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cc) Differenzierung stationär/ambulant?

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Schon die „Sanatoriumsentscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts[190] hatte im Bereich der stationären Versorgung deutlich größere Freiheiten ermöglicht. Danach war eine differenzierende Betrachtungsweise zulässig.[191] Während dem normalen niedergelassenen Arzt jegliche berufswidrige Werbung untersagt ist, untersagte § 27 Abs. 2 S. 2 MBO a.F. dem für eine der dort genannte Einrichtung tätigen Arzt lediglich die anpreisende Herausstellung. Tritt die stationäre Einheit/Klinik in Konkurrenz zu anderen niedergelassenen Ärzten, indem sie typischerweise denselben Patientenkreis wie eine herkömmliche Praxis anspricht, wurde früher die Auffassung vertreten, der in dieser Einheit tätige (leitende) Arzt könne sich nicht auf diesen „Vorteil“ berufen. In diesem Fall sollten nicht die Grundsätze zur Unternehmenswerbung (Klinik- und Sanatoriumswerbung, § 27 Abs. 2 S. 2 MBO a.F.), sondern die strengen Regeln der Eigenwerbung (§ 27 Abs. 1 S. 1 MBO a.F.) gelten.[192] Diese frühere Differenzierung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung hat deutlich an Stellenwert verloren. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.7.2000[193] lässt sie sich nicht mehr uneingeschränkt aufrecht erhalten. Eine in der Rechtsform der GmbH eingetragene Zahnklinik hatte mit einem farbigen Faltblatt, das in der Klinik (nicht in der Praxis des Zahnarztes) auslag, für Implantat- und prothetische Behandlungen geworben. Dabei war offenkundig, dass die Mehrzahl der Behandlungen ambulant erfolgen sollte. In dem Faltblatt hieß es u.a.: „Ihre Gesundheit ist unser Anliegen; Der Natur ein Stück näher: Implantate-ein guter Weg; Zahn für Zahn mehr Lebensqualität.“ Der Name des Arztes wurde nicht genannt. Das BVerfG konnte nicht erkennen, welche Gemeinwohlbelange durch die genannten Äußerungen tangiert sein könnten. Wenn Kliniken durch zulässige Werbung wirtschaftlich erfolgreich sind, könne dies berufsrechtlich nicht den an der Klinik tätigen Belegärzten[194] angelastet werden. Mit dem Faltblatt würden nur solche Patienten konfrontiert, die sich ohnehin schon in der Klinik befinden. Im Übrigen wurde auch in dieser Entscheidung wieder das zu berücksichtigende Informationsinteresse der Patienten an neuen Verfahren betont.

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Ob das Gleiche auch dann gelten soll, wenn eine GmbH im ambulanten Bereich mit einer stationären Einrichtung konkurriert, hatte das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Nach Auffassung des BGH[195] ist dies nicht der Fall, da die Ungleichbehandlung im Werbebereich durch höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen der stationären Einrichtung gerechtfertigt sei. Im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte dies nicht mehr ausreichend sein, zumal auch hochspezialisierte ambulante Einheiten einen erheblichen Investitionsaufwand betreiben. Rieger[196] hat im Übrigen völlig recht, dass der Sachverhalt auch Anlass zur Prüfung geboten hätte, ob die Klinik nicht nur zur Umgehung ärztlicher Werbebeschränkungen gegründet wurde („Zimmerklinik“).[197] Die Frage, ob eine Einrichtung, die sich als „Praxisklinik“ bezeichnet, Betten für eine stationäre Unterbringung vorhalten muss, ist strittig.[198]Außerdem gibt es im Bereich der mittelbaren Werbung (siehe Rn. 200) noch zahlreiche Varianten, die mit der Entscheidung des BVerfG zumindest nicht direkt erfasst werden. Es bleibt aber die Feststellung, dass die Unterscheidung „stationär/ambulant“ für den großen Bereich der Informationswerbung kein sachgerechtes Kriterium mehr ist und in § 27 MBO durch den 105. Deutschen Ärztetag daher zu Recht aufgegeben wurde.[199]

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