Читать книгу WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT... - Thomas Saile - Страница 17
Kapitel 12 Guiseppe Pescatore - Tessin
Оглавление„Tom, das ist ´ne riesen Sache. Wenn Du den Job bekommst, wirst du auf allen Kontinenten bekannt werden“.
Pepe´s Stimme am anderen Ende der Leitung, überschlug sich.
Giuseppe Pescatore, oder Pepe, wie ihn seine Freunde nannten, inzwischen vermutlich auch seine Feinde, denn seine Arbeitsmethoden entsprachen nicht immer den Vorstellungen seiner Auftraggeber, war ein ca. 1,72 m großer, beziehungsweise kleiner Italiener, einundvierzig Jahre alt und seit einigen Jahren Tom´s Agent.
Pepe trug stets Designeranzüge, war immer braun gebrannt, so als käme er direkt aus einem vierwöchigen Hawaii-Urlaub. Sein schwarzes Haar war streng nach hinten gekämmt.
Er hatte ihn vor fünf Jahren auf einer Vernissage in Mailand kennengelernt. Damals hatte Tom die Agenturen noch selbst abgeklappert, um an Aufträge zu kommen.
Seit damals hatte Pepe ihm etliche Aufträge für Werbefilme und Shoots in der Modeszene verschafft, die ihm sehr gutes Geld, und auch einen Namen in der Branche verschafft hatten. Dennoch war sich Tom darüber im Klaren, dass er bei Pepe stets auf der Hut sein musste, denn der würde, so glaubte er, ihn auch an den Teufel vermitteln, wenn dabei für ihn ein ordentliches Sümmchen heraussprang.
Tom wusste auch, dass er selbst, über die Grenzen der italienischen Schweiz hinaus, noch nicht wirklich bekannt war. Dabei ging es ihm jedoch nicht um den Bekanntheitsgrad oder Erfolg, welcher damit einherging, sondern vielmehr um den Spaß, den er dabei hatte, seine Hobbies in der Ausübung seines Berufes auszuleben. Zu reisen und in coolen Locations zu shooten oder zu drehen, und dafür noch recht gut zu verdienen, war immer sein Lebenstraum gewesen.
Auch der Job in Hamburg, von dem Tom erst an diesem Morgen zurückgekehrt war, war von Pepe vermittelt worden. Dabei handelte es sich um einen Werbespot einer namhaften, deutschen Brauerei. Sie hatten auf Amrum und auf Rügen gedreht. Sonne und Wolken formierten sich, wie es schien, im richtigen Moment zu einmaligen Szenerien, die den Dreh binnen kürzester Zeit hatten entstehen lassen. Tom brauchte gar nicht viel dazu zu tun. Wenn das Licht und die Kameraeinstellungen stimmen, muss das Modell nur noch seinen Text und seinen Körper beherrschen. Und das konnte er. Sie waren, in der Hälfte der geplanten Zeit fertig geworden, und das gesamte Team, hatte Tom zu diesem perfekten Ergebnis beglückwünscht.
Bereits die ungeschnittenen Szenen waren beeindruckend gewesen, und mit Spannung wartete er nun auf die geschnittene, mit Filtern versehene, Endfassung.
Euphorie machte sich in ihm breit, während er darüber nachdachte, dass dieser Dreh ihn ein Stückchen näher an sein Ziel brachte.
Sein Ziel war die Unabhängigkeit, und diese war erst dann erreicht, wenn die Kundschaft von selbst anrief. Aber so weit war er leider noch nicht.
Noch nicht ganz.
„Tom, verstehst du was ich dir sage? Das ist eine einmalige Chance. Eine Bessere wirst du nicht bekommen“.
Tom, war eigentlich gerade in Begriff gewesen, in sein Auto zu steigen und zu Gianna zu fahren. Dies war nicht der beste Moment um einen neuen Auftrag zu verhandeln, geschweige denn eine Entscheidung zu treffen.
„Pepe, ich wollte gerade das Haus verlassen. Ich bin zum Dinner verabredet und komme ungern zu spät“.
Er versuchte etwas Hektik in seiner Stimme mitschwingen zu lassen.
„Nun hör dir Mal selbst zu. Ich biete dir den Job deines Lebens an, und du musst zu einem Dinner. Da versteh einer die Welt. Mamma mia“.
Tom sah ihn im Geiste vor sich, wie er simultan zum Gesagten eine Hand in die Höhe riss und den Kopf schüttelte.
Pepe´s Stimme nahm einen fast beschwörenden Ton an:
„Tom, ich sage dies nur noch einmal.
D A S I S T D E I N E C H A N C E!!“,
wobei er das Wort Chance wie Tschanza aussprach.
Tom sah auf seine Uhr. Ok, er würde sich sein Angebot anhören und dann einfach etwas schneller fahren.
„Also Pepe, nochmal von vorn. Worum genau geht es da und wann soll es stattfinden“?
Er hörte wie Pepe aufatmete.
„Bene, hör mir genau zu. Sagt dir der Name „KS-Uhren“ etwas“?
Tom kannte die Uhrenmarke aus Zürich, die, sollte man den Zeitungen Glauben schenken, bereits Marken wie Rolex, Omega und Konsorten den Rang abzulaufen drohte.
