Читать книгу WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT... - Thomas Saile - Страница 18
Kapitel 13 Palanza - Tessin
ОглавлениеSie hatten gerade den Hauptgang gegessen. Nun blickten sie über die gemauerte Brüstung, auf den weit unter ihnen, im Tal liegenden Lago. Es war bereits dunkel, und der See lag da wie ein schwarzer Spiegel, der die Lichter der Häuser und Autos, entlang seiner natürlichen Grenzen, leicht verzerrt wiedergab. Hier oben am Hang war die Luft etwas frischer als sie es unten, direkt am See noch gewesen war, aber man konnte entspannt, ohne Jacke im Freien sitzen und den Abend genießen. Es lag eine angenehme Ruhe über dem Tal.
Die Terrasse des Restaurants Chi Ginn in Bee, oberhalb von Verbania, war ein Juwel. Sie befand sich in einem kleinen, idyllischen Garten, den man über eine Steintreppe erreichte.
Sie hatten ihren Lieblingstisch, an der vordersten Ecke, direkt an der Steinmauer bekommen. Von hier aus überblickten sie Pallanza-Intra und Verbania. Sie sahen die Lichter von Stresa, Laveno und Cerro. Weiter hinten, verlor sich der See in der Nacht, und reflektierte in weiter Ferne nur noch vereinzelt, verschwommene Lichter.
Ein Handy klingelte.
„Das ist deines“, sagte Tom.
Gianna bückte sich, nahm ihre Handtasche und begann darin zu wühlen.
Es klingelte erneut und die Menschen an den Nachbartischen drehten sich bereits um, um zu sehen, wer der Störenfried war, der die romantische Stille unterbrach.
„Scusa“ sagte Gianna, während ihre Hand weiter suchte. Endlich fand sie das Handy und drückte den Annahmeknopf.
„Si, che Gianna“.
Sie versuchte leise zu reden, aber es schien ihr nicht zu gelingen, also stand sie auf und signalisierte Tom, dass sie eine Runde drehen würde um das Telefonat zu führen. Er nickte, lehnte sich zurück und ließ seinen Blick hinunter zum See wandern, während er den Abend nochmals Revue passieren ließ.
Er war pünktlich bei ihr angekommen. In Ghiffa hatte er noch kurz angehalten, um ihr eine Rose zu kaufen.
Als er dann vor ihrer Haustür gestanden hatte, fühlte er sich ein bisschen wie ein verliebter Schuljunge.
Hatten der Traum und seine anschließenden Gedanken, so viel in ihm bewirkt? Dachte er tatsächlich anders über ihre Beziehung als noch am Morgen?
Er war sich dessen nicht sicher, das neue Gefühl gefiel ihm jedoch, und er genoss den Moment. Als Gianna die Tür geöffnet hatte, war sie ihm sofort um den Hals gefallen und hatte ihn leidenschaftlich geküsst, wie sie es immer tat, wenn sie sich trafen. Das war das Schöne an der Beziehung, die sie führten. Sie trafen sich ja ausschließlich um Spaß zu haben. Sie mussten keine gemeinsamen Sorgen und Ängste bewältigen, es gab keine Eifersüchteleien. Wenn der eine nicht da war, fragte der andere nicht was er tat und umgekehrt genauso.
War das jedoch das, was sie wollte, was er wollte?
Tief in ihm, begann sich ein Gefühl auszubreiten, das ihm sagte: Übernimm Verantwortung, werde erwachsen und entscheide dich.
„Chiao Cara, wie geht es dir“, hatte er gesagt.
„Wie soll es mir gehen, wenn du da bist? Natürlich blendend. Aber komm, lass uns gleich fahren. Ich würde gerne noch kurz mit dir an die Promenade von Pallanza gehen, um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen“.
Sie trug ihr Haar offen und hatte einen schwarzen, dünnen Haarreif eingearbeitet, sodass ihre Locken sanft über die dünnen Träger ihres weißen Sommerkleids fielen. Make-up hatte sie keines aufgetragen, da sie von Haus einen schönen Teint hatte. Tom gefiel der Look.
In Pallanza hatte tatsächlich noch die Sonne geschienen und sie setzten sich auf die Steinstufen direkt am Wasser und sahen den Enten und Schwänen zu, die von einem Urlauber mit Brot gefüttert wurden.
Direkt vor Ihnen lag die kleine Isola di San Giovanni.
Mit jeder Woge, die das Wasser über die Steine schob, kräuselte es sich bevor es zurücklief um sich wieder mit dem See zu vereinen.
Es war eine unbeschreiblich angenehme Stimmung und Tom fühlte sich wohl und frei, als er sagte:
„Gianna, Cara, denkst du eigentlich manchmal über Kinder nach“?
Überrascht sah sie ihn an.
„Come“?
„…na über Kinder. Bambini. Kleine junge Menschen“.
„Wie meinst du das? Eigene Kinder“?
„Ja, eigene Kinder. Möchtest du irgendwann einmal eigene Kinder haben“?
„Wie kommst du darauf, mich das zu fragen? Ich denke du wolltest keine Beziehung, also keine, die mit Verantwortung und so weiter, zu tun hat“.
„Ich weiß nicht. Ich frage mich eben, ob das, was wir teilen, für beide Seiten fair ist? Ich meine, für mich war es immer klasse. Du bist eine wunderschöne Frau mit viel Leidenschaft und Grips. Mit dir kann man lachen, aber auch ernste Themen bereden. Das ganze kombiniert mit dem Etikett, „Anruf genügt“…“
Weiter kam er nicht, sie gab ihm einen Ellbogencheck direkt in die Rippen und er schrie auf, sodass beide lachten.
„Nein, ganz im Ernst“, fuhr er fort. „Ich habe mir eben Gedanken dazu gemacht und mich selbst gefragt, was ich eigentlich vom Leben erwarte. Ob ich die nächsten dreißig Jahre so weiter machen möchte wie bisher, oder ob ich mir eine richtige Beziehung vorstellen könnte. Immerhin bin ich jetzt zweiundvierzig Jahre alt“.
Gianna´s Augen begannen zu leuchten. Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn so zärtlich auf den Mund, dass ihm beinahe schwindlig wurde.
Wie ein frisch verliebtes Paar, liefen sie eng umschlungen zum Auto und fuhren durch Verbania, hinauf, Richtung Premeno nach Bee. Während der Fahrt, lehnte sie sich immer wieder zu ihm hinüber und knabberte an seinem Ohrläppchen.
„Wenn du nicht damit aufhörst, fahre ich noch in den Graben“, hatte er lachend gedroht. Er hatte das Richtige getan, das spürte er jetzt. Plötzlich zeigte sie ihm eine Seite an sich, die sie ihm bis dato verheimlicht hatte und diese gefiel ihm sehr gut.
Tom bestellte sich einen Espresso und im selben Moment beendete sie ihr Telefonat.
„Scusi“, sagte sie, während sie sich wieder setzte und ihn anstrahlte.
„Du wirst nicht glauben, was ich dir gleich erzählen werde“.