingeladen, wäre er mir nicht sympathisch gewesen“.

Er bemerkte Gabi´s Blick, die an seinen Lippen hing und ihn dafür liebte. Genau dafür. Er war für sie der Korrekte, der Aufrichtige. Manchmal glaubte sie, den Mann gefunden zu haben, der tatsächlich, zumindest zeitweise, die Frauen verstand. Er war in der Lage, mit ein paar wenigen Sätzen, die sichtlich belastete Jenny von ihrer Last zu befreien.

Gabi fügte lachend an:

„Ganz ehrlich, Jenny. Ich hatte eine ganz andere Sorge, als wir das erste Mal dein Geschäft betraten und dich sahen“. Nun blickte sie zu Klaus.

„Mit anderen Worten. Ich bin froh, dass es Ral war, der auf deine unstrittigen Reize geflogen ist, und nicht mein Klaus“. Sie lachte bei diesem Satz, um ihn nicht zu ernst wirken zu lassen, aber Sabine meinte, etwas Ernsthaftigkeit in ihren Augen abgelesen zu haben. Nun lachten auch die anderen, und Sylvia ergänzte zu allem Überfluss:

„…oder mein Peter“.

„So, jetzt ist aber genug…“, dröhnte die sonore Stimme von Skip, der oben am Niedergang stand und alles mitverfolgt hatte.

„…sonst kommt meine Kimmi am Ende noch mir auf die Schliche“.

Sein Lachen übertönte nun alle Nebengeräusche.

Er kam die Treppe herunter und Kim reichte ihm eine Tasse Kaffee.

„Sind wir bereit zum Auslaufen“, erkundigte sich Klaus nach dem Stand der Dinge.

„Eye Sir´. Wenn du mir noch das genaue Ziel deiner Wünsche verrätst“.

Klaus sah in die Runde.

„Ok, wen von Euch interessiert wohin die Reise geht“?

Natürlich wollten dies alle wissen.

„Ich werde euch nicht die gesamte Route im Voraus erzählen, jedoch kann ich euch bereits jetzt versprechen, dass ich noch ein paar riesengroße Überraschungen für euch bereithalte, die ihr erst nach und nach erfahren werdet. Jedenfalls wird diese Reise, eine für euch Unvergessliche werden. Fangt gar nicht erst an zu raten, ihr kommt eh nicht darauf“.

Er sah zu Gabi, die ihm ermutigend zulächelte, und fuhr fort:

„Zuerst werden wir nach Mallorca segeln. So wie der Wind im Moment steht, dürfte das etwa sechs bis acht Stunden in Anspruch nehmen.

„Das bringt mich zu dem Punkt unserer Fotosammlung. Ich wünsche mir, dass wir ein paar Meilen auf Amwindkurs gehen und jeder mal das Steuer übernimmt. Natürlich unter der Obhut von Skip. Aber so können wir ein paar echt starke Fotos machen“.

Jenny ergänzte: „Am besten mit der Steilküste von Menorca im Hintergrund. Diese Fotos müssten wir also gleich zu Beginn machen, da steht die Sonne am günstigsten“.

„Richtig“, bestätigte Skip.

Klaus nickte anerkennend.

„Sie hat´s echt drauf. Also, wenn ihr mit dem Frühstück fertig seid, machen wir alles fest und legen los. Skip, ich würde gerne eine Nacht im Hafen von Portocolom verbringen. Wenn es keine Einwände gibt, kann´s losgehn“.

Jenny fühlte, wie die Anspannung von ihr wich. Klaus hatte es geschafft, sie mit nur wenigen Worten, all ihrer bedrückenden Gedanken, wegen der morgendlichen Geschehnisse, zu entlasten. Sie fühlte, wie die Energie, die sie bereits beim Aufwachen verspürt hatte zurück kam und wunderte sich gleichzeitig, wie schnell ein schlechtes Gewissen, einen in seiner Entfaltung ausbremsen konnte. Sie beschloss, von nun an etwas mehr Stärke und Selbstsicherheit aufzubauen.

Das war sie schließlich immer gewesen, stark und selbstsicher.

Bis zu diesen Momenten, diesen immer wiederkehrenden Momenten, die anfangs nur ganz selten waren, so, dass sie es erst gar nicht bemerkt hatte. Erst als die Abstände kürzer wurden und die Zeit der Regeneration nicht mehr ausgereicht hatte, begann sie zu realisieren, dass sich etwas veränderte in ihrem Leben. Aber an all das wollte sie jetzt nicht mehr denken. Das lag weit zurück in der Vergangenheit und da sollte es auch bleiben.

Binnen Minuten waren sie bereit zum Ablegen.

Während Klaus die Seadream aus der Cala navigierte, fuhren Jenny und Skip im Dingi voraus um Fotos von außerhalb zu machen.

Sobald sie in Position war, begann sie zu shooten. Sie war sofort in ihrem Element. Ihre Augen erfassten das Gesamte, und sie war in der Lage, binnen Bruchteilen von Sekunden zu erkennen, wann der richtige Zeitpunkt war, abzudrücken. Viele Fotografen trainierten dies ein Leben lang ohne Erfolg und sie hatte diese Gabe in die Wiege gelegt bekommen.

So schoss sie eine ganze Serie von Bildern. Einige Male wechselten sie ihre Position zur Seadream und bekamen somit, ein, wie sie meinte, spektakuläres Paket an Erinnerungsfotos.

„Ladies und Gentlemen, halten sie sich fest. Wir legen ab, Richtung Mallorca. Für die nächsten sechs Stunden bin ich ihr Kapitän. Sollten sie Hunger oder Durst verspüren, wenden sie sich bitte an meine Assistentin, Kim“.

Alle lachten und Kim warf Skip einen Handkuss zu.

„Leg sie nicht zu schräg, mein Lieber, schließlich wollen wir die Überfahrt genießen“.

Er nahm die Seadream auf Halbwindkurs.

Jenny fühlte und roch das trocknende Salz auf ihrer Haut und genoss die sie überkommende Ruhe im Kreise ihrer neuen Freunde.

Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und war binnen Sekunden eingeschlafen.

WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...

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