„Ja, ich habe davon gehört“.
„Tom, KS hat wohl eine Neuentwicklung geschaffen, die es so bislang nicht gab“.
„…und weiter“, fragte Tom, der langsam etwas neugierig wurde.
„Die wollen einen Werbespot drehen, dessen Ausmaß alles bisher Dagewesene übertrifft. Der Etat für den Spot soll bei sage und schreibe 15 Millionen Schweizer Franken liegen. Tom! 15 Millionen, capice“?
Pepe schrie nun in den Hörer und Tom musste sein Handy etwas von seinem Ohr entfernen.
„Tom, hast du gehört“?
„Ja, habe ich. Und wann und wo soll das Ganze stattfinden“?
„Das Casting für den Job ist bereits übermorgen in Zürich. Direkt in der Hauptverwaltung von KS-Uhren und zwei Tage später soll es dann schon losgehen“.
„Übermorgen, in Zürich“?
Tom war nun deutlich genervt.
„Pepe, ich bin erst heute Morgen nach Hause gekommen. Ich bin über eintausend Kilometer am Stück gefahren. Mir tun die Knochen weh, ich sehne mich nach ein paar Tagen Ruhe und Entspannung. Ich werde nicht schon übermorgen wieder nach Norden fahren“.
Tom hatte eigentlich bereits seine Entscheidung getroffen, aber Pepe ließ nicht locker.
„Rate Mal, wie hoch die Gage ist, Tom“.
„Das ist mir egal“, erwiderte er.
„Nicht, wenn du es erst einmal gehört hast“.
Pepe hatte ihn tatsächlich erneut eingefangen, aber diesmal würde er ihm mehr bieten müssen, als sonst.
„Halt´ die Luft an, Tom, jetzt kommt´s“. Er machte eine künstlerische Pause.
„Die bieten der Hauptbesetzung 1.000.000,- Schweizer Franken. Davon vierzig Prozent für mich als Vermittlerprovision. Macht 600.000,- Schweizer Franken für dich. Na, was sagst du nun“?
Tom war tatsächlich leicht geschockt, wollte sich dies aber nicht anmerken lassen.
Sollte Pepe tatsächlich an solch eine Adresse geraten sein? Wo war der Haken?
„Wen hast du sonst noch angerufen, Pepe“?
Dieses Mal würde er den Spieß herumdrehen. Er würde zocken.
„Wie meinst du das“, fragte Pepe mit gespielt unschuldiger Stimme.
„So, wie ich es sage, Pepe. Ich werde nicht nach Zürich fahren, wenn ich erfahre, dass du noch fünf weitere deiner Jungs da hinschickst. Entweder ich bekomme die Chance als Einziger, unter deinem Namen dort vorstellig zu werden, oder wir lassen es. Außerdem werde ich dir keine 40% abtreten. Ich biete dir zwanzig“.
Das war vielleicht zu hart, dachte er gerade und überlegte schon, ob er das zuletzt Gesagte nicht doch etwas entschärfen sollte, aber er tat es nicht.
„Tom, du willst mich ruinieren“, schrie Pepe in den Apparat. Er fluchte ausgiebig auf Italienisch. Tom stellte ihn sich vor, wie er sich mit der Hand die gegeelten Haare festhielt und zu schwitzen begann. Das amüsierte ihn.
„Sagen wir fünfunddreißig Prozent, Tom. Fünfunddreißig, und ich gebe mich zufrieden“.
Hoppla, war das wirklich Pepe da am anderen Ende der Leitung? Hatte er tatsächlich bereits signalisiert, dass er zu Verhandlungen bereit war?
Tom sah nochmals auf seine Uhr und fluchte in Gedanken.
Er musste los, sonst würde er Ärger bekommen. Gianna konnte ziemlich heftig reagieren und darauf wollte er es nicht ankommen lassen.
„Also gut Pepe, hör mir jetzt genau zu. Ich biete dir zwanzig Prozent und ich bin der Einzige aus deinem Lager. Sollte ich herausfinden, dass du mich hintergehst, war das unser letztes, gemeinsames Geschäft. Hast du mich verstanden“?
Wow, das hat gesessen.
Tom hatte es zum ersten Mal gewagt, sich gegen ein Angebot von Pepe aufzulehnen, und es fühlte sich gut an.
„Ich muss jetzt fahren, Pepe. Mach dir einen Kopf dazu und gib mir morgen Bescheid. Meine Nummer hast du ja“.
Damit beendete er das Telefonat und ließ Pepe am anderen Ende hängen, ohne dessen Antwort abzuwarten.
Pepe nahm sein Handy vom Ohr, hielt es vor sein Gesicht und starrte es an, so als hätte es sich gegen ihn verschworen. Mit der anderen Hand rieb er sich kopfschüttelnd über das Gesicht, während er zu sich selbst sagte:
„Auf diesen Job hast nur du ´ne Chance, Tom. Da brauche ich keinen anderen hinzuschicken. Dafür braucht es dein Charisma, deine Präsenz und dein Talent, Junge. Ich habe das Gefühl, dass du langsam deinen eigenen Wert kennenlernst“.
Er würde ihn morgen früh anrufen und den vorgeschlagenen Deal eingehen.