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Kapitel 11 Von Bord - Menorca

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„Ich habe das Gefühl, dass du das nicht wirklich toll findest“.

Sabine stand noch vor der Tür zum Badezimmer ihrer Kabine.

„Damit triffst du es ziemlich genau. Wir sind hier, um einen Job zu erledigen, nicht um uns zu vergnügen und uns an den nächstbesten Typ ranzumachen. Das ist sowieso nicht meine Art. Und sieh mich nicht so an“.

Sie hatte offensichtlich, bezüglich ihrem Job an Bord der Seadream, gleich empfunden wie Jenny. Da durfte ihre Professionalität nicht in Frage gestellt werden, und genau das war gerade fast passiert.

„Keine Sorge, Jenny. Ich hab das auch gespürt. Ral ist zwar ein cooler Typ und in einem Urlaub könnte man sich sicherlich auf ein Spiel mit dem Feuer einlassen, aber wir sind in Begriff uns startklar zu machen, um nach Mallorca überzusetzen. Ich weiß gar nicht was er sich dabei gedacht hat, einfach hierher zu schwimmen“.

Sie sprach genau das aus, was Jenny gedacht hatte.

„Die Frage stelle ich mir seit er mich gerettet hat“. Bei dem Wort gerettet, machte sie mit beiden Händen die Gänsefüßchen-Zeichen und verdrehte ihre Augen zur Decke um klarzustellen, dass es keine Rettung war.

„Hattest du ihn eigentlich gesehen, bevor er mich unter Wasser überraschte“?

Sabine schüttelte den Kopf.

„Entweder er ist vom Strand aus geschwommen, oder irgendwo von der Seite. Vielleicht gibt es da einen Weg über die Klippen hinunter zum Wasser“?

Schulterzuckend meinte Sabine:

„Zerbrich dir nicht weiter den Kopf darüber. Verliebte Jungs gehen durchs Feuer, springen Klippen hinunter und tun so ziemlich alles um ihr Ziel zu erreichen“.

Jenny beschwichtigte mit den Worten:

„Verliebt kann man ja wohl dazu noch nicht sagen. Er kennt mich ja gar nicht. Außerdem habe ich ihm keinerlei Anlass dazu gegeben, mich zu verfolgen“.

Das kommentierte Sabine mit Schweigen.

„Komm schon, ich hab wirklich nichts gemacht, oder“?

Sabine lachte, ging auf Jenny zu, legte ihre Hand auf deren Schulter und sagte in Reminiszenz an letzte Nacht:

„Gib zu, du dachtest es wäre Ral“.

„Also gut. Da wurden wohl, auf Grund der allgemeinen Situation, ein paar Blicke ausgetauscht, die im Zweifelsfalle Anlass zu bestimmten Gedanken oder Träumen geben konnten. Aber das war ein kurzer Flirt, mehr nicht. Und außerdem wusste er ja genau, dass wir die Bucht heute verlassen würden…“.

„…somit hatte er nichts zu verlieren“, vollendete Sabine den Satz.

„Egal, jetzt ist er hier und ich werde ihm erklären, dass das alles keine gute Idee war“.

Jenny ging an Sabine vorbei ins Bad.

Erfrischt, zog sie ihren schwarzen Bikini an und band sich ein Seidentuch in verschiedenen Blautönen um die Taille. Ihre Haare ließ sie offen.

Gemeinsam gingen sie nach oben in den Salon. Die anderen saßen bereits am Tisch. Ein Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch erfüllte den Raum und Ral wurde von allen Seiten mit Fragen bombardiert. Er schien seine Position zu genießen. Direkt neben ihm, waren zwei Hocker freigelassen worden.

Kim bediente die Gäste, schenkte Kaffee und Tee ein, brachte frisch aufgeschnittene Ananas und Mango, sowie Brötchen und Croissants.

Skip befand sich an Deck um den bevorstehenden Turn vorzubereiten.

Als die beiden den Salon betraten, wurde es schlagartig ruhig am Tisch und alle Blicke wanderten zu Jenny.

Kurz entschlossen richtete sie das Wort an ihn:

„Ral, ich muss etwas mit dir bereden. Könntest du bitte kurz mit nach oben kommen“?

Er erkannte, dass es ihr Ernst war und folgte ihr, während die anderen ihnen sprachlos hinterher blickten.

Jenny ging bis ans Heck des Schiffes, wo sie sich drehte und ihm in die Augen sah.

„Ral, es tut mir leid“, begann sie. „Ich bin hier bei der Arbeit und nicht im Urlaub. Mein Job fordert meine gesamte Aufmerksamkeit. Da ist kein Platz für einen Flirt. Selbst wenn der Reiz noch so groß wäre“.

Während sie das sagte, fühlte sie leichte Schmetterlinge im Bauch. Sie redete weiter:

„Es schmeichelt mir sehr, dass du meinetwegen hierher geschwommen bist. Und ich wünschte ich könnte dir dafür mehr Aufmerksamkeit schenken, aber ich fürchte, dass ich die Situation dadurch nur verschlimmere, also möchte ich erst gar nicht damit anfangen, dir irgendwelche Hoffnungen zu machen. Bitte versteh das“.

Ral schien zu verstehen. Er antwortete ihr nicht, zog sich die geliehenen Kleidungsstücke aus, legte diese über die Instrumentenkonsole zwischen den Steuerständen, nahm Jenny´s Arm, zog sie sanft zu sich und küsste sie zärtlich auf die Lippen.

Sie ließ es geschehen. Ihre Lippen öffneten sich leicht und ihre Zungen berührten sich für einen kurzen Moment, dann ließ er sie los, blickte ihr nochmals in die Augen und sagte:

„Bis bald“.

Mit einem Satz sprang er über die Reling und war im Wasser verschwunden. Jenny´s Knie zitterten. Sie musste sich an der Reling festhalten. Erst jetzt schaltete ihr Verstand wieder auf Empfang, und sie begann zu realisieren, was gerade passiert war. Ral kraulte unterdessen, ohne noch einmal zurückzublicken zum Strand. Jenny sah ihm reglos nach. Sie fühlte, wie sich ein Knoten in ihrem Hals bildete und versuchte vergeblich ihn hinunterzuschlucken.

Als er den Strand erreicht hatte, verschwand er aus ihrem Sichtfeld.

„Es ist besser so. Für alle“.

Erst jetzt bemerkte sie Sabine, die hinter ihr stand und offensichtlich den filmreifen Abgang mitverfolgt hatte.

Jenny drehte sich zu ihr und fragte:

„War das angemessen? Ich meine, hat er das verdient“?

„Wieso, du hast meiner Ansicht nach nichts falsch gemacht. Er hat dich in diese Situation gebracht. Nun muss er auch mit den Konsequenzen klar kommen. Komm mit, lass uns Frühstücken. Die anderen warten nun doch schon eine Weile“.

Sabine hatte Recht. Der gesamte Morgen hatte sich nur um sie gedreht. Klaus und Gabi waren doch die Hauptpersonen an Bord der Seadream. Sie fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, rückte ihr Seidentuch zurecht und folgte Sabine in den Salon.

WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...

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