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bb) Zulässige/unzulässige Angaben und berufsbezogene Informationen

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Die zulässigen Angaben sind im Gegensatz zu Kap. D I Nr. 2 MBO a.F. nicht mehr katalogmäßig, sondern nur noch sehr allgemein aufgeführt. Der 103. Deutsche Ärztetag 2000 in Köln hatte schon einige Ausnahmen zugelassen. Feststeht, dass man wohl keineswegs hinter die bereits bisher in Kap. D I Nr. 2 MBO a.F. genannten Ausnahmeregelungen zurückgehen will. Nicht führungsfähig waren früher die fakultativen Weiterbildungsteile sowie Fachkunden nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung aus dem Jahre 1992.[260] Rechtlich ist diese „Ungleichbehandlung“ heute nicht mehr verständlich. Aus § 27 Abs. 4 MBO ergibt sich, dass lediglich eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich solcher Qualifikationen ausgeschlossen werden soll, die nicht von einer Ärztekammer verliehen werden. Demgemäß dürfen Ärzte heute auf die von ihnen ausgeübte Akupunktur[261] hinweisen oder auf sonstige Qualifikationen Bezug nehmen, wenn sie eine Verwechslungsgefahr vermeiden.[262] Zulässig dürfte auch ein Hinweis auf solche Qualifikationen sein, deren Berechtigung der Arzt aufgrund §§ 135 ff. SGB V erworben hat. Selbst die Bezeichnung als „Spezialist für (. . .)“ ist vom Bundesverfassungsgericht[263] im Falle eines für eine Klinik arbeitenden Arztes nicht beanstandet worden, wenn sie der Wahrheit entsprach. Z.T. wird die Auffassung vertreten, Selbsteinschätzung über die persönliche Qualifikation, Teilnahme an bestimmten Fortbildungskursen (mit Ausnahme des neuen Fortbildungszertifikats der Ärztekammern) oder eine besondere (elegante, teure oder technisch aufwendige) Praxisausstattung könne hingegen unzulässig sein. Wenn allerdings eine besondere Methode nur mit einem bestimmten aufwendigen oder neuartigen Gerät durchzuführen ist, dürfte das Informationsbedürfnis der Patienten überwiegen.[264] Hier wird vielfach nur eine Einzelfallbetrachtung weiter führen, zumal die neuere Rechtsprechung die Zulässigkeit von Selbstdarstellung und Selbsteinschätzung unter dem Aspekt der Irreführung[265] mehr oder weniger ausschließlich an ihrem Wahrheitsgehalt misst.

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Unterschiedliche Rechtsprechung gibt es u.a. zu der Frage, ob Ärzte sich in den gelben Seiten bzw. vergleichbaren Internet-Portalen in der Rubrik „Plastische und ästhetische Chirurgie“ auch dann eintragen lassen können, wenn sie nicht Fachärzte für Plastische Chirurgie sind.[266] Ähnlich divergierende Entscheidungen gibt es bei Zahnärzten und Kieferorthopäden (siehe hierzu auch Greiff Kap. 35 Heilmittelwerberecht).[267]

