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dd) „Anpreisen“

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Unter „Anpreisen“ wird eine besonders nachdrückliche Form der Werbung verstanden[200] (Blickfangwerbung, Verwendung von Superlativen, vergleichende Werbung, Eigenlob, Bezugnahme auf Empfehlungsschreiben und Danksagungen). Anpreisend ist eine Werbung auch dann, wenn die Form der Aufmachung nichts mehr mit der in der Werbung enthaltenen Sachinformation zu tun hat.[201] Weitere Fälle berufswidriger Werbung waren z.B. wenn ein Arzt über einen Empfang anlässlich seiner Niederlassung entsprechend in der Presse berichten lässt[202], in einer Zeitungsanzeige darauf hinweist, dass seine Praxis wegen Fortbildung geschlossen ist[203] oder Aufnahme in einen „Adviser“-Pool[204] gegen Entgelt. Allerdings sollte man sich vor einer allzu pauschalen Betrachtungsweise hüten. Neben einer Prüfung des kritisierten Tuns kommt es wesentlich auf den Adressatenkreis des werbenden Verhaltens an. Innerhalb der Fachkreise ist der Spielraum am weitesten; gegenüber dem eigenen Patientenstamm ist (jenseits der immer erlaubten Sachinformation) gerade auch im Hinblick auf das HWG größere Zurückhaltung geboten. Enger (auch wieder jenseits der zulässigen Sachinformation) können die Rahmenbedingungen bei Tätigkeiten sein, die sich an eine unbegrenzte Zahl Dritter (Öffentlichkeit) richten. Patienteninformationsschreiben stand die Rechtsprechung kritisch gegenüber[205]. Diese Zurückhaltung ist jedenfalls dann nicht einzusehen, wenn es sich um bisherige Patienten der Praxis handelt, die womöglich sogar in diese Art von Information ausdrücklich eingewilligt haben[206] oder das Informationsschreiben auf eine allgemeine Anfrage hin erfolgt. Im Übrigen ist auch in diesen Fragen immer das Datum der Entscheidungen zu berücksichtigen. Vieles, was früher kritisch gesehen wurde, nötigt heute nur noch ein „müdes Lächeln“ ab.[207]

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Inwieweit sich Ärzte des Sponsoring zur (Image-)Werbung bedienen dürfen, ist umstritten.[208] Während dies für Rechtsanwälte für zulässig gehalten wird[209], gehen die Meinungen für ärztliche Werbemaßnahmen auseinander.[210] Handelt es sich um ein konkretes – auch gesundheitspolitisch – förderungswürdiges Thema, sollte auch Ärzten entsprechende Möglichkeiten offen stehen.[211] Größere Zurückhaltung fand man aber noch bei bestimmten Werbeträgern, wie z.B. öffentlichen Verkehrsmittel oder Taxen. Die Bundesärztekammer hat hierzu am 12.8.2003 Hinweise und Erläuterungen verabschiedet und Abgrenzungskriterien genannt,[212] die heute aber nur noch mit großer Zurückhaltung als Maßstab zugrunde gelegt werden können. Gerade die Werbung im öffentlichen Raum, z.B. in U-Bahnstationen oder auch sonstigen Verkehrsmitteln ist kaum noch eingeschränkt, sofern sie nicht irreführend oder anpreisend ist.

Anpreisend ist eine gesteigerte Form der Werbung, insbesondere eine solche mit reißerischen und marktschreierischen Mitteln. Diese kann schon dann vorliegen, wenn die Informationen für den Patienten als Adressaten inhaltlich überhaupt nichts aussagen oder jedenfalls keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Aber auch Informationen, deren Inhalt ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, können aufgrund ihrer reklamehaften Übertreibung anpreisend sein.

Grundsätzlich nicht anpreisend ist die publizistische Tätigkeit von Ärzten sowie die Mitwirkung des Arztes an aufklärenden Veröffentlichungen medizinischen Inhalts. Unbeschadet sachlicher Kritik sind Äußerungen in herabsetzender Form über Kollegen, ihre Tätigkeit und über medizinische Methoden zu unterlassen.

In diesem Sinne ist im Regelfall:

Erlaubt Verboten
z.B.Hinweise auf Ortstafeln, in kostenlos verteilten Stadtplänen und über Bürgerinformationsstellen,Wiedereinbestellungen auf Wunsch des Patienten,Tag der offenen Tür,Kultur-, Sport- und Sozialsponsoring,Geburtstagsglückwünsche an eigene Patienten ohne Hinweise auf das eigene Leistungsspektrum,Hinweis auf Zertifizierung der Praxis,nicht aufdringliches (Praxis-)Logosachliche Informationen in Medien z.B.Verbreiten von Flugblättern, Postwurfsendungen, Mailingaktionen,Plakatierung, z.B. in Supermärkten,Trikotwerbung, Bandenwerbung, Werbung auf Fahrzeugen,unaufgeforderte Wiedereinbestellungen ohne medizinische IndikationAngabe von Referenzenbildliche Darstellung in Berufskleidung [213] bei der Berufsausübung, wenn ein medizinisches Verfahren oder eine ärztliche Behandlungsmaßnahme beworben wird

3.3.4 Sonstiges

Die Kategorien „anpreisend“, „irreführend“ und „vergleichend“ sind nicht abschließend. Außerhalb dieser Kategorien bleibt dem Arzt auch zukünftig verboten:

das Auslegen von Hinweisen auf die eigene Tätigkeit/Praxis bei anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen (z.B. in Apotheken, Fitness-/Wellnesseinrichtungen, Massagepraxen),
eigene Zeitungsbeilagen,
das Inverkehrbringen von auf die ärztliche Tätigkeit hinweisenden Gegenständen außerhalb der Praxis (z.B. Kugelschreiber, T-Shirt, Kalender, Telefonaufkleber),
produktbezogene Werbung durch/für Dritte im Wartezimmer,
das Bezeichnen seiner Praxis z.B. als
Institut,
Tagesklinik,
Ärztehaus/Gesundheitszentrum, [214]
Praxis/Zentrum für Venenverödung o.ä., [215]
Partner des Olympiastützpunktes X o.ä.,
Sonderangebote, [216]
das Herausstellen einzelner Leistungen mit und ohne Preis außerhalb der Praxis.

Demgegenüber ist dem Arzt in seinen Räumen gestattet z.B.:

das Auslegen von
Flyern/Patienten-Informationsbroschüren (auch „Wartezimmerzeitungen“) mit organisatorischen Hinweisen und Hinweisen zum Leistungsspektrum sowie Angaben zu seiner Person (z.B. Zeitpunkt der Erteilung der Facharztanerkennung, besondere Sprachkenntnisse) (solche Hinweise dürfen wie bisher im Internet geführt werden)
Plastikhüllen für Chipkarten
Kugelschreibern und sonstigen Mitgaben von geringem Wert (z.B. Kalendern mit Namens-/Praxisaufdruck)
Serviceangebote,
Kunstausstellungen.

3.4 Zur Vermeidung von Umgehungen ist nicht nur die aktive berufswidrige Werbung untersagt, sondern in Satz 3 auch solche, die vom Arzt veranlasst oder geduldet wird. Aufgrund dieser Regelung ist der Arzt verpflichtet, gegen ihm bekannt gewordene berufswidrige Werbung einzuschreiten.

3.5 Satz 4 der Vorschrift stellt klar, dass neben den Vorschriften der Berufsordnung, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Heilmittelwerbegesetz zu beachten sind. [217]

Gänzlich verboten ist die Werbung für Verfahren und Behandlungen, die sich auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von:

nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen, durch Krankheitserreger verursachten Krankheiten,
Geschwulstkrankheiten,
Krankheiten des Stoffwechsels und der inneren Sekretion, ausgenommen Vitamin- und Mineralstoffmangel und alimentäre Fettsucht,
Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe, ausgenommen Eisenmangel-anämie,
organische Krankheiten des Nervensystems, der Augen und Ohren, des Herzens und der Gefäße (ausgenommen allgemeine Arteriosklerose, Varikose und Frostbeulen), der Leber und des Pankreas, der Harn- und Geschlechtsorgane,
Geschwüre des Magens und des Darms
Epilepsie,
Geisteskrankheiten,
Trunksucht,
krankhaften Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts

beziehen.

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Umstritten war und ist, in wie weit kostenlose Eingangsuntersuchungen erlaubte Nebenleistungen oder unzulässige Absatzförderungsmaßnahmen sind.[218]

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