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In Informationsbroschüren und damit auch auf der Homepage können besondere Untersuchungsmethoden[268] (sofern das HWG beachtet wird),[269] spezielle Sprechstunden, aber auch Informationen zum Gesundheitswesen bzw. allgemeine medizinische Erkenntnisse enthalten sein. Auch eine Darstellung des Praxisprofils bzw. Vorstellung der einzelnen Praxismitarbeiter (selbst mit Foto)[270] ist zulässig. Dies kann gewisse Zuständigkeitsregeln umfassen, Organisationsabläufe, aber auch Fremdsprachenkenntnisse, wenn die Praxis ein entsprechendes Klientel hat oder in einer Gegend belegen ist, die einen hohen Ausländeranteil aufweist. Nach den Interpretationshilfen der BÄK sollen hingegen Hinweise auf Apotheken oder andere Praxen (mit Ausnahme der Vertretung) unzulässig sein, da diese keine praxisbezogene Information darstellen.[271] Aus anderem Zusammenhang wird jedoch deutlich, dass diese Einschränkung nicht für den Praxisverbund und wohl auch nicht für eine eventuelle Teilnahme im Rahmen der integrierten Versorgung gilt. Auf ihn bzw. sie darf selbstverständlich hingewiesen werden (eventuell auch mit Link),[272] genauso wie der Verbund eine eigene Homepage einrichten kann. Begriffe wie „Ärztehaus“,[273] „Ärztezentrum“,[274] „Gesundheitszentrum“, „Schmerzambulanz“ oder auch „Röntgen-Institut“ sind mittlerweile durchgängig für unzulässig erklärt worden.[275] Unzweifelhaft darf sich aber ein „Mini-MVZ“ aus zwei Vertragsärzten „Medizinisches Versorgungszentrum“ nennen. Inwieweit dies auf die Rechtsprechung bezüglich der vorgenannten Modelle Einfluss haben wird, bleibt abzuwarten. Dies ist insoweit interessant, als man bisher für die Bezeichnung „Zentrum“ eine gewisse Größe voraussetzte,[276] andernfalls die Gefahr der Irreführung des Patienten/Verbrauchers bestünde.[277] Nach einer neueren Entscheidung des BVerfG wird man auch bei derartigen Bezeichnungen künftig wesentlich großzügiger sein können.[278] Nach OLG Düsseldorf[279] soll die Bezeichnung „zahnärztliche Privatpraxis“ unzulässig sein. Die Bezeichnung „Röntgenpraxis am Hauptbahnhof“ kann eine unzulässige Etablissementbezeichnung sein.[280] Die Frage, ob eine Arztpraxis sich als „Tagesklinik“ bezeichnen darf, wurde bislang abschlägig beschieden.[281] Dieser Auffassung ist insofern zuzustimmen, als die Bezeichnung als „Tagesklinik“ nicht irreführend sein darf, also z.B. dann unzulässig ist, wenn sich die Ausstattung der Räumlichkeiten in räumlicher, personeller und technischer Hinsicht von einer herkömmlichen Arztpraxis nicht unterscheidet.[282] Eine unkritische Fortführung dieser Rechtsprechung würde jedoch die bedeutsame Entwicklung des ambulanten Operierens in den letzten Jahren außer Betracht lassen. Der Trend zu hochwertig ausgestatteten ambulanten Operationszentren, besetzt mit entsprechend qualifizierten Ärzten, ist nicht zu leugnen. § 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V erwähnt selbst den Begriff der „Praxisklinik“,[283] der jetzt führungsfähig ist. Hierunter versteht man ebenso wie bei der Tagesklinik eine Einrichtung zur Durchführung operativer Eingriffe, nach denen der Patient die Nacht in der Regel wieder zu Hause verbringt, eine Versorgung über Nacht jedoch möglich ist[284] (zu den weiteren Voraussetzungen siehe Empfehlung der BÄK, 9 ff.). Weiterführende Informationen über die spezielle Struktur einzelner Leistungen mit eher werblichem Charakter, die auch bisher nur kollegenintern zulässig waren, dürfen auch in Zukunft nur in einem Intranet verbreitet werden, das ausschließlich Ärzten offen steht. Die Frage der Zulässigkeit eines „Gästebuches“ ist in den bisherigen Verlautbarungen nicht explizit erwähnt.[285] Für den anwaltlichen Bereich gilt das Gästebuch als unzulässig, da es dazu dienen könne, mit Mandantenlob zu werben.[286] § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG enthält eine ähnliche Verbotsnorm. Kritisch wird das Anerbieten eines e-Mail-Kontaktes gesehen. Im Prinzip ist gegen die Zulässigkeit nichts einzuwenden. Ein Patient/Interessent, der auf diesem Wege Kontakt mit einer Praxis aufnimmt, muss wissen, dass es Probleme mit der Datensicherheit gibt. Ein gesonderter Hinweis wird jedoch hilfreich sein. Problematisch war in der Vergangenheit eine individuelle telekommunikative ärztliche Beratung.[287] § 7 Abs. 4 a.F. MBO verbot die ausschließliche individuelle Beratung und Behandlung(Fernbehandlung) in Kommunikationsmedien und Computerkommunikationsnetzen (kein cyber-doc).[288] Nicht verboten war allerdings eine solche Beratung, wenn sie bei einem bereits bekannten Patienten durchgeführt – oder mit einer anschließenden persönlichen Kontaktaufnahme verbunden ist. Wenn es sich um einen unbekannten Patienten handelte, ging der Arzt jedoch – ebenso wie bei der Telefonberatung – ein ganz erhebliches forensisches Risiko ein. Bereits 2015 deutete die Bundesärztekammer durch Hinweise und Erläuterungen eine vorsichtige Öffnung an, die schließlich vom 121. Deutschen Ärztetag 2018 zu einer grundlegenden Reform von § 7 Abs. 4 MBO führte und nun in geeigneten Fällen auch eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien erlaubt. Hierzu hat die Bundesärztekammer (Stand: 22.3.2019) Hinweise und Erläuterungen beschlossen, die über die Homepage der BÄK abgerufen werden können (DOI: 10.3238/arztebl.2019.mbo.fernbehandlung). Diese Neuregelung ist mittlerweile in nahezu allen Landesärztekammerbereichen umgesetzt. Die Erfahrungen aus Nachbarländern wie z.B. der Schweiz stimmen zuversichtlich. Die Honorierung ist in Deutschland allerdings noch unbefriedigend gelöst. Bei aller Euphorie über technische Neuerungen dürfen durchaus relevante und auch teilweise schwierige forensische Probleme der ausschließlichen Fernbehandlung nicht vernachlässigt werden.[289] Flankiert wird diese Öffnung durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) vom 7.11.2019.[290]Wesentliche Inhalte des Digitale-Versorgung-Gesetzessind u.a.:

Ärzte können künftig digitale Anwendungen, wie Tagebücher für Diabetiker, Apps für Menschen mit Bluthochdruck, zur Unterstützung der Physiotherapie oder bei vielen weiteren Erkrankungen verschreiben. Diese werden von den Krankenkassen erstattet. Damit Patienten gute und sichere Apps schnell nutzen können, wird für die Hersteller ein neuer, zügiger Weg in die Erstattung geschaffen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft Sicherheit, Funktion, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Produkte. Innerhalb eines Jahres muss der Hersteller nachweisen, dass die App die Versorgung verbessert.
Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass ihre Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen werden. Apotheken müssen sich bis Ende September 2020 und Krankenhäuser bis Januar 2021 anschließen lassen. Für Ärzte, die sich weiterhin nicht anschließen, wird der Honorarabzug von bislang 1 % ab dem 1. März 2020 auf 2,5 % erhöht. Hebammen und Physiotherapeuten sowie Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen. Die Kosten hierfür werden erstattet.
Patientinnen und Patienten sollen Ärzte, die Online-Sprechstunden anbieten, leichter finden. Darum dürfen Ärztinnen und Ärzte künftig auf ihrer Internetseite über solche Angebote informieren. Die Aufklärung für eine Videosprechstunde kann jetzt auch im Rahmen der Videosprechstunde erfolgen.
Die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen wird abgelöst durch digitale Lösungen. Bislang erhalten Ärztinnen und Ärzte für ein versendetes Fax mehr Geld als für das Versenden eines elektronischen Arztbriefs. Die Selbstverwaltung wird beauftragt, das zu ändern. Außerdem haben Ärztinnen und Ärzte künftig mehr Möglichkeiten, sich auf elektronischem Weg mit Kollegen auszutauschen. Wer einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig beitreten möchte, kann das auch auf elektronischem Wege tun. Wahlleistungsvereinbarungen können etwa im Vorfeld geplanter Krankenhausaufenthalte auch elektronisch abgeschlossen werden. Außerdem können auch alle weiteren veranlassten Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel oder aber die häusliche Krankenpflege auf elektronischem Weg verordnet werden.

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Schon zuvor war durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) vom 9.8.2019 die Möglichkeit zur Einführung des E-Rezepts eröffnet und die Abschaffung des Fernverordnungsverbots beschlossen worden.[291]

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Andere Rechtsfragen tun sich bei der Gestaltung von domain-Namen auf. Bezeichnungen wie „bester-gynäkologe.de“ stellen eine berufswidrige Anpreisung dar. Vorsicht ist auch dann geboten, wenn der domain-Name eine Alleinstellung für einen Ort oder eine Region signalisiert, die in dieser Form nicht besteht.[292] Gegen die Verwendung der Fachgebietsbezeichnung in Verbindung mit dem eigenen Namen „xy-augenarzt.de“ oder „xy-orthopädie.de“ dürfte jedoch nach einem Urteil des BGH[293] dann nichts einzuwenden sein, wenn damit kein Alleinstellungsanspruch verknüpft wird. Wenn ein Arzt eine Homepage ins Netz stellt, müssen die Pflichtangaben nach § 6 Teledienstgesetz (TDG) leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Es handelt sich um den Namen, Anschrift, Telefon- und Faxnummer, die e-Mail-Adresse, die gesetzliche Berufsbezeichnung und die Angabe des Staates, in welchem sie verliehen wurde. Ferner sind Namen und Anschriften zuständigen Ärztekammer und der KV, der der Arzt als Mitglied angehört, anzugeben. Schließlich sind die berufsrechtlichen Regelungen (also die Berufsordnung der jeweiligen Ärztekammer), denen der Arzt unterworfen ist, anzugeben und wo sie zugänglich sind. Es wird für empfehlenswert gehalten, auf die Homepage der jeweiligen Körperschaft einen Link zu legen.